Weitere Infos zum Advent in den Dezember-Artikeln von Astrologie anders 2009 und 2008 sowie im Archiv.
Der Name Dezember kommt vom lateinischen Wort decem = zehn. Er war der zehnte Monat im alten römischen Kalender und erinnert daran, dass das Jahr einst mit dem Frühlingsbeginn im Monat März anfing. Ob das ursprüngliche römische Kalenderjahr nur zehn Monate umfasste oder doch zwölf, darüber ist sich die Forschung nicht einig. Ich möchte hier lieber anderen Gedanken Raum geben, um diesen einzigartigen Monat zu ehren.
Patricia Ertl
22:11:2013
Die alte Adventszeit begann am 25. November, vier Wochen vor Weihnachten, ursprünglich wohl mit Eintritt der Sonne in das astrologische Zeichen Schütze. Es ist ein Feuerzeichen, das uns wie eine Fackel den Weg durch die Dunkelheit leuchtet und letztlich hinführen will zum grossen Licht, das allem Leben innewohnt. Gewidmet ist diese Zeitspanne dem Leuchten in uns; wegweisend will es uns das grosse Ziel aufzeigen, um das es in Wirklichkeit geht. Gefunden werden kann es nur in uns drinnen.
Während der März den Neubeginn des äusseren Lebens darstellt, ist die Wintersonnenwende im Dezember die Geburt des inneren Lebens aus der Kraft der spirituellen Welt, aus dem Licht aus der inneren Quelle, die für das äussere Auge unsichtbar ist. So feiern wir auch heute noch das Fest der heiligen Geburt in der Geweihten Nacht und das Neujahr beginnt aus der Mitte der Nacht, der Tiefe der Dunkelheit, dem magischen Schoss der Grossen himmlischen und irdischen Mutter. Weihnacht ist die Botschaft, dass alles Leben aus der kosmischen Nacht und dem Licht des Geistes geboren wird.
Mit äusseren Symbolen und Kerzenlichtern können wir uns an diese Wahrheiten erinnern. Der Adventskranz erinnert uns Jahr für Jahr an den zyklischen Verlauf der Zeit und an das mythische Rad des Lebens, so wie es auch im Horoskopkreis abgebildet wird, mit den vier Kardinalpunkten des Sonnenjahres. „Panta Rhei“ – Alles fliesst, alles verändert sich und nimmt seinen Lauf gemäss den kosmischen Gesetzmässigkeiten. Wir nähern uns jetzt dem tiefsten Punkt des Jahres, dem Wendepunkt des Sonnenlichts. Früher war der Dezember eine dunkle Zeit. Als noch kein elektrisches Licht die Nächte zum Tag machte, konnte man die Sterne noch sehen, die Milchstrasse, die grossen Konstellationen des Winters, z.B. das mächtige Sechseck mit Sirius, Prokyon, Kastor und Pollux, Capella, Aldebaran und Rigel, eine wunderbare Figur, die zurzeit die ganze Nacht hoch über den Himmel wandert.
Mond und Sterne waren die natürlichen Lichter der Nacht, die manchen Reisenden zu Lande und auf See den Weg beleuchteten und die lebenswichtige Orientierung gaben, damit sie schliesslich sicher an ihr Ziel fanden. Was im Aussen Anwendung fand, gilt auch fürs Innere: über Jahrtausende halfen die Sterne uns Menschen, den irdischen Weg zu finden in unserem Leben. Sowie die „heiligen drei Könige“ von den Sternen zu ihrem Ziel geführt wurden, so schenkt uns die Astrologie mit dem persönlichen Horoskop, dem Abbild des Sternenhimmels bei unserer Geburt, eine Wiegengabe des Himmels für unsere Erdenreise.
Die drei Magier (Sternenkundige, Astrologen) aus dem Morgenland können auch als vermännlichtes Symbol der einstigen dreifaltigen Göttin gesehen werden, die von der patriarchalen Kirche in den Untergrund (unter unserem Tagesbewusstsein), das heisst mit Gewalt in die „Hölle“ verbannt wurde (von wo sie uns als Frau Holle und andere Märchengestalten in der Kindheit wieder grüsste). Um dieser einseitig männlichen Weltsicht entgegenzuwirken, war es mein Bestreben, in diesem Jahr die Monate einmal aus anderer Sicht zu betrachten. In diesem Sinne möchte ich auch den Dezember ins Licht einer weiblichen Figur stellen, die wunderbar den Energien und Symbolen dieser Zeit entspricht.
Eine göttlich-weibliche Entsprechung für die Kraft dieses inneren Feuers finden wir in Vesta, der römischen Göttin des heiligen Herdfeuers, und ihrer griechischen Entsprechung Hestia („Herd“). Gemäss www.novaroma.org war der Monat Dezember der Vesta heilig. Die Vestalia, ihr grosses Fest vom 9. bis 15. Juni, fand am gegenüberliegenden Pol des Jahres statt, in der Zeit der grössten Helligkeit. Somit waren beide Seiten miteinander verbunden. Vesta war die Schutzgöttin des römischen Staates. In ihrem Heiligtum, auf dem Forum Romanum, dem einzig runden Tempel in Rom, brannte ein „ewiges Feuer“, das von ihren Priesterinnen, den Vestalinnen, gehütet wurde. Es war das Zentrum des Reiches, der Nabel der Welt