Vorbei die Zeiten, als Frauen auf den Strassen ihre Büstenhalter verbrannten und Plakate schwenkten mit der Aufschrift "Mein Bauch gehört mir!“ Frauencafés, Frauengruppen, Veranstaltungen nur für Frauen sind weniger geworden. Hat sich der Feminismus totgelaufen? | |
Wohin frau auch schaut: Es ist ruhiger geworden in Sachen Frauenbewegung. Nach der ersten Welle in den 60er Jahren folgte etwa zwanzig Jahre später eine weitere. Frauencafés schossen aus dem Boden. Kaum ein Wochenende ohne Seminare zur "Kraft der Weiblichkeit“ oder der "Göttin in dir“. Der Fischer-Verlag rief das Programm "Frau in der Gesellschaft“ ins Leben. überhaupt boomte die "Frauenliteratur“ während dieser Zeit. Sexualität, das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, aber auch Themen wie "Der Cinderella-Komplex“ wurden dutzendfach abgehandelt. Wenn frau etwas auf sich hält, so hat sie bestimmt einige dieser Titel in ihrem Bücherregal stehen.Frauengruppen ohne ZukunftFrauengruppen waren eine weitere typische Erscheinung. Aber die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, erwies sich als schwierig. Und überhaupt: Wie sah die ideale Feministin aus? Lesbisch oder alleinstehend und dazu berufstätig waren gute Voraussetzungen. Auch allein erziehende Mütter (vor allem von Töchtern) fanden Gnade vor dem feministischen Auge. Als Normalo-Frau in einer glücklichen Beziehung, als mehrfache Mutter und/oder Hausfrau erntete frau schräge Blicke. Angepasst, abhängig, dem Patriarchat unterworfen. Kein Wunder, lösten sich viele Frauengruppen wieder auf. Der Feminismus ist erwachsen gewordenNochmals zwanzig Jahre später, zu Beginn des neuen Jahrtausends, sind die Rebellinnen von damals älter. Der Feminismus ist erwachsen geworden. Er versucht nicht mehr, mit lautem Geschrei auf sich aufmerksam zu machen. Er will nicht mehr alles und sofort, sondern er hat gelernt abzuwarten, zu verhandeln. Vieles, was vor einigen Jahren noch als unerhört angesehen wurde, ist selbstverständlich geworden. Vielleicht ist auch deshalb das Angebot zurückgegangen. Die Frauengruppen machten Netzwerken Platz, die den unterschiedlichsten Frauen Raum bieten. Da, wo Frauen untereinander sich finden wollen, gibt es Möglichkeiten, auch ohne Frauencafés und Selbsterfahrungskurse. Den Weg weitergehenDie Töchter der Kämpferinnen müssen selber nicht mehr kämpfen. Ihre Welt ist anders, offener. Sie bietet ihnen mehr Möglichkeiten. Aber immer noch gibt es viel zu tun, für Frauen und für Männer. Erziehungsarbeit, Teilzeitstellen, Lohngleichheit sind Themen, die nach wie vor beschäftigen. Auch die jungen Frauen werden das erfahren, sobald sie ins Berufsleben treten, sobald sie selber Mütter werden wollen. Ein Stück des Weges wurde ihnen bereitet. Es wird an ihnen liegen, ihn weiterzugehen. |
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Autorin/Autor |
Eva Philipp |
Publikationsdatum | 29.08.2003 |