Der Floh im Ohr hat sich im Theater St. Gallen eingenistet

Tipp/Serien - Titel

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Ensemble. Bilder: Theater Sankt Gallen
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Christian Hettkamp, Annette Wunsch.

Vorstellungen im Mai

Mo. 2.5. 19.30, Fr. 6.5. 19.30, im Anschluss Publikumsgespräch, So, 8.5. 14.30, So. 8.5. 19.30, Mi. 18.5. 19.30, Fr. 20.5. 19.30 zum letzten Mal.

Vor 35 Jahren hat „Der Floh im Ohr“ von Georges Feydeau zum letzen Mal sein Unwesen im Theater St. Gallen getrieben. Nun ist er wieder da, als Dialekt-Fassung in der Überarbeitung und Inszenierung von Wolf-Dietrich Sprenger. Und das winzige Tierchen gibt immer noch Anlass zu allerlei Wirrungen und Verwirrungen.

 

Elke Baliarda

25:04:2011

 

Wie die unglaublichsten Verwicklungen entstehen können, das wird mit Feydeaus „Der Floh im Ohr“ vorexerziert. ein Beispiel also für „Wirkung ohne Ursache“. Im Jahre 1968 ist diese Komödie in den Münchener Kammerspielen durch damals sehr bekannte Schauspieler für das deutsche Theater wieder entdeckt worden.

In ihrem Gefolge sind in den 70er Jahren auch andere Stücke Feydeaus erneut in den deutschen Spielplan gelangt. Man hat an Feydeau vor allem seine perfekte dramatische Technik bewundert, seine Fähigkeit unwahrscheinliche Verwicklungen aus dem Gang der Handlung plausibel erscheinen zu lassen.

 

Im Original Theater spielt das Stück in Paris vor dem 1. Weltkrieg. Für das Theater St.Gallen wurde dieser rasante Theaterspass von Wolf-Dietrich Sprenger neu bearbeitet. Er hat das Textbuch speziell für die Schweiz eingerichtet.

Dr. Hans Joachim Kussfeld, kurz Hajo, gilt als treu liebender Ehemann, das zumindest glaubt seine Frau Isabell. Bis sie eines Tages ein paar Hosenträger anonym zugeschickt bekommt, die ihr Mann angeblich in einem zwielichtigen Hotel zurück gelassen hat.

Noch weiss sie nicht, dass ihr Mann diese Hosenträger an seinen Neffen Oskar verschenkte, der sie dann im Hotel zur „Roten Katze“ vergessen hatte. Erbost plant die geprellte Ehefrau Rache. Und schon nimmt das allgemeine Durcheinander der Gefühle seinen Lauf.

Denn in besagtem Etablissement wird nicht nur geliebt und gestritten, dort gibt es auch einen Hausmeister namens Till, der Hans Joachim Kussfeld zum Verwechseln ähnlich ist, dass bald niemand mehr genau weiss, wer sich mit wem, wann wo und warum treffen wollte.

 

Nun, schliesslich wird alles aufgeklärt, sodass einem „Glücklichen Ende“ nichts mehr im Wege steht. Georges Feydeaus (1862 bis 1921) „Der Floh im Ohr“ ist ein heute noch kurzweiliger Klassiker des Genres- oder wäre es, wenn Wolf-Dietrich Sprenger als Regisseur der St. Galler Ausführung das Stück nicht zu einer „Dreiländerkomödie“ (Zitat Homepage des Theaters) umgeschrieben hätte. Schweizer Dialekt herrscht vor, Hochdeutsch wird teilweise mit österreichischen, schwäbischen und sächsischen Dialektfärbungen verwendet und ein weibstoller Amerikaner mischt  noch seinem Slang mit ein – ein verrücktes babylonisches Sprachengemisch, mit dem sich der Sprachwitz und Tempo des Originals noch weniger wiedergeben lassen, als mit jeder noch so präzisen Übersetzung aus dem Französischen.

 

Für Bühne und Kostüme ist Achim Römer verantwortlich. Die Kostüme sind gefällig, adrett. Das Bühnenbild des ersten Aktes, völlig nüchtern, abstrakt. Bild zwei, die Räumlichkeiten der „Roten Katze“ sind sehr nett ausgestattet, die Farbe Rot in Samt und Plüsch herrscht vor.

Obwohl der Spielverlauf immer wieder zu farblosem Klamauk ausartet, ist das Stück dennoch unterhaltsam, allerdings fehlen Elegance und die vornehme Pikanterie. Der Regisseur hat die Handlung in die Jetztzeit versetzt und den Ort der Handlung nach St. Gallen und Umgebung  gelegt, mit eben dieser Sprachverwirrung, wobei der Begriff Sauschwab zu oft aufs Tapet gelangt. Die verschiedenen Dialekte werden zum Teil auf einem Laufband übersetzt. Der Spielhergang: rasant, 90 Minuten ohne Pause. Die Schauspieler leisteten Hervorragendes. Christian Hettkamp kam mit seiner Doppelrolle als Dr. Kussfeld und Hauswart Till bestens zurecht, mit Kostümwechsel in Windeseile.

 

Auch Bruno Riedl als listiger und lüsterner Dr. Schütz konnte sein Stärken voll ausspielen, köstlich seine kleine Jodeleinlage. Diana Dengler als Isabell Kussfeld und Annette Wunsch als Lissi Aufdermauer kamen mit viel Schwung und Elan zum Publikum rüber.

Auch Alexandre Pelichet, als Frauenheld, Matthias Albold als liebeswütiger Amerikaner, Marcus Schäfer als Faktotum mit sächsischen Zungenschlag, Dominik Kaschke als Oskar und Hans-Jörg Frey als eifersüchtiger Ehemann stellten ihre Rolle überzeugend dar, genau wie das gesamte Ensemble

„Der Floh im Ohr“ im Theater St. Gallen: wenn man einen unbeschwerten Theaterabend verbringen möchte ohne etwas Tiefgründiges zu erwarten, dann wird man sich hierbei dennoch gut amüsieren.


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