Arbeit und Bildung

Giselle Rufer - die Frau hinter den Delance-Uhren




Vor knapp 10 Jahren lancierte die heute 59-jährige Giselle Rufer ihre eigene Uhrenproduktion. Delance soll mehr als eine Uhr sein, ein Taliswoman, so der Anspruch der Magglinger Unternehmerin. Sie sprach am 3. Schweizer KMU-Tag in St.Gallen und machte sich auch bemerkenswerte Gedanken über die Rolle der Frauen ab 40.



Im Jahr 1986 wurde Giselle Rufer Leiterin des Produktmanagements einer grossen Uhrenmarke. Ihr wurde schnell klar, dass es in der ganzen Kollektion eigentlich keine Uhr gab, die sie wirklich selbst hätte tragen wollen. Es gab Unmengen von besonderen Uhren für Männer: Piloten, Astronauten, Taucher, Wanderer usw. Und für Frauen? - fast nur Kleinausgaben von Männeruhren. Sie konnte in der Folge in einer Gruppe von Frauen ein Produkt entwickeln, das schliesslich aber in der Schublade endete.
Wahre Dimension und Statur

Diesen Rückschlag steckte sie weg, arbeitete weiter an ihrer Idee und wagte 1996 mit dem eigenen Unternehmen - der Delance AG - die Einführung einer speziellen Uhr für Frauen. Vorher hatte sie sich intensiv mit der Rolle von Frauen ab 40 Jahren befasst. "Ich stellte fest, dass auch die Frauen erst im Alter von 40 Jahren ihre wahre Dimension und Statur erreichen. Erst dann werden sie wirklich sich selbst, falls sie dazu die Möglichkeit, die Kraft und den Mut haben und sofern es ihnen ihr Umfeld erlaubt." Sie sei ins Schwärmen geraten, sagte sie in ihrem Referat in St.Gallen. überall auf der Welt seien plötzlich Frauen aufgetaucht: mutig, unternehmerisch, voller Ideen und Kreativität. Für all diese Frauen, die eine neue Welt erfinden wollten, wollte sie eine Uhr für "die Zeit der Frauen" anbieten, ein Meisterwerk der weiblichen Symbolik, der Kreativität und Harmonie als Ausdruck des weiblichen Talents in allen Bereichen des Lebens.
Besondere Uhr

Es fängt mit einer leicht erkennbaren Grundform an. Dann regen zwei Grössen, zwei Materialien, 20 Zifferblätter, 20 Cabochons (das ist der Stein unten), eine grosse Anzahl von Armbändern und Möglichkeiten der Fassung von Edelsteinen die Phantasie an. Cabochon und Armband können mit einem Handgriff ausgetauscht werden. Eine praktisch unbeschränkte Zahl von Kombinationen, beschreibt Giselle Rufe ihre Uhren. Jede Uhr werde zu einem Einzelstück. Die Idee und die Umsetzung kommen gut an.
Die Boomer-Mamas

Aktuell stellt die Magglinger Unternehmerin fest, dass die Uhrenhersteller auf dem besten Weg sind, den grössten und lukrativsten Markt der nächsten Jahre zu verpassen: Die Boomer-Mütter. Ab 40 haben sie verfügbares Geld und sie machen den Grossteil der Einkäufe für die Familie. Sie fragt sich, weshalb ihnen wohl die Hersteller kaum Aufmerksamkeit schenken. In der Vorstellungswelt des typischen Marketing-Jung-Fachmanns sei die Frau über 40 "von gestern", eine etwas altmodische Konsumentin, ein schwarzes Loch, so Giselle Rufer. Er sagt, dass es verlorene Mühe und zum Fenster hinaus geworfenes Geld sei, sich mit ihnen zu beschäftigen - geschweige sich besonders an sie zu richten. Auch für Designer sind diese Frauen ohne Interesse. Giselle Rufer hingegen ist überzeugt, dass Unternehmen es sich nicht erlauben können, diesen Zukunftsmarkt wegzulassen: Die Baby-Boom-Mütter, geboren seit 1945 bis in die späten sechziger Jahre.
Frauen bringen Dynamik

Gemäss einer neuen Studie des World Economic Forums (WEF), ist die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau bei uns vergleichsweise mager, wie Rufer am KMU-Tag betonte. Die Schweiz belege bloss den 43. Rang unter den 58 untersuchten Ländern, weit hinter den skandinavischen Pionieren, aber auch hinter den meisten europäischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern. Das WEF stelle fest, dass die Schweiz eines der wenigen Industrieländer ist, wo die Gleichheit in Sachen Lohn und Zugang zum qualifizierten Arbeitsmarkt noch weit von der Verwirklichung entfernt ist. Mit einer provozierenden, aber wichtigen Frage schloss sie ihr Referat: "Welches Land kann sich erlauben, die Hälfte seiner Bevölkerung und Schaffenskraft unterbeschäftigt zu lassen?"

 

Autorin/Autor

 

Brigitta Schmid Pfändler
Publikationsdatum 31.10.2005
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