Wie sparen Bürger einer krisengeschüttelten Ferieninsel?

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Luxus täuscht nicht über die Misere hinweg.
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Warteschlange vor dem Arbeitsamt.

Ausgerechnet die reiche Ferienregion der Balearen hat bei der spanischen Regierung einen Hilfsantrag gestellt: Mallorca, Ibiza und Co. sind hoch verschuldet und möchten 355 Millionen Euro aus dem Fonds der Zentralregierung.

Die Festtage sind vorüber, das letzte Jahr bereits Schnee von gestern. Wie sieht es in der Realität für Bürger in Mallorca aus, der reichsten Provinz Spaniens, mit 25 Prozent Arbeitslosen? Wir, als Aussenstehende, sind sehr schnell bereit, den Stab über Bürger von Spanien oder von anderen Ländern zu brechen. Dabei sind die am meisten davon Betroffenen in einem System der Korruption und Misswirtschaft hineingeboren worden.

 

Marcella Bergamin

14:01:2013

 

Auf den ersten Blick lief selbst hier während der Feiertage alles seinen gewohnten strahlenden Gang. Vom Sparen hat man oberflächlich betrachtet nichts gesehen. Auch hier hetzten die Menschen paketbeladen durch die Einkaufsstrassen. Die Festtagsbeleuchtung erstrahlte nicht weniger pompös usw.

Beim näheren Betrachten hingegen hat man bedeutend mehr bettelnde Menschen gesehen als früher. Oder in den Nebengassen mehr flanierende Menschen. Letztere vertreiben sich die Zeit auf der Strasse, weil ihnen das Geld für Heizöl oder Strom fehle, wurde mir gesagt. Für sie sei es in den Strassen doch noch wärmer als in den feuchtkalten Wohnungen.

 

Der knallharte Sparzwang

entpuppt sich als Mühsal für den einzelnen Bürger, wie mir eine liebe Bekannte erzählt. Nennen wir sie lakonisch Dolores (latein. „Schmerzen“), sie möchte nicht namentlich erwähnt werden. Bis zum Sommer war sie als Staatsangestellte zufrieden mit ihrer Arbeit und ihrem Einkommen.

Obwohl sie ein abgeschlossenes Studium der Soziologie vorweisen kann, ist sie froh, eine Arbeit als Sozialarbeiterin gefunden zu haben. Unter anderem berät oder begleitet sie psychisch Kranke mit sozialen Problemen und ist verantwortlich für deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Seit September ist für die meisten Staatsangestellte nichts mehr wie es sein sollte. Ohne Information wurde ihr und anderen 20% weniger Lohn überwiesen.

 

Auf Anfrage hiess es einfach, dass ab sofort neue Regeln gelten. Weihnachtsgeld werde auch nicht mehr überwiesen. Sowie keine Vergütung des Kilometergeldes mehr für Transporte mit dem Privatauto. Für diejenigen mit dem Beamtenstatus entfalle ab sofort auch die Krankenkassenvergütung. Dolores, 55-jährig, wird sich eine neue Kasse suchen müssen und denen steht es frei, sie aufzunehmen oder nicht, je nach aktenkundigen Krankheiten. Dolores und ihr Mann, kinderlos,   leben jetzt bei ihren Eltern und können den grössten Teil der Miete einsparen.

 

Ein Auto haben sie auch aufgeben. Für die beiden materiell relativ einfach gelöst. Andere wiederum hocken auf ihren Eigentumswohnungen und wissen nicht wie lange sie ihr Dach über dem Kopf noch halten können. Eine Folge der Hypothekenvergabe ohne Sicherheiten. Die Leute mit Familien landen auf der Strasse. Die Banken werden diese leeren Wohnungen auch nicht los und der Staat müsste wiederum Sozialhilfe bezahlen.

 

Die „Olé-Olé-Mentalität“ ist vorbei

Die Politiker versuchen mit allen Mitteln, sinnige und unsinnige Steuern zu kreieren, um die Löcher der Staatskasse zu stopfen. Nur können sich die Bürger damit noch viel weniger leisten. Wer kann, versucht sich dem Sog der Abwärtsspirale zu entziehen und verlässt die Insel.

Man kann es drehen und wenden wie man will, die Spanier sind brutal auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Das ist erst der Anfang. Jeder Einzelne kann sich noch so anstrengen, ein Ausweg aus dieser Sackgasse ist für Keinen absehbar. 


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