Das Leben prägt den Menschen

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Besonnen und überlegt: Beatrice Tschanz Kramel versteht es, aktiv zuzuhören.
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Die FVW bietet, was Frauen brauchen: Die Möglichkeit zum Netzwerken. Bild: Sam Thomas.

Beatrice Tschanz Kramel, (64), Schweizerin, hat in Zürich die Schulen besucht und nach dem Mittelschulabschluss Sprach- und Geschichtsstudien in Oxford, Barcelona und Paris absolviert. Für eine Schweizer Grossbank war sie 2 Jahre in Brasilien und Argentinien tätig. 20 Jahre arbeitete sie als Journalistin und durchlief alle Bereiche von der Reporterin bis zur Chefredakteurin bei verschiedenen Printmedien.

 

Nach dem Wechsel in die Unternehmens-
kommunikation war sie zuerst für Ringier AG, später für den Warenhauskonzern Jelmoli AG und das damalige Schweizer Luftfahrtunternehmen Swissair als Corporate Communications Verantwortliche tätig. Sie erreichte 1998 mit erfolgreichem Krisenmanagement nach dem Absturz einer MD11 in Halifax (Kanada) Bekanntheit. Anschliessend gehörte sie beim Medizinal-
technikkonzern Sulzer Medica dem obersten Management an, das erfolgreich das Hüftgelenkdebakel in USA löste und das Unternehmen in eine gesicherte Zukunft überführte.

 

Seit 2003 ist sie selbständige Kommunikations-
beraterin und engagiert sich für zahlreiche Non Profit Organisationen. Dem Verwaltungsrat der valora Holding AG gehörte sie von 2000 bis 2008 an, zuletzt als Verwaltungsrats-
präsidentin. Heute ist sie im Verwaltungsrat der Martin Spühler AG, Zürich, Verwaltungsrätin des Biotech Unter-
nehmens ImmunoGenes AG, Vorstandmitglied im Kooperationsrat Schweiz-Russland, Stiftungsratsmitglied der J. Brandenberger Stiftung und Mitglied im Advisory Board der ETH Juniors.

Beatrice Tschanz Kramel ist verheiratet mit Prof. Herbert Kramel und lebt in der Nähe von Zürich. 
www.frauenvernetzungs
werkstatt.ch
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Drei von vier Schweizerinnen und Schweizern denken an die Swissair und insbesondere an den Absturz einer Maschine vor zehn Jahren in Halifax, wenn sie den Namen Beatrice Tschanz hören. Damals wuchs die Kommunikationsfrau über sich hinaus - und die ganze Welt schaute ihr zu. An der FrauenVernetzungsWerkstatt vom 14. März 2009 spricht Beatrice Tschanz an der Uni St. Gallen zum Thema "Erfolgskfatoren der Kommunikation: Wie weiter, wenn es schwierig wird."

 

Cornelia Forrer

22:02:2009

 

Was genau macht den Menschen zu dem, was er letztlich ist? Sein Umfeld, seine Freunde und seine Familie. Hier werden Talente entdeckt und gefördert, hier dürfen Fehler gemacht und Emotionen gezeigt werden – und dies in geschütztem Rahmen.

„Ich bin in einem grossbürgerlichen Haus in Zürich sehr behütet und glücklich aufgewachsen“, erzählt Beatrice Tschanz Kramel und ist sich ihrer privilegierten Kindheit und Jugend sehr bewusst.

 

Die selbstbewusste Mutter, die extrem zurückhaltend den Haushalt, die Familie und auch gleich den patriarchalen Vater geleitet habe, habe sie geprägt und ihr wohl einige ihrer Talente und ihr positives Denken vererbt. „Lerne etwas Rechtes, dann kannst Du machen, was Du willst“, hatte der Vater einst verlangt.

 

So entschied sich die junge Frau, die Handelsschule zu absolvieren. „Dolmetscherin zu werden, um zu übersetzen, was andere sprechen“, sei aber nicht ihr Wunsch gewesen, erzählt die kommunikative Frau lachend.

 

So habe sie denn auch alles sausen lassen, um ein Volontariat bei einer Zeitung zu absolvieren und damit ihren Traumberuf als Journalistin zu ergreifen. Den Vater habe sie erst besänftigen können, als erstmals ein Bericht von ihr in der NZZ erschienen sei.



Kleine Unterschiede
Starke Frauen haben den Weg der Kommunikationsfrau gekreuzt und sie geprägt, Frauen wie Gertrud Kunz, die ihr auch den Brasilienvirus angehängt habe.

Das sei auch der Grund gewesen, nach Sprach- und Geschichtsstudien in Oxford, Barcelona und Paris für zwei Jahre nach Brasilien und Argentinien zu gehen, wo sie für eine Schweizer Grossbank Reisedokumentationen erstellte.

 

Das Gefälle zwischen reichen und armen Menschen habe sie aber immer mehr belastet, sodass die junge Frau in die Schweiz zurückkehrte, wo sie zwei Jahrzehnte lang, insbesondere auch für Frauenzeitschriften wirkte und sich von der einfachen Journalistin zur Chefredaktorin hocharbeitete.

Auf ihrem beruflichen Weg traf Beatrice Tschanz mit selbstbewussten Frauen zusammen: Mix Weiss, Rosmarie Fingerhut oder Hedi Grubenmann. Die gängige Meinung sei doch, dass Frauen im Job grundsätzlich Feindinnen seien. Sie habe das ganz anders erfahren. „Keine dieser Frauen hatte es nötig, sich ins Zentrum stellen zu wollen“, so Tschanz.

Man habe viel diskutiert, sich gegenseitig unterstützt, sich befruchtet. In der fast reinen Männerwelt, in der Beatrice Tschanz sich später bewegte, seien Eifersucht, Profilier- und Machtbestreben schon eher Themen gewesen.



Mut zum Tun
Den Männern fehlten meist Gaben, die eine Frau ganz normal in sich vereine, ist die Kommunikationsfrau überzeugt: Organisationstalent, gesunder Menschenverstand oder auch Bodenhaftung. „Vielleicht kommt es davon, dass Frauen Kinder auf die Welt bringen müssen“, sinniert sie und fügt an, dass sie überzeugt sei, mit einem reinen Frauenkader wäre die UBS-Krise anders gemeistert worden. „Frauen holen sich früher Hilfe als Männer. Sie spüren, wenn sie an die Grenzen kommen“, so Tschanz.

 

Wo’s bei den Frauen aber mangle, seien die Netzwerke. Die Angst, sich zu blamieren und Fehler zu machen, hinderten zudem, etwas zu wagen.

Daran gelte es zu arbeiten. „Frauen neigen zu Zweifeln“, sagt Beatrice Tschanz und fügt an, dass der Mann sich die Frage, ob er es schaffe, nie so fundiert stelle wie eine Frau.

 

Dies bewusst zu machen sieht die Kommunikatorin als Ziel ihres Referates an der FrauenVernetzungsWerkstatt. Frauen Mut zu machen, Träume zu erfüllen, Erfahrungen weiterzugeben und in die obersten Kader vorzudringen. Für die Wirtschaft und unser Land sei dies vonnöten.


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