25:07:2014
Mädchen- und Jungenrollen
Ich gebe zu, ich habe mit meinem Bruder oft und gern mit Legos gespielt und mir kaum darüber den Kopf zerbrochen, warum es so wenig Frauenfiguren im Sortiment hat. Und die Zeit der Friseusen und Shopperinnen habe ich nicht mehr erlebt, denn damals waren wir dem Lego-Spiel schon entwachsen. Wenn ich mir aber vorstelle, es hätte zu meiner Zeit schon Forscherinnen im Sortiment gehabt, hätte ich mir diese sicherlich gewünscht.
Unter uns gesagt: In der Steinerschule kannten wir Mädchen- und Jungenspielzeug nicht. Wir trieben uns im Tobel herum, bauten Hütten und spielten Ritter oder Indianer. Ob männlich oder weiblich war schlicht nicht relevant. Klar, ich war auch gern mal Prinzessin und frisierte auch schon mal die Freundin, doch mit typischen «Mädchenspielen» hatten wir Mädchen wenig am Hut. Wenn ich aber zurückdenke, waren wir doch einfach gleich wie die Jungs. Wir spielten Jungenrollen und hatten kein eigenes, weibliches Bewusstsein – und das nervt mich nachträglich doch etwas.
Schauen wir also gemeinsam weiterhin gut hin, was uns an Klischees oder Rühmenswertem so serviert wird!
Ihre Sarah
Wer kennt nicht die Ritter, die Cowboys und die Handwerker von Lego? Der dänische Spielwarenriese tat sich im Laufe der Jahre ja nicht gerade mit modernen «Frauenfiguren» hervor. Und wenn es denn mal Frauen im Lego-Sortiment gab, waren diese klischeehaft und wirkten oft dümmlich. Eine Siebenjährige trug Lego auf: «Ich will, dass ihr mehr Lego-Mädchen macht und sie Abenteuer erleben und Spass haben lässt . Okay!?» Mit Erfolg!
Sarah Forrer
Der Brief
einer Siebenjährigen an den Spielzeughersteller öffnete den Verantwortlichen
kürzlich die Augen. Charlotte Benjamin schrieb nämlich an Lego in krakeliger
Mädchenschrift, dass die weiblichen Lego-Figuren langweilig seien, während man
mit den männlichen spannende Abenteuer bestreiten könne. «Warum ist das so?»,
soll Charlotte gefragt und damit den Nerv der Verantwortlichen getroffen haben.
Tatsächlich fand man im Lego-Sortiment bisher sehr wenig Frauen – und wenn,
dann nur Frauen die shoppen oder sich frisieren und ähnlich.
Doch nun
folgt endlich die Antwort: Ein neues dreiteiliges Set mit Wissenschaftlerinnen
kommt demnächst auf den Markt. Im neuen «Forschungsinstitut» - einem dreiteiligen Forschungsset - sind eine
Paläontologin mit einem Dinosaurierskelett, eine Astronomin mit Teleskop und
eine Chemikerin im Labor zu finden. Entworfen hat sie die Geochemikerin Dr.
Ellen Kooijman aus Stockholm. Sie habe die Vorschläge nach ihrem eigenen
Vorbild bei «Lego Ideas» schon vor einer ganzen Weile eingereicht und habe nicht unbedingt mit grossem Zuspruch gerechnet – jedenfalls bis zum Brief von Charlotte nicht.
«Lego Ideas»
ist eine Online-Plattform, auf der die Fans ihre Entwürfe für neue Spielfiguren
einbringen können, die schliesslich von einer Jury bewertet und bestenfalls
sogar umgesetzt werden. Über 10‘000 Unterstützerinnen und Unterstützer prüfen die
eingebrachten Ideen und lassen sie der Jury zukommen, die sie dann weiterverfolgt. Nur ein Set wird übrigens pro Jahreszeit aus den Fan-Eingaben realisiert. Für einmal also haben die Frauen gewonnen.
Wieso aber hat Lego nicht vor Charlottes Brief schon an die
Mädchen gedacht und eigene Ideen realisiert? Martina Augenstein von Lego Deutschland soll gegenüber der
«Welt» auf diese Frage geantwortet haben, dass das Spielen mit Legos während
Jahrzehnten vor allem für die Jungs interessant gewesen sei. Mit zunehmendem
Interesse der Mädchen, achte man seit ein paar Jahren aber darauf, mehr weibliche Figuren in die
Sets zu integrieren. Frauen- und Mädchenfiguren leider, die in der heutigen Zeit keinen Platz mehr haben, so sie denn alleine für die Frauen stehen. Doch die drei
Forscherinnen sind immerhin ein Anfang. Ein Anfang, dem aber weitere spannende Sets,
am besten mit männlicher UND weiblicher Besetzung, folgen müssen.
So kamen die
Entwürfe Ellen Kooijmans übrigens mithilfe eines Online-Programms zu Lego: Link
Die Entwürfe werden mit einer speziellen Software direkt am PC realisiert und dem Publikum zur Bewertung vorgelegt. Ideen, die mehr als 10‘000 Likes erhalten, werden einem
Prüfungsausschuss vorgelegt, dessen Urteil letztlich entscheidet, ob und wie ein Projekt verwirklicht werden könnte.
Die Forscherinnen kommen demnächst in die Regale. Kaufen wir sie auch, damit sie Erfolg haben. Erfreuen wir unsere legoangefressenen Nichten, Töchter, Enkelinnen und Patentöchterchen mit diesen sinnvollen und spannenden Frauenfiguren.
Und welche Frauenfiguren
wünschen Sie sich noch im Sortiment? Den Forscherinnen müssen weitere moderne weibliche Persönlichkeiten folgen.
Haben Sie eine eigene Idee, dann versuchen Sie ihr Glück doch einfach auch
einmal und reichen Sie Ihren Vorschlag online bei Lego ein!