Woher kommt der Monat Januar?

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Ziegenfisch wird geboren aus der Spirale der Zeiten.
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Die Vulva der Capella (Quelle: Ulrich Vital, Volkstümliche Symbole und ihr Geheimnis).

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Wintersonnenwende, Weihnachten und Sylvester-Neujahr sind im Grunde dieselbe Feier der Geburt des neuen Lichts. Der tiefste Punkt im Jahresrad ist erreicht und von nun an steigt die Sonne jeden Tag ein wenig höher. Aus der Tiefe der Dunkelheit, aus dem magischen Schoss der kosmischen und irdischen Mutter wird das Lichtkind neu geboren. Verkündet wird die Botschaft, dass alles Leben aus der Nacht und dem Licht des Geistes, d.h. aus der inneren spirituellen Welt geboren wird.

 

Patricia Ertl

20:12:2013

 

Die Festtage von Weihnachten und Karneval hiessen im römischen Reich Saturnalien und waren dem Gott Saturn geweiht, dem astrologischen Herrscher des Zeichens Capricornus (lat. Ziegenhorn) = Steinbock (vgl. Julfest mit Julbock in Schweden). Durch die Kalenderreform des Kaisers Cäsar im Jahre 46 v. Chr. wurde der Januar zum neuen Jahresanfang. Der Monat war dem Ianus heilig, dem doppelgesichtigen Gott der Tordurchgänge (< lat. ianua = Tor, Tür, Pforte), der gleichzeitig nach innen und nach aussen schauen kann. Sein Gesicht ist oft dargestellt wie zwei Mondsicheln. Im Christentum übernahm der patriachale Petrus (= lat. der Fels, Saturn-Entsprechung), der Vorgänger aller Päpste, das Amt des Himmelspförtners. Doch wer denkt noch daran, dass Janus die vermännlichte Version von JUNO war, der etrusktischen Göttin UNI, Mutter des UNI-versums, deren YONI ursprünglich die Pforte allen Lebens ist, Ein- und Ausgang zwischen Diesseits und Jenseits. Zu den jahrtausendealten Symboltieren der Göttin gehörte der Ziegenbock (im alpinen Raum entspricht ihm der Steinbock), der mit seinen Hörnern an die zu- und abnehmende Mondsichel erinnert, den Zeichen ewigen Wandels.

So schritten wir alle durch die Pforte der Janua in dieses neue Jahr, fast wie wenn wir als Kinder neu geboren wären.  Möge uns die Er-inn-erung nähren, dass es einst das heilige Tor der Göttin war, ihre Vulva, aus welcher alles Leben seinen Anfang nimmt und wo es wieder eingeht am Ende des äusseren Kreises.

„Bisch guet g’rutscht?“ fragen wir uns zu Beginn des Neuen Jahres. Gerutscht aus dem Durchgang so wie das Kind aus dem Geburtskanal zum „Licht der Welt“. Die Ein- und Ausgangstore alter Kirchen und Kapellen waren oft als Vulven der Göttin gestaltet, die Kirche selber als ihr Leib, der Raum als Gefäss des unsichtbaren Allerheiligsten. So ist auch unser Körper (astrologisch Saturn, der Steinbockplanet) Träger des heiligen Geistes. Und das Neue Jahr ist ein Gefäss der Zeit, wie ein kleines neues Leben. Wie im Kleinen, so im Grossen.

Saturnia ist die Hüterin der Schwellen. Sie unterstützt uns bei der Trennung von überflüssig gewordenem Ballast und hilft uns beim Tragen der noch nötigen Lasten, so auch zum Erhalt unseres Körpers. Bei jedem Hinein- bzw. Hinausschreiten können wir uns daran erinnern und unsere Schritte bedachtsam vorwärts lenken in Welt und Zeit: „Go placidly amid the noise and the haste, and remember what peace there may be in silence“ (Zitat aus DESIDERATA). Mit Geduld und Gelassenheit wird selbst Schweres leichter.

 

Der lange Januar mit seinen ruhigen Winterabenden kann uns in diesem Sinne reich beschenken, wie das Füllhorn der Steinziege Amaltheia, welche den kleinen Zeus mit ihrer Milch nährte. Sie ist heute noch zu bestaunen als Stern Capella (lat. Ziege), der helle Stern an der Spitze des grossen Wintersechseckes, durch welches die Milchstrasse fliesst. Interessanterweise dasselbe Wort wie Kapelle, welches von lat. cappa = Umhang, Mantel abgeleitet wird. Vielleicht vom Sternenmantel der Gottesmutter, den wir in klaren Januarnächten glitzernd am Himmel bestaunen können. Bei allem, was uns drücken und plagen mag, umhüllt sie uns doch alle mit ihrem Schutz. Das Füllhorn der Capella gehörte später der Fortuna, Göttin des Schicksals und des Lebensrades. Möge sie uns ihr Glück schenken für das Neue Jahr!

 

„Hast du gut angefangen?“ fragen wir uns in den ersten Tagen des Jahres. Darin liegt noch eine leise, wenn auch unbewusste Erinnerung daran, dass im Anfang jedes Zyklus eine entscheidende Kraft liegt, welche den ganzen Prozess prägen wird: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“, so spricht die Poesie von Hermann Hesse zu uns in seinem wunderschönen Gedicht „Stufen“. Dieser Zauber, dieses Geheimnis, diese Prägekraft des Anfangs liegt jedem Geburtshoroskop zu Grunde. Es ist die Arbeitsgrundlage der Astrologie.

