Arbeit und Bildung

österreich und Deutschland Top - Schweiz Flop

Die Herbsttagung der sozialistischen Bodensee-Internationale fand letzten Samstag im vorarlbergischen Hittisau statt zum Thema "Linke Frauenpower am Bodensee“. Während Deutschland und österreich einige Erfolge und neue Projekte vermelden konnten, war es um die Schweizer Frauenpower eher bescheiden bestellt.
Nach einer kurzen SBI-Vorstandssitzung wurde die Tagung eingeleitet mit einem ausführlichen Besuch der in diesen Tagen zu Ende gehenden Ausstellung "Philosophinnen, Liebhaberinnen der Weisheit“ im Frauenmuseum. Gestärkt von den Gedanken und der Tatkraft unzähliger Vordenkerinnen der "Frauenpower“ schritt die Tagung im zweiten Teil zu den Berichten aus den Bodensee-Anrainerstaaten bezüglich Erreichtem und Umkämpftem in Sachen Frauen und Gleichstellung.


Vor allem aus dem Nachbarland österreich war manch Erfreuliches zu vermelden. Wie Olga Pircher, SPö Landtagsabgeordnete aus Bludenz berichtete, wird im Zuge der Regierungsbildung auch die Wieder-Installation einer Frauen-Ministerin angestrebt. Im Ländle selbst soll das Frauen-Gesundheitszentrum wiederbelebt werden, das infolge Sparmassnahmen vor einigen Jahren stillgelegt wurde. Initiantin dieses Projektes ist die Bregenzerin Frau Dr. Elke Sader, die an der Tagung einiges Interessantes nicht nur aus dem Gesundheitssektor zu erzählen wusste. Und was es genau heisst, für die Frauen einzustehen, legt die SPö in einer eigens dafür geschaffenen Broschüre "ABC der Frauenpolitik" dar.
Beneidenswerte Kinderbetreuung

Vor Neid erblasst sind die GenossInnen aus der Schweiz angesichts der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die sowohl im Ländle als auch im deutschen Bodenseeraum zur Verfügung stehen. Während in Deutschland ein Anrecht auf einen Kindergartenplatz ab 3 Jahren besteht, die Vorarlbergerinnen auf Krippen- und Kindergartenplätze schon ab 0 Jahren zählen können (auch wenn es zu wenige und zu kostspielige seien), lässt sich in der Schweiz die Organisation der Kinderbetreuung bis zum Eintritt in den staatlichen Kindergarten ab 5 Jahren nur auf privater Basis organisieren. Den Ausführungen von Kantonsrätin Ursula Graf-Frei aus Diepoldsau war zu entnehmen, dass auch Firmen selten Betreuungsplätze anbieten.


Einen Vorsprung haben wir jedoch in Sachen Lohngleichheit - während die Unterschiede bei uns im Durchschnitt 27 % betragen, registriert Vorarlberg mit 35 % den höchsten Lohnunterschied von ganz österreich. Dafür werden die österreicherinnen genau wie die deutschen Frauen gegen übergriffe besser geschützt - beide Länder verfügen über ein Anti-Stalking Gesetz, etwas das in der Schweiz noch diskutiert wird. Gewalt in der Ehe und sexueller Missbrauch wird in allen drei Ländern ähnlich geahndet und aufgefangen.
"Wir tun viel, um die Frauen vom Berufsleben abzuhalten"

Zuguterletzt berichtetedie Grabser Nationalrätin Hildegard Fässler noch über die Diskussion der Steuergesetze und riet den Sozialisten-KollegInnen dringend, auf keinen Fall von der Kopf-, resp. Individualsteuer loszulassen. Würden in der Schweiz alle Einkommen für sich versteuert, müsste es nicht mehr geschehen, dass der Zusatzverdienst einer Frau aufgefressen wird von Kinderbetreuung und Steuerprogression. Zusammenfassend meinte sie: " Die Schweiz unternimmt viel, um die Frauen nicht im Berufsleben zu halten. Und das schadet der Wirtschaft enorm.“


Die Delegierten aller drei Länder unter der Leitung des Rorschacher Alt-Nationalrates und SBI-Präsidenten Fredi Alder kamen überein, dass die Gleichstellung noch längst nicht durchgesetzt ist und es gerade für die linken Denker und Lenker noch viel zu tun gibt, damit die Frauen endlich eine reale Chancengleichheit erhalten.

 

Autorin/Autor

 

Yvette Anhorn
Publikationsdatum 30.10.2006
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