Mozarts frühe Kapriolen

Kultur

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Simone Riksman inkognito (Bilder: Andreas J. Etter)
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Die Darsteller mit Valérie Junker und Markus Hofmann als Statuetten.
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Damenwahl: Roman Grübner, Nik Kevin Koch und Sumi Kittelberger

Tickets http://www.theatersg.ch/
spielplan/la-finta-giardiniera
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Das Theater St.Gallen präsentiert in der Premiere am Samstag die Komische Oper des noch jungen Wolfgang Amadeus Mozart. Mit „La finta giardiniera“ begab sich Komponist damals mithilfe von vor- und unvorstellbaren Kapriolen auf die Suche nach der Liebe. Im Zentrum die Figur der Violante, die als falsche Gärtnerin, bei allem überbordenden Schabernack, ernste Lebenskrisen zu meistern hat. Insgesamt aber ein Lausbubenstreich der genialen Art.

 

Carmela Maggi

08:02:2013

 

Obschon damals erst zarte 19 Jahre jung, war Mozart doch schon ein erfahrener Komponist. La finta giardiniera, auf Deutsch die fingierte Gärtnerin oder Gärtnerin aus Liebe genannt, war bereits seine zehnte Oper. Das heute als Opera Buffa oder Komische Oper, kursierende Werk wurde ursprünglich vom Komponisten als „dramma giocosa“, Spielerisches Drama, übertitelt und 1775 in München unter tosendem Gejubel uraufgeführt.

 

Und ebenfalls in München präsentierte auch die Regisseurin Lydia Steiner die Oper erstmals in ihrer zeitgemässen Art. Der Zeit gemäss, aber nicht entrissen. Denn der Geist des Komponisten mit der Zeit, in der er lebte, ist in jedem Detail zu spüren, mit kleinen, humorvollen Hinweisen hier und da, die die Geschichte des Librettos in die heutige Zeit transportieren. Ebenso zu spüren, wer Mozarts Briefe gelesen hat, sind auch der wenig zimperliche Humor und der Übermut, mit dem sich der Komponist letztlich auch auf der sexuellen Ebene Ausdruck verschaffte.

 

Das Libretto stark gekürzt und mit regional angepassten Einwürfen, hat die Regisseurin beim Münchner Publikum johlendes Echo herauszukitzeln vermocht. Dass ihr dies in St.Gallen durch den Schlager-Einwurf „ewigi Liebi“ nicht in gleichem Masse gelang, liegt wohl einerseits an der Höflichkeit, aber auch an der kritischen Art der heimischen Zuschauer. Ein Umstand, der bereits bei der Präsentation an der Matinée vorauszusehen war. Doch Beifall gab es dennoch.

 

Von Mozart nicht vorgesehen war die Anfangsszene, sozusagen in Miniatur,  in der die Gräfin Violante von ihrem Liebhaber dem Grafen Belfiore im Streit aus Eifersucht schwer verletzt wird. Verkörpert von den kleinwüchsigen Schauspielern Valérie Junker und Markus Hofmann. Die beiden werden im Laufe der Geschichte als stille Amouretten noch ihr Unwesen treiben, die Liebenden also in allerlei Verwicklungen verstricken, aber auch wieder daraus erlösen.

 

Die Oper wird von 7 Charakteren getragen. In ihrer Mitte Violante (Simone Riksman), die, geprägt durch ihre Vergangenheit, auf dem Weg zur Liebe ein tiefgängiges Trauma durchläuft.  Sie macht sich nach dem Mordversuch als Gärtnerin verkleidet auf die Suche nach Belfiore (Anicio Zorzi Giustiniani) und gelangt unter falschem Namen an den Hof des Amtsvorstehers Don Anchise (Nik Kevin Koch).

 

Belfiore entschliesst sich nach seiner Flucht, Arminda (Evelyn Pollock) zu heiraten. Diese aber verzehrt sich nach ihrem ehemaligen Geliebten Ramiro (Susanne Gritschneder). Während Don Anchise vergeblich seiner Gärtnerin nachstellt, leidet Dienerin Serpetta (Sumi Kittelberger) an brennender Eifersucht und will wiederum vom ihr nachstellenden Nardo (Roman Grübner) nichts wissen.

 

Um die Damen zu erobern, lassen sich die Herren, von der motorisierten Kutsche bis hin zum Heissluftballon, einiges einfallen. Schliesslich treiben es die Paare, jeglicher Hemmung entbunden, mit tierischem Eifer im Karussell, bis sie ihre Besinnung verlieren.

 

Susanne Gritschneder in der Männerrolle, ragt dabei mit vollem lyrischem Mezzo gesanglich heraus.  Simone Riskman überzeugt darstellerisch, als auch stimmlich in der Leichtigkeit, sowie in der Schwere, die die Hauptrolle mit sich bringt.  Genauso Sumi Kittelberger als schlangenhafte Dienerin. Ebenso perfekt für dieses Fach, Evelyn Pollock, wie gewohnt technisch unschlagbar aber mit wenig emotionalem Tiefgang, Roman Grübner mit beweglichem Bariton und Anicio Zorzi Giustiniani, der in seiner Rolle einige Lacher abzugewinnen vermag. 


Jeremy Carnall spielt mit seinem Orchester einen fein strukturierten und witzigen Mozart, kämpft mit seinem Taktstock aber leider vergeblich gegen Tenor Nik Kevin Koch, was auch den mehrstimmigen Passagen zum Nachteil gereicht. Deshalb wäre der Besuch einer der wenigen Vorstellungen mit der stimmlich und darstellerisch brillanten Zweitbesetzung Riccardo Botta in der Rolle des Don Anchise ebenso interessant.


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