Kultur

Erstmalig in Europa - Gesamtübersicht des Werks von Georgia O'Keeffe

Zum ersten Mal überhaupt in Europa wird im Kunsthaus Zürich ein umfassender Blick auf das Werk der bekannten amerikanischen Künstlerin Georgia O'Keeffe ermöglicht. Im neu renovierten Bührle-Saal sind in lockerer Chronologie 74 Kunstwerke ausgestellt, die meisten davon sind Gemälde. O'Keeffe malte hauptsächlich Blumenmotive, Stadtansichten, Wüstenlandschaften oder Wolkenhimmel. Zahlreiche Werke wurden auf Postern, Karten und Kalendern der ganzen Welt verewigt.
Eigentlich ist es ja paradox. Alles, was Rang und Namen hat, scheint das Werk von Georgia O'Keeffe - sie lebte von 1887 bis 1986 - zu kennen. Sie ist die grosse Lady der amerikanischen Frühmoderne. Und doch ist die Künstlerin bei der grösseren Masse kaum bekannt. Auf Postkarten, Kalendern und Posters sind die Malereien dieser eigenwilligen Künstlerin aber ein Begriff. Die Originalbilder aber sind in Europa rar, während es in Amerika praktisch kein Museum gibt, in dem nicht mindestens ein O'Keeffe ausgestellt ist. Dem Kunsthaus Zürich, vorab der Kuratorin Bice Curiger, ist es nun gelungen, mit Leihgaben aus 60 amerikanischen Museen einen repräsentativen überblick zum Schaffen O'Keeffes auszustellen.
Abstraktgegenständliche Sujets gemalt

Das Ausstellungskonzept überzeugt als lockere Chronologie, weil ein weitgehend unbekanntes Wirken in seiner Entwicklung auf diese Weise am einfachsten aufgezeigt werden kann. Starke ornamentale Blumenmotive, Wüstenlandschaften, Wolkenhimmel und Stadtansichten sind die augenfälligsten Sujets. Dazwischen mischen sich immer wieder geometrische Malereien oder Abstraktionen. O'Keeffe mochte Abstraktion und Figuration nicht gegeneinander ausspielen. Gegenständliche Malerei sei dann gut, wenn sie auch im abstrakten Sinn gut sei, war sie überzeugt. Dies sei die eigentliche Grundlage der Malerei, schrieb sie einer Bekannten in einem Brief.
Partnerschaft mit Kunstförderer und Galerist

Diese Abstraktionen sind denn auch die eigentliche Sensation der Ausstellung. Sie bringen dem Betrachter nicht nur liebe Inhalte, sondern zwingen ihn dazu, das Bild mit Hilfe des Titels zu entschlüsseln und dessen Atmosphäre auf die Spur zu kommen. Die dabei gewählte Farbe spielt eine gewichtige Rolle. Entscheidend für Georgia O'Keeffes künstlerische Karriere war die Begegnung mit dem Fotografen, Galeristen und Kunstförderer Werner Stieglitz im Jahr 1919. Er hatte im gleichen Jahr ihre Kohlezeichnungen ausgestellt. 1924 heirateten die beiden und liessen sich in New York nieder. Im Sinne der Fotooptik malte O'Keeffe eine Reihe von Stadtbildern, unter anderem Strassen und Wolkenkratzer. Schnell ist man versucht, diese Bilder in die Nähe der Sachlichkeit zu rücken. Der durch die Hauswände hindurchscheinende Mond aber, mit seinem fahlen Licht zerstört diese und bringt eine romantische Stimmung.
Wiederinbetriebnahme des Bührle-Saales

Den Abschluss der Ausstellung machen eine Reihe von Wolkenbildern: "Sky with Flat White Cloud" (1962) oder "Sky above Clouds III" (1963). Auch sie zählen zu den Höhepunkten und betonen schwebende Momente, die schon in frühen Werken O'Keeffes eine grosse Rolle spielten. Oft werden O'Keeffes Kunstwerke in die Ecke des Kitschs verbannt. Das bleibt zwar Geschmackssache, doch kann das überragende Talent der Künstlerin damit nicht vom Tisch gewischt werden. Gleichzeitig mit der Ausstellung von Georgia O'Keeffe ist der grosse Ausstellungssaal im Bührle-Bau in Betrieb genommen worden. Damit wurde die vierte Etappe der Kunsthaus-Sanierung abgeschlossen. Der Bührle-Saal aus dem Jahr 1958 hat eine sanfte Renovation erfahren. Verbessert wurden insbesondere die Licht- und Klimaverhältnisse. Die ebenfalls verbesserte Sicherheit ist für sämtliche Museumsbetriebe mit Ausstellungen von Leihgaben unabdingbar.


Quelle: Nachrichten SF DRS.

 

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Publikationsdatum 30.10.2003
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