Frauengeschichte

Bewegte Frauengeschichte in Dokumenten

Die Bernerin Marthe Gosteli kann auf ein abwechslungsreiches Leben mit viel Einsatz für die Frauen und ihre politischen Rechte zurückblicken. Eine ihrer hervorragenden Leistungen ist die Gründung einer Stiftung und die Errichtung eines Archivs zur Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz.
Frauen machen Geschichte und sie haben eine eigene Geschichte. Es ist höchste Zeit, dass sie auch einen angemessenen Platz in der offiziellen Geschichtsschreibung dieses Landes finden. Die Gosteli-Stiftung setzt sich seit Jahren dafür ein. Sie bietet mit ihrem Archiv interessierten Frauen einen Fundus von Informationen über in der öffentlichkeit wirkende Frauen und ihre Organisationen weit über die vergangenen zwanzig Jahre hinaus. Die Frauenbewegung ist hier gut dokumentiert und in eindrücklichen Zeitzeugnissen festgehalten.
Vielfältiger Bestand und weitere Aufbautätigkeit

Die Gosteli-Stiftung hat in Worblaufen (BE) im Verlauf der letzten 22 Jahre ein umfangreiches Archiv aufgebaut, das einmalig ist in der Schweiz. In diesem Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung werden Informationen von und über politisch aktive Frauen in diesem Land gesammelt und zugänglich gemacht. Diese Bestände werden laufend durch Vereins- und Privatnachlässe erweitert. Zudem werden die Sozial-, Mentalitäts- und Frauengeschichte weiter erschlossen und Informationen über die neue Frauenbewegung gesammelt. Hier lagern diverse Periodika und Zeitschriften, Pressematerial und wissenschaftliche Arbeiten und Archivalien verschiedenster Organisationen. Es finden sich Dokumente zahlreicher politisch (z.B. Arbeitsgemeinschaft der schweizerischen Frauenverbände für die politischen Rechte der Frau), religiös (z.B. Schweizerischer Verband Evangelischer Frauenhilfe) und gesellschaftlich (z.B. Schweizerischer Lehrerinnenverein) ausgerichteter Frauenvereinigungen. Ein weites Feld politischer Informationen, das noch darauf wartet, erforscht zu werden.
Was private Nachlässe zu erzählen wissen

Daneben finden sich Privatarchive und Nachlässe von über 50 politisch aktiven schweizerischen Frauengestalten aus dem 20. Jahrhundert. Elisabeth Pletschers (1908-2003) Nachlass findet sich hier, genauso wie derjenige von Madeleine Joye-Thévoz . Beide waren sie Kämpferinnen für das Frauenstimmrecht in der Schweiz. Elisabeth Pletschers langjähriger Einsatz im Kanton Appenzell Ausserrhoden, der 1990 endlich mit der Zulassung in den Landsgemeindering einen Abschluss fand, ist noch heute in bester Erinnerung.
Starke, gradlinige Kämpferinnen

In Marthe Gosteli haben diese Nachlässe und privaten Geschichten eine gute Hüterin gefunden. Verbindend zieht sich auch durch ihre Biografie der öffentliche Einsatz für die Rechte der Frauen und für die Einführung des Frauenstimmrechts. Das Erreichen dieses Anliegens 1971 auf Bundesebene gehört zu ihren grössten Erfolgen. Bald darauf hat sie sich mit dem gleichen Elan an den Aufbau des Archivs gemacht. Wie Elisabeth Pletscher war sie zeitlebens eine kämpferische, aufmüpfige Frau, die ihrer Zeit weit vorauseilte. Beide Frauen durften in späten Lebensjahren die öffentliche Anerkennung durch ein Ehrendoktorat erfahren. Elisabeth Pletscher wurde 1999 von der Universität St. Gallen, Marthe Gosteli 1995 von der Universität Bern geehrt.

 

Autorin/Autor

 

Brigitta Schmid Pfändler
Publikationsdatum 31.05.2004
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