Vernetzung

Hickhacks, klare Meinungen und lange Debatten

Die Toggenburgerinnen habens wirklich gut: Immer nach den Sessionen des Kantonsrates werden sie nämlich von Kantonsrätinnen über die geleistete Arbeit und die neusten Beschlüsse informiert. Für die Organisation des Sessions-Kafis vom Mittwoch zeichneten die Frauenvereine von Wattwil verantwortlich. Margrit Stadler (CVP) und Susi Schläpfer (FDP) informierten.
Diskutiert wurde am Sessions-Kafi im Thurpark - genau wie im Kantonsrat - am meisten zu den Kinderzulagen, waren sie doch von 170 auf 200 Franken erhöht worden. Dem nämlich hatte der Kantonsrat mit 93 zu 72 Stimmen zugestimmt. Dem jetzigen Entscheid sei ein langes Hickhack vorausgegangen, wie die Kantonsrätinnen Margrit Stadler (CVP) aus Bazenheid und Susi Schläpfer (FDP) aus Wattwil berichteten. Und dies, obwohl sich alle Parteien grundsätzlich einig gewesen seien, dass die Kinderzulagen im Kanton St.Gallen sehr tief und unbedingt zu erhöhen seien. Im Kanton habe es 38 Familienausgleichskassen, die alle Geld einnehmen und wieder verteilen würden. Der Vorschlag, diese aufzulösen und eine einheitliche Ausgleichskasse zu bilden, sei nicht zustande gekommen, erklärte Kantonsrätin Susi Schläpfer einleitend. Im Kantonsrat habe der sekundäre Lastenausgleich zur Debatte gestanden. Intensiv diskutiert wurde nun innerhalb des Kantonsrates, wer Beiträge für die Kinderzulagen zu leisten habe: Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder nur Arbeitgeber. Die CVP erachtete es als wichtig, dass Solidaritätsbeiträge auch durch die Arbeitnehmer entrichtet werden müssten, die SP wollte, dass nur die Arbeitgeber bezahlen sollten und in den anderen Parteien war man sich teilweise uneins. "Die CVP hat deshalb einen eigenen Antrag gestellt und darin die Mitfinanzierung durch die Arbeitnehmer gesehen. Dem sollte an Ort und Stelle zugestimmt werden, ohne dass die beteiligten Seiten zu Wort kommen sollten“, sagte Susi Schläpfer. Dies habe sie und ihre Parteikollegen gestört und schliesslich bewogen, den Antrag abzulehnen. "Und wir wollten die Gunst der Stunde nutzen, nachdem der höhere Beitrag schon festgelegt worden war“; betonte Kantonsrätin Margrit Stadler. Nun habe man eigentlich eine Art Nulllösung und verschwende dadurch viel Zeit, in welcher die Familien, die letztlich profitieren würden, nicht mehr Geld erhalten würden. Sie sehe den Punkt nicht so ganz, in dem sich die Geister scheiden würden, meinte eine Votantin. Dieser Bemerkung folgte schliesslich eine längere Diskussion unter den Zuhörerinnen. Die Marschtabelle sehe nun so aus, dass die Vorlage frühestens in zwei Jahren auf dem Tisch läge und dies sei doch eigentlich sehr schade, schloss Margrit Stadler.
Feilschen um Goldverteilung

Einfacher sei es gewesen, die Debatte um das Nationalbankgold zu führen, wenn diese auch stundenlang gedauert habe mit dem Resultat: so wie es die Regierung vorschlug. Das heisst, dass neben den unbestrittenen Abschreibungen auf dem Verwaltungsvermögen in Höhe von 234,7 Millionen Franken eine stattliche Summe von 612 Millionen Franken an das besondere Eigenkapital zugewiesen wird. Für die Verbesserung des Rechnungsergebnisses bleiben damit noch 682'000 Franken. "Wenn etwas verteilt werden kann, dann ist es doch sehr schön“, so Stadler, und mit der jetzigen Lösung habe man eine Grundlage, mit der man weiterkutschieren könne und mit der alle leben könnten. Interessant und teilweise sehr lustig sei die Debatte gewesen und habe die Politik in allen Farben beleuchtet. Das perfekte Schauspiel Regierungsrat Schönenbergers, in dem er die gesamte Geschichte um das goldene Kalb aus der Bibel vorgetragen habe, sei ein Highlight das zeige, was in der Kantonspolitik auch noch möglich sei. Das schöne Geld sei nicht verbraten worden und diene nun für spätere wichtige Projekte, beispielsweise jene der Hilfe für Strukturbereinigungen fusionswilliger Gemeinden, betonte Kantonsrätin Schläpfer. Doch seien natürlich noch andere Wünsche und Träume offen: "Wenn ich wünschen könnte, dann würde ich auch alles dem Toggenburg zukommen lassen“, erklärte Susi Schläpfer lächelnd. Ein Referendum sei sowieso vorprogrammiert, so dass das Stimmvolk das letzte Wort habe, so Margrit Stadler. 60 Kantonsräte hätten nämlich die Möglichkeit, dieses zu ergreifen, und diese Zahl sei bei der Abstimmung eigentlich schon erreicht worden.
Von der Zukunft überholt

Weniger intensiv informierten die Kantonsrätinnen über die Spitalverbunde und weitere Gesetze. Bei den Spitalverbunden handelte es sich um die zweite Lesung. Es sei deshalb normal, dass nicht mehr diskutiert werde. Der grosse Lichtblick der letzten Session sei das geriatrische Konzept für den Kanton St.Gallen, welches auch dem Toggenburg viel bringen werde. Es sei eine Qualitäts- und nicht eine Sparvorlage, sagte Heidi Hanselmann, was man ihr hoch anrechne. Hier waren sich die Kantonsrätinnen einig. Es sei sowieso erstaunlich, wie schnell die Regierungsrätin diese Vorlage ausgearbeitet und zur Abstimmung gebracht habe. Die Abstimmung über die Finanzierung des Bundesverwaltungsgerichtes und danach die Meldung in der Sonntagszeitung, dass St. Gallen sechs Millionen Franken mehr beizutragen habe oder der Bau durch den Bund übernommen werden müsse, "um ihn auch ja prestigeträchtig genug zu haben“, verärgere und zeige, dass dieser Kampf noch nicht ausgestanden sei und man vor allem im Welschland immer noch versuche, den Standort St. Gallen zu verhindern. Die Themen Autonomie der Mittelschulen, Asylbericht und obligatorischer Kindergarten hätten wieder einmal aufgezeigt, dass in der Politik die Gegenwart oft von der Zukunft überholt werde, so die Kantonsrätinnen.

 

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Publikationsdatum 30.09.2005
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