„Madama Butterfly“

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Angela Fout fühlt sich wohl in St.Gallen.
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Elke Baliarda schreibt für ostschweizerinnen.ch zu Kultur und Gesellschaft.

Nächste Vorstellungen „Madama Butterfly“ Do. 18 Nov. um 19.30 Uhr, Do. 2.Dez. um 19.30 Uhr im Theater St. Gallen.

„Madama Butterfly“, eine der berühmtesten Opern aus der Feder Giacomo Puccinis. handelt vom Schicksal der japanischen Geisha Cio-Cio-San, die den amerikanischen Marineleutnant Pinkerton geheiratet hat. Was sie als Liebesheirat auffasst, ist für ihn nicht hat mehr als eine unverbindliche, wieder aufkündbare Ehe auf Zeit. Derzeit steht die Oper auf dem Spielplan des Theaters St. Gallen. Die Butterfly verkörpert Angela Fout. Ostschweizerinnen sprach mit der amerikanischen Sängerin.

 

Elke Baliarda

14:11:2010

 

Frau Fout, seit wann singen Sie in St.Gallen?

2006 habe ich mit meiner Arbeit am Theater St.Gallen begonnen. Ich bin von New York City hierher gezogen. Sehr schnell habe ich mich hier zuhause gefühlt. Ich lernte meinen Ehemann, den Bühnenbilder Peter Nolle kennen, gleich während meiner ersten Produktion, bei Mozarts „Don Giovanni“. Wir haben zusammen unser Leben in St.Gallen aufgebaut und im Juli 2009 in Heidelberg geheiratet. Sowohl persönlich als auch beruflich bin ich sehr dankbar dafür, dass ich mehrere Spielzeiten in der Schweiz bleiben durfte. Ich habe hier ungeheuer viele Erfahrungen sammeln können, über ein dutzend neue Rollen gelernt und gespielt. Diese Spielzeit singe ich die Titelrolle der „Madama Butterfly“ sowie bei etwa der Hälfte der Vorstellungen eine meiner Lieblingsrollen, die Rosalinde in „Die Fledermaus“.

 

Wie empfinden Sie als Amerikanerin das Theater St.Gallen und sein Umfeld?

Mit einem Wort, auf Englisch: kind. Es war damals ganz schön Furcht einflössend, mein Appartement in Manhatten aufzulösen, mein Hab und Gut zu verkaufen und nach Europa zu gehen – nur mit den Sachen, die ich tragen konnte. Meine Familie lebt in Baltimore und die vermisse ich sie sehr. Es war eine Überwindung, alle Vertrauten zurückzulassen und den atlantischen Ozean zwischen uns zu wissen.

Wenn man aber als Künstlerin sein möchte, ist es notwendig, beides zu erkunden, die Sprache und die Kultur. Als ich nach St.Gallen kam, hatte ich nur drei Koffer mit meinen Habseligkeiten, kannte niemanden und sprach kein deutsch. Da war nur meine Stelle am Theater und vor mir lag ein grosses Abenteuer. Inzwischen habe ich wundervolle Freunde, einen liebevollen Ehemann und einen sehr niedlichen Hund! Ich empfinde grosse Dankbarkeit gegenüber den St. Gallern. Alle waren so hilfsbereit und haben mich unterstützt, mich in meinem neuen Leben in Europa zu Recht zu finden. Und nun, vier Jahre später, fühle ich mich hier vollkommen zuhause.

 

Und wie empfinden Sie die Ostschweiz im Gegensatz zu New York City?

Es ist sicher kein Geheimnis, dass New York City ungeheuer viel zu bieten hat, sowohl kulturell als auch von den Menschen her. Ein New Yorker lebt ein geschäftiges Leben und hat einen übervollen Terminkalender. Das ist aufregend und elektrisierend. Die Ostschweiz bietet dagegen ein wunderschönes und ruhiges Leben. Die Geschwindigkeit ist gedrosselter und ein hoher Lebensstandard steht in jeder Beziehung im Vordergrund. Ich habe gerne im „Big Apple“ gelebt aber nach zehn Jahren in New York war ich auch erschöpft. Ich war so damit beschäftigt, von Termin zu Termin zu hetzen und habe mir nicht die Zeit genommen um anzuhalten und einfach mein Leben und meine Umgebung zu geniessen. Das ist etwas, das ich erst in der Schweiz gelernt habe. Ich habe gelernt langsamer zu treten, tief durchzuatmen, zu entspannen und die Schönheiten in meinem Leben zu geniessen. Durch mein Leben hier bin ich ausgeglichener geworden.

