Vernetzung

Von Frauen-Macht und Medien

Die 10. Frauen-Vernetzungs-Werkstatt vom 24. März war in den vergangenen Wochen und Tagen viel beachteter Gegenstand der Berichterstattung zahlreicher Massenmedien. Um die Frauen und die Medien ging es auch beim Jubiläumskongress selbst. Im Rampenlicht standen zudem der Abschied von der Opferrolle und auch die Lernfähigkeit der Frauen und der Medien. Gerhard Schröder musste leider draußen bleiben.
Die Politikerinnenfähigkeit der Medien

Der bundesdeutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel spielten die Medien, allen voran das Fernsehen, lange Jahre übel mit. Das ist ebenso unprofessionell wie es wahr ist und auch beginnt, ein Stück Vergangenheit zu werden. Im Laufe der letzten Monate interessieren die politischen Kompetenzen von "Kohls kleinem Mädchen" und es ist nicht unschwer zu beobachten, dass die Atmosphäre der Bilder, die in die Wohnstuben strahlen, deutlich weiblich geworden ist. Eine weiblich geprägte Kommunikation und einen ebensolchen Umgangston bestätigen nicht nur die bundesdeutsche Familienministerin Ursula von der Leyen, sondern auch die männlichen Kollegen aus der Politik.
Die Politologin Regula Stämpfli zeichnete indes ein anderes Bild, was die Darstellung von Politikerinnen in den Medien anbelangt: Nach wie vor beherrschen die traditionellen Geschlechterklischees die Bilder und geht es folglich bei den Frauen vor allem um Aussehen, um Schönheit und um das Outfit. Das kann nicht vollumfänglich abgestritten werden und auch die Entwicklung, dass der "human touch" in der durchgeknallten Bilderwelt eine große Rolle spielt, ist kritisch zu sehen. Andererseits funktionieren die Klischees auch in die andere Richtung: Der Vorgänger von Angela Merkel hat sich bewußt als Sexobjekt inszeniert, ohne dabei einen Aufwand gescheut zu haben. Dies nur, um mit seiner Politik, mitsamt seinen Attitüden des Zigarre rauchenden bundesrepublikanischen Alphamännchens durchzufallen - im Ansehen vieler Menschen und in der Gunst der WählerInnen. Manchmal ist es eben so eine Sache mit den Klischees.
Befähigung zur Selbstermächtigung

Gerhard Schröder muss seit der verlorenen Wahl zum Bundeskanzler ordentlich Gas geben, nicht nur, um sein angekratztes Image aufzupolieren. Auch viele Frauen, die seinen merk-würdigen Auftritt im ZDF anläßlich des kläglichen Wahlergebnisses sahen, haben sich ihr jeweiliges Urteil darüber gebildet. Damit haben sie, jede für sich, umgesetzt, wozu die St. Galler Psychologin Verena Kast die Frauen an der Universität St. Gallen ermunterte, nämlich Entscheidungen zu treffen und das Leben zu gestalten.
In ihrem Vortrag rief die Autorin zahlreicher Bücher dazu auf, sich von der Opferrolle zu verabschieden. "Das ist keine leichte Aufgabe", so Verena Kast. Die unterschwellige Opferhaltung führe letztlich zu einer passiven Aggressivität und Angriffen, die auf weniger gute Art und Weise erfolgten. Wer sich ermächtigt, diese Opferdynamik mit all ihren Begleiterscheinungen abzustreifen, eröffnet sich Chancen auf ein neues, ein anderes Leben. Dazu muss man schauen, wo und wie man angreifen kann. So kann es um nur kleine Kursveränderungen oder um Neuorientierungen gehen. Manchmal stehen aber auch radikale Schnitte mit dem bisherigen Leben an. Mit ihrem Aufruf appellierte Kast damit letztendlich an die Lernfähigkeit der Frauen. Lernfähig sind aber auch die Massenmedien. Und das ist gut so, schließlich ist die Zukunft weiblich. 

 

Autorin/Autor

 

Eva Grundl
Publikationsdatum 30.03.2007
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