„Wie hast du angefangen?“ – das ist die Frage an unser eigenes innere Kind, die wir bei jeder astrologischen Beratung neu stellen. Der 6. Januar erinnert uns an die drei Könige, die dem Jesuskind ihre Gaben an die Krippe brachten. Wer sich mit mythologischen Geschichten befasst, erkennt leicht, dass die drei weisen Magier aus dem Morgenland mit ihren Farben Schwarz, Weiss, Rot eine Vermännlichung der einstigen dreifaltigen Schicksalsgöttin darstellen. In zahlreichen Märchen ist noch von den drei Schicksalsfrauen die Rede, welche dem neu geborenen Kind sein Geschick in die Wiege legen, indem sie ihm sein Lebenslied singen. Die Gaben sind zugleich Auf-Gaben. Sie sind geschrieben in den Zeichen des Himmels und der Erde, in den Symbolen des Horoskops, es ist die Sprache der Sterne, ja es ist „der Stern“, dem die Weisen folgten.

An manchen Orten der Schweiz ziehen heute noch Kinder als „Sternsinger“ durchs Dorf und segnen jedes Haus. Kinderbräuche tradieren oft noch alte vergessene Göttinnenrituale. Wenn wir die Zeichen C+M+B über unsere Türen schreiben, um Ein- und Ausgang zu segnen, können wir uns daran erinnern, dass es einst die drei Beten Catharina, Margaretha und Barbara waren, zu denen wir beteten und die wir um ihren Segen anriefen für die Geburt ins Neue Jahr. Auch Frau Holle und Frau Percht/Berchta (Berchtoldstag) sind überliefert als einstige Wintergöttin und Mutter des Neuen Jahres.

Es ist wahrhaft eine magische Zeit „zwischen den Zeiten“, dieser Übergang in den Januar. Was vor noch nicht langer Zeit als gefährliches Hexentum verfolgt wurde, darf heute, zumindest in Europa, wieder in Freiheit und Eigenverantwortung ausgeübt werden: das Orakeln und Zeichendeuten in den „Rauhnächten“. Wir möchten unser Schicksal befragen, einen Blick in die Zukunft tun. Wir legen Karten oder schauen, was die astrologischen Transite und Progressionen uns verheissen. Es ist zu hoffen, dass der verloren gegangene spirituelle Bezug wieder mehr Einzug finden mag bei diesen Handlungen.

In Kappel am Albis steht noch eine frühgotische Kirche, die wie ein Kreuz im Kreis der vier Himmelsrichtungen gebaut wurde, sozusagen ein „Urhoroskop“ in Stein. Diese Symbolsprache ist tatsächlich uralt und schon aus der Steinzeit überliefert. Das Kreuz als Signet der Zentrierung und Orientierung. Der Kirchturm mit der Sonnen-Mond-Uhr steht genau in der Mitte des Kreuzes, sowie der Paradiesbaum in der Mitte des Gartens der Göttin stand. Der Baum selbst war Symbol der Göttin.

 

Eine Erinnerung daran ist ja unser Weihnachtsbaum, die steinböckische Tanne, die senkrecht aufragt wie ein Turm und das Unten mit dem Oben verbindet. Wer je zur Weihnachtszeit in Zug am Bahnhof vorbeikommt, kann sich dort unter den wunderbar glitzernden Lichterbaum stellen. Das ist, wie wenn du dir einen riesigen Lichterzylinderhut aufsetzen würdest, gleichsam einen gigantischen Zauberhut aus Licht. Wie eine Pyramide auf dem Scheitelchakra. Wie unter dem Sternenmantel der Madonna. Wenn du dich darauf einlässt, ist es fast spürbar, wie diese Glitzerspiralen dich hoch ziehen und eine Verbindung schaffen zu den noch höheren Funkelsternen am Himmel.

Wie oben – so unten, die Sterne wollen uns auf der Erde berühren und uns führen. Die grünen Zweige des Lebensbaumes, die in diesen Wochen unsere Stuben schmücken, wollen uns Zeichen sein, dass Lebenskraft letztlich nur aus der Verbindung zwischen Himmel und Erde entspringen kann. So wie Juno-Janua, die Göttin der Himmelspforte mit ihren „zwei Gesichtern“ sowohl nach draussen wie nach drinnen blicken kann. Im heiligen Mittelpunkt einer Kirche stand einst der Altar. Das Wort lässt sich herleiten von lateinisch altus = hoch, tief. Sowohl als auch. Ort der Verbindung von Höhe und Tiefe, oben und unten, aussen und innen, Vergangenheit und Zukunft.

Und gerade jetzt, im tiefsten Winter, ist die passende Zeit, uns zu erinnern, woraus (und wozu) wir geboren wurden und aus welcher Heimat wir stammen: aus dem Schosse der Janua sind wir in diese Welt getreten. Tief hinunter auf die Erde, so wie die Sonne gesunken ist in die Tiefe des Jahres. Das Steinbockzeichen ist der Wille zum Licht, der Wille aufzusteigen im Kleid der Materie und dabei die irdischen Aufgaben zu meistern. Hinunter und gleichzeitig hinauf. Wenn wir uns der Verbindung mit unserer Muttergöttin wieder zuwenden, bekommen wir täglich Hilfe auf diesem Weg. Wir erneuern die Kraft für unser Leben und empfangen ihre Gaben in Fülle. In diesem Sinne wünsche ich allen einen guten Anfang im Monat Januar und den Segen der Schicksalsfrauen für das Neue Jahr.


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