 

Verkörpern Sie „Madama Butterfly“ zu ersten Mal? Ist das eine Ihrer Traumrollen? Ist es eine schwierige Partie, Warum?

Ja, es ist meine erste „Butterfly“. eine wirklich unglaubliche Rolle. Als ich seinerzeit mit dem Singen begonnen hatte, war ich eine Koloratursopranistin und dachte nicht daran, dass die „Butterfly“ eine Rolle für mich sein könnte. Doch durch mein Stimmtraining ist meine Stimme allmählich immer stärker und dunkler geworden und ich bin so glücklich, dass ich heute sagen kann, es passt einfach perfekt. Ich erinnere mich daran, wie ich zum ersten Mal „Madama Butterfly“ gesehen habe. Ich war 19 Jahre alt und hatte ein Vorsingen an der Juillad School in New York, wo ich danach die folgenden sieben Jahre Unterricht bekam. Nach meinem Vorsingen ging ich zum ersten Mal in die Metropolitan Opera und hörte die grosse Diane Soviere die Titelrolle singen. Sie war unvergesslich. Zu dieser Zeit konnte ich mir nicht vorstellen, dass meine Stimme eines Tages fähig sein würde, diese ungemein schwierige Partie zu singen. Viele Jahre später bin ich hier und habe meine Chance bekommen

Die Rolle der Butterfly ist sehr anspruchsvoll und ungeheuer aufregend, sowohl für die Sängerin als auch für die Schauspielerin. Es ist eine lange Rolle, die keine Pausen erlaubt, daher benötigt sie stimmlich wie emotional ein grosses Durchhaltevermögen. Es ist eine Partitur voller extremer Gefühle und es kann ganz leicht passieren, dass diese grossen Gefühle direkt in die Stimme übergehen. Die Schauspielerin möchte schreien vor Ärger oder heulen vor Schmerz. Aber die Kehle muss ruhig bleiben, um singen zu können. Diese grossen Gefühle müssen aufrichtig sein, aber die Stimme, das Instrument, muss immer stabil bleiben und frei von Anspannung.

 

Bitte erzählen Sie kurz etwas über die Produktion, Dirigent und Regisseur der Puccini Oper!

Wir alle sind wirklich stolz auf diese Produktion. Sie beinhaltet traditionelle Elemente und einige neue und zeitgenössische Ideen. Der erste Akt zeigt, wie die Amerikaner das Japanische Leben sehen und die zweite Hälfte umgekehrt wie die Japaner das Amerikanische Leben betrachten. Die Grundlage dieser Butterfly ist sehr einfach, daher kann die Geschichte so intensiv werden, dass man beim Zuschauen fast vergisst, dass es sich um eine Oper handelt. Aron Stihl (bravo!) unser Regisseur hat da etwas sehr Starkes und Bewegendes gebaut und wir sind alle sehr stolz darauf, ein Teil davon zu sein.

Er hat jeden Augenblick zum Leben erweckt und mich in einer Tour überrascht. Die Szenen zwischen Butterfly und Suzuki (Katja Starke)  verfolgen mich immer noch. Sie sind schmerzhaft und wundervoll zu gleich. David Stern, unser Dirigent arbeitete Hand in Hand mit dem Regisseur. Daher entsteht die Musik ganz organisch aus der Regie. Stihl und Stern sind ein grossartiges Team, das auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet.

Maestro Stern erarbeitete mit mir jede kleine Nuance dieser Partitur, und machte so meine erste Butterfly nicht nur zu einem Erfolg sondern auch zu einem grossen Vergnügen als Darstellerin und als Sängerin. Die Besetzung ist grossartig. Genauso grossartig wie das Ergebnis, war der Weg dorthin und das ist ein seltenes Geschenk.

 

Haben Sie noch weitere Puccini-Partien verkörpert? Welche?

„Ja ich habe in Turandot die Liu gesungen und zweimal die Mimi in La Boheme. Butterfly ist meine grösste Puccinirolle, und die dankbarste zugleich. Als nächste Partie, aus der Feder des wunderbaren Komponisten, steht die Titelrolle in Manon Lescout auf meiner Wunschliste“.


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