Wohlbefinden

Heilige Hochzeit von Himmel und Erde Teil II

Wie wäre es, wenn der Mondmann von früher eine Renaissance erleben würde? Dieser Frage spürt die Astrologin Patricia Ertl im zweiten Teil ihrer Gedanken zur Sommersonnenwende nach.
Mondkönige und Mondpolitiker

Der Mondmann mit den Hörnern (=Steinbock, Stier) stand damals noch in Verbindung mit seinem Seelengrund, seiner Seelenmutter (=dem "Gegenüber-Zeichen“ Krebs bzw. dem Wasserzeichen Skorpion). Er war empfänglich für seine Gefühle und die innere Stimme der spirituellen Welten. Wie würde wohl unsere Welt aussehen, wenn die Machtträger in ämtern und Regierungen (=Steinbock) wieder auf ihre innere Stimme hören würden, statt nur äussere Herrschermacht anzustreben? Der gehörnte Mondkönig von damals erhielt seine Regierungsmacht erst dann, wenn er vorher die Prüfungen der Göttin bestand und seine charakterliche Reife und Verantwortungsfähigkeit für die Ausübung seines Amtes unter Beweis gestellt hatte (siehe die Prüfungen des Königssohns in den Märchen). Dazu gehörten persönliche Integrität, Mut, und vor allem die Kommunikationsfähigkeit mit den geistigen Welten bzw. mit der Ahnenmutter des ganzen Volkes. Er musste nicht nur "weltenfähig“ sein, sondern auch Aufgaben in der "Anderswelt“ bestehen. Sagen und Märchen sind voll mit diesen Geschichten. Erst wenn er sich würdig zeigt, gewinnt er die Hand der "Königin“, ihr Reich und ihre Schätze. Sein Regieren war ein Dienen für das Wohl von Land und Volk. Heute sieht es meist umgekehrt aus. Politische ämter dienen dem Machtstreben der Herrschenden, ihrer eigenen Bereicherung und fragwürdigen Motiven. Der matriarchale Steinbock jedoch war ein König, der seine weltliche Macht aus den Händen der Göttin empfing und die körperlich-seelisch-geistige Verbindung mit ihr regelmässig erneuerte. Denn sie war die Quelle von Weisheit, Kraft und Leben. Ohne Kommunikation mit ihr wäre er über kurz oder lang seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen gewesen. So wie ich es sehe, war der König damals immer gleichzeitig auch Schamane, denn die Schulung seiner medialen Fähigkeiten war Voraussetzung für seine weltliche Inthronisation. Darum war es ein sakrales Königtum, aufs innigste verbunden mit dem lebendigen spirituellen Wissen, welches durch Jahresfeste und Rituale, Brauchtum und Geschichten weiter tradiert wurde.
Schlangenkraft = Verbindung mit der Göttin

Heilige Hochzeit war damals nicht einfach ein sexueller Akt von Körper und Emotion. Es bedeutete unendlich viel mehr und ging über die basale Ebene von Triebbefriedigung und bestenfalls noch emotionaler Vereinigung mit dem DU weit hinaus. Sie war Verbindung mit dem Land, mit der Natur und darüber hinaus mit dem Göttlichen, mit der Grossen kosmischen Mutter. Es war die Verschmelzung mit der grossen Lebenskraft, welche alle Ebenen durchdringt, vom eigenen Körper zum Körper des DU, der Erde, des Himmels. Wobei ich mit dem Wort "Körper“ hier nicht nur die physisch-materielle Form meine, sondern unsere energetische Ganzheit, welche verschiedene "Körper“ umfasst.


Diese Feier der Vereinigung mit der Lebensenergie war "das höchste der Gefühle“, die Hohe Zeit (= Hochzeit) für den "Mond“, der rituelle Höhepunkt im Jahreskreis, wo das Licht am höchsten steht und die Vegetation am höchsten hinaufgewachsen ist, dem Himmel entgegen. Im Unterschied zum patriarchalen Wahn des linear-grenzenlos immer höher und noch höher Strebens war das Fest der Mittsommerwende eingebettet in ein zyklisch-rundes Geschehen. Symboltier dieser ganzheitlichen Vereinigung war seit Urzeiten die Schlange.


Wir finden sie noch heute in der Astrologie, allerdings versteckt hinter dem Zeichen Skorpion, welches bezeichnenderweise noch heute mit Sexualität in Verbindung gebracht wird. Auch Skorpion ist ein Wasserzeichen. Seine Bedeutung wurde im Laufe der zunehmenden Patriarchalisierung jedoch immer mehr aus dem Lebensganzen abgespalten, verzerrt und reduziert. Auf alten Bildern und in Märchen und Sagen finden wir noch die Schlangenfrauen, ihr Oberkörper ist der einer schönen Maid, ihr Unterkörper geht fliessend in eine Schlange über. Tief ist die Symbolik der Schlange! Sie formt mit ihrem Leib die Spirale und das Labyrinth. Viele Flüsse tragen versteckt noch ihren Namen (z.B. die Limmat < lint-mat/magus = grosse Schlange). Sie verkörpert die fliessende Wasserenergie, Flüsse sind Fliesskraft, Verbindung zwischen Welten. Sogar in der tiefer verstandenen Astrologie von heute gilt Skorpion/Schlange noch als das Zeichen der transformatorischen Kraft, welche Seele und Materie verbindet. Und so entspricht es ja auch den körperlichen Tatsachen: im Unterleib der Frau befindet sich die Gebärmutter, dieser magische Ort von Transformation, dargestellt im Symbol des Schlangen-Labyrinths. Die Gebärmutter ist gleichermassen auch die wässrige Geburtshöhle der anderen beiden Wasserzeichen, Krebs und Fische. Sie ist "Frauenraum“ im ursprünglichsten Sinne. Sie ist Schutzraum und gibt Mitte. Sie ist die heilige Höhle und der Zauberkessel. In ihrem Medium finden magische Verbindungen statt.


So führt uns das höchste Licht mitten im Sommer gleichzeitig in unsere Mitte und Tiefe. Das ist immer die Botschaft der Gleichnisse in Natur und Astrologie. Das Gegenüber ist immer einbezogen, integriert, unverzichtbarer Teil des Gleichgewichts. Höchstes Licht und Höhlentiefe sind miteinander verbunden, wie oben - so unten. Sommerzeit ist wie der Himmel auf Erden in seiner ganzen äusseren Fülle. Es ist, als ob Himmel und Erde einander entgegenkommen und sich vereinigen. Die Astrologie bringt die Botschaft der Sterne auf die Erde. In diesem Sinne ist auch sie wie eine Hochzeit von Himmel und Erde. So wünsche ich uns allen, sei's zuhause oder in den Ferien, an diesen wundervollen Energien teilhaben zu können und damit die Verbindung zu den Lebenskräften zu erneuern!


Lesen Sie auch den ersten Teil

 

Autorin/Autor

 

Patricia Ertl
Publikationsdatum 22.06.2006
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch