22:05:2013
Lesetipp
Buchtipp zu diesem Thema:
Tahar BenJelloun: Papa, was ist ein Fremder? Gespräch mit meiner Tochter - Rowohlt, 2000.
Papa, was ist ein Fremder? Wieso haben manche Menschen schwarze Haut und andere Menschen weiße Haut? Sind Ausländer anders als wir? Ist Rassismus normal? Könnte auch ich zu einer Rassistin werden? Was können wir denn tun, damit die Menschen einander nicht hassen, sondern gern haben?
Bei „Fremd“ erinnere ich mich jedes Mal automatisch an meine allererste Begegnung mit etwas „Exotischem“ aus meiner naiven und unbescholtenen Kindheit.
Marcella Bergamin
Aufgewachsen in einem Nest, ohne Fernsehen, einem Dorftelefon, nur Romanisch sprechend im Kindergarten. Eines Tages stiessen zwei Mädchen und ein Junge, Geschwister, zu uns in diesen romanischen Kindergarten. An das Meiste kann ich mich nicht mehr erinnern. Nicht einmal in welcher Sprache wir uns unterhielten. Ich glaube, sie waren Auslandschweizer und ihr Vater war für eine Zeit in der Schweiz stationiert.
Sie mussten von sehr weit hergekommen sein. Denn ich stritt mich in diesem Zusammenhang mit einem anderen Mädchen, weil ich Österreich (romanisch Austria) mit Australien verwechselte. Und ich behauptete, dass ich eine Tante in Australien hätte, meinte aber Austria.
Jedoch das für mich wirklich wichtige Detail ist mir bis heute im Gedächtnis haften geblieben. Die Kleine hatte ihre Puppe stets dabei – ein „Negerbäbi“ wie wir damals sagten. Und wie ich sie darum beneidete.
Ich hatte noch nie so eine schöne schwarze Puppe gesehen, auch nicht echte schwarze Menschen. Hinzu kam noch, dass sie diesem Bäbi den Schoppen geben konnte und danach hat es sogar gepinkelt - wahnsinnig. Diese drei Geschwister waren gut ein Jahr im Dorf und sind dann weitergezogen.
Weltumfassend ist eine rege Reisetätigkeit in alle Herren Länder entstanden, von Studienaufenthalten, Sprachaufenthalten - unabdingbar für die berufliche Laufbahn - sowie Erholungs- und Abenteuerferien und Sextourismus.
Sinnige und unsinnige Souvenirs werden mit nach Hause geschleppt und enden meistens als Staubfänger. Wir brüsten uns mit Feilscherei ohne zu überlegen, wie viele Hände für ein paar Rappen hart arbeiten müssen, und der Händler mit dieser Ware möglicherweise eine ganze Sippschaft unterstützen muss.
Merkwürdigerweise sind Menschen, die auch aus solchen Ländern um Aufnahme und um unseren Schutz bitten, in unserem eigenen gewohnten, wohlbehüteten Territorium fremd und nicht willkommen.
Schon gar nicht in Tourismusregionen. Plötzlich ist alles suspekt, Angst schürende Thesen werden verbreitet. Fragen zum Thema Asyl lösen eine Lawine der Entrüstung los. Fasst man nach, wird mit „Tja, man hört so einiges..“ ausgewichen, will man Erklärungen dazu, kann niemand konkrete Beispiele oder Erlebnisse bringen.
Gleichzeitig werden bedenkenlos und ohne Skrupel Kolonnen von ausländischen Arbeitern im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft, in den Tourismusbetrieben usw. eingesetzt.
Einer weiteren Dunkelziffer von ausländischen Personen wird sorglos der Hausschlüssel überreicht, damit in Abwesenheit die Wohnungen sauber gereinigt werden und direkt ohne Anmeldungen sowie Sozialleistungen bezahlt. Tja, auch diesbezüglich hört man halt so einiges….