Frauengeschichte

Buben in der Klasse geben mehr Arbeit

Es grassiert ein Trend bei Gruppen jungen Gymnasiasten, der da heisst, "cool" sein heisst locker sein, heisst, mit minimalem Einsatz zu Prüfungen anzutreten. Und sie zu bestehen.. Erwartungsgemäss klappt das nicht immer. Mädchen, die sich fleissig vorbereitet haben, nennen sie "Streberinnen", ganz und gar uncoole. Die alten patriarchalen Muster sind immer noch da. Selbst in den Müttern.
Die Fakten sind bekannt: Seit bald zehn Jahren gehen mehr gymnasiale Maturen an junge Frauen als an Männer. Kathrin Meier-Rust stellte kürzlich in der NZZ am Sonntag fest, dass neuerdings die Schulprobleme der Buben den Lehrerinnen angelastet würden. Rund 70 Prozent der Lehrkräfte in der Primarschule sind weiblich.
Die Meinung der Eltern: Buben sind begabt

Doch verweisen zahlreiche Studien aus verschiedensten Ländern seit Jahren auf ein geschlechtsunabhängiges Lehrerverhalten, und zwar gerade dort, wo es um die Stereotypen des Geschlechts geht. Als männlich geltendes Schülerverhalten ("unabhängig und aktiv") wird höher bewertet als ein sogenannt weibliches Verhalten ("warm und engagiert") und zwar sowohl von Lehrerinnen als auch von Lehrern. Und alle Lehrkräfte gaben sich gemäss einer Studie häufiger mit Jungen ab als mit Mädchen, ob eine Mathematiklehrerin oder ein männlicher Sprachlehrer. Dies ergab eine neuere amerikanische Studie, die das Verhalten von 18 Lehrkräften mit rund 600 OberstufenschülerInnen zum Thema hatte.


Dass dies viel mit den Eltern zu tun hat, fand Georg Stöckli, Erziehungswissenschafter am Pädagogischen Institut der Uni Zürich heraus. Er untersuchte die Erwartungen der Eltern in Bezuzg auf die schulische Laufbahn ihrer Mädchen und Buben vor der Einschlung und danach wieder nach einem Schuljahr. Die meisten Eltern wiesen überhöhte Erwartungen an ihr Kind weit von sich, doch 90 Prozent von ihnen schätzten dann die allgemeine Begabung des eigenen Sprösslings als überdurchschnittlich ein. Zeigte sich nach einigen Schulmonaten, dass die hohen schulischen Erwartungen nicht erreicht werden könnten, ergab sich eine heute fast unglaubliche geschlechtsspezifische Reaktion: Bei der Befürchtung, dass ein Sohn ihren Hoffnungen auf schulischen Erfolg nicht entsprechen könnte, zeigten Mütter eine deutliche emotionale Erregung. Bei Mädchen dagegen spielte die Aussicht auf Misserfolg nicht nur keine Rolle, hier war es im Gegenteil die Aussicht auf schulischen Erfolg, die die Mütter emotional belastete!

 

Autorin/Autor

 

Elisabeth Bitterli
Publikationsdatum 27.10.2003
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