Das Museum im Lagerhaus St. Gallen begibt sich auf Gallus-Spuren

St. Gallen sind wir

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Hedi Zuber - Kinderfest St. Gallen.
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Hedi Zuber - Selbstporträt mit Kloster St. Gallen.

Dem diesjährigen Gallusjubiläum widmet das Museum im Lagerhaus eine besondere Ausstellung mit Werken aus dem Sammlungsbestand. „St. Gallen sind wir“ schliesst auch die „Aussenseiter“ ein. Deren Bilder sprechen von einer Haltung, die schon den heiligen Gallus bewegte: „…hier will ich wohnen, denn das gefällt mir“. Die Werke sind von St. Galler Naiven und Outsider- KünstlerInnen geschaffen. Es sind keine repräsentativen Stadtansichten, sondern persönlich gestaltete Szenen in und um die Stadt St. Gallen.

Museum im Lagerhaus, Davidstrasse 44, Öffnungszeiten Di-Fr 14 bis 18 Uhr Sa/So/ Feiertage 12 bis 17 Uhr.

Wir, das sind die St. Galler-Aussenseiter-Kunstschaffenden Irma Bonifas, Johann Eugster, Jakob Greuter, Emil Wickle und Hedi Zuber. Im frisch gestrichenen, frisch beleuchteten grossen Raum des Museums im Lagerhaus sind ihre meist farbenfrohen Werke das ganze Jubiläumsjahr hindurch zu sehen.

 

Elke Baliarda

10:04:2012

 

Die fünf Aussenseiter-Künstler teilen dem Besucher der Ausstellung ihre ganz eigenen Stadtansichten mit. Sie unterwerfen sich keinem gängigen Kunstmarkt und schaffen dadurch Werke, denen eine besondere Eigensinnigkeit innewohnt. Bildwelten, die mal leicht von uns gelesen werden können oder ein anderes Mal in ihrer Hermetik unzugänglich erscheinen..

 

Die kleinwüchsige Hedi Zuber (1916 bis 1996) stellt aussergewöhnliche Kompositionen und Perspektiven dar. Es ist also nicht verwunderlich, wenn sie ihre kleine zierliche Person gleich gross neben die Klostertürme stellt. Die St. Galler Kathedrale ist auch ihr zentraler Ort und ihr häufigstes Motiv. Jakob Greuter (1890 bis 1984) sammelt eindrückliche Szenen und Plätze in und um St. Gallen und fügt sie in seinen Stoffbildern neu zusammen. Die Bilder von Irma Bonifas, geboren 1948, sind geprägt von satten dick aufgetragenen Farben.

 

Obwohl sie mit schnellem Strich malt, so ist sie doch eine eindringliche Beobachterin. Emil Wickle (1905 bis 1991) zeigt farbenfrohe Frühlingslandschaften bei St. Gallen. Und die verträumte Winterlandschaft St. Gallenkappel von Johann Eugster (1918 bis 1984) drückt eine Idylle aus, die heute noch überall in der Region St. Gallen zu finden ist. Alle Bilder drücken uns ungewohnte und zugleich bekannte sowie bemerkenswerte neue Sichtweisen auf die alte Gallusstadt aus.  

 

Unser Augenmerk gilt insbesondere der „echten Naiven“ Hedi Zuber. Die Einladungskarte zur Ausstellung zeigt Hedi Zuber im Grossformat neben der Kathedrale. Man könnte es als Selbstbildnis bezeichnen, die hier im Vordergrund sehr stattlich dargestellte Künstlerin mit einer gelben Krawatte, einer weissen Bluse und einem langen schwarzen Kleiderrock. Sie steht am Rande einer bunten Blumenwiese und blickt den Betrachter etwas skeptisch an.

 

Rechts die Teilansicht der Kathedrale in sonnigem Gelb, im Hintergrund ein Stück Regierungsgebäude und davor eine Gruppe von Klosterfrauen. Das Ganze ergibt ein Bild von hohem Wiedererkennungswert.  Hedi Zuber, die 1996 starb, wurde in Wil geboren. Ein einziges Jahr soll sie dort zur Schule gegangen sein. Dann habe der „strenge“ Herr Lehrer gesagt: "Geh, dich kann ich nicht brauchen.“ Wenn der wüsste, was später aus seinem „unbrauchbaren“ Schützling geworden ist.

 

Ab 1928 lebte sie in Gossau, später zog sie mit ihrem Bruder nach Bruggen. Eine rachitische Kinderkrankheit hinterliess Spuren in ihrem Leben. Sie wurde Näherin wie ihre Mutter und arbeitete 40 Jahre lang in einer Wäschefabrik in Gossau.

Schon immer hatte Hedi Zuber gerne gezeichnet und gemalt und irgendwann hatte sie eine schicksalhafte Begegnung mit Jakob Greuter, der bei der städtischen Kehrichtabfuhr St. Gallen arbeitete, und der zu Hause wie ein Besessener zeichnete, meist aus Zeitungen mit Bild und Text abzeichnete. Da hatten sich zwei Seelenverwandte getroffen. Hedi sass oft in Greuters Stube und schaute ihm beim Zeichnen zu und bewunderte ihn.

 

Einige Zeit später, so um 1980 begann sie dann auch zu zeichnen, allerdings nicht in der Art von Jakob Greuter, sondern a la Hedi Zuber. Mit grosszügigen Formen und meist intensiv kräftigen fast plakativen Farben. „Es“ zeichnet, „es“ malt. 

Hin und wieder zu Gast bei Jakob Greuter stiess der Aussenseiter-Maler Erich Staub auf Hedi Zuber, die eben erst zu malen begonnen hatte. Er vermittelte ihr Anfang der achtziger Jahre ihre erste Ausstellung in einem St. Galler Einkaufszentrum. Dabei wurden zauberhafte bunte Bilder gezeigt, wie sie eigentlich in ein Bilderbuch gehören könnten.

Erich Staub setzte sich sehr für Hedi Zuber ein, förderte sie und kaufte ihr immer wieder Bilder ab. Er erinnert sich an damals: „Jedes Mal wenn ich Hedi über Mittag besuchte, standen Riesentöpfe auf dem Herd und es war ein Dampf in der Küche, dass ich sie kaum erkennen konnte. Hedi malte in ihrem Küchenatelier ohne Vorlage, ganz einfach aus dem Bauch heraus, zunehmend immer exakter.

Eines Tages bot sie mir ein Bild von Jakob Greuter zum Kauf an. Auf Grund der Signatur, die falsch geschrieben war aber auch sonst erkannte ich, dass sie es selber gemalt hatte."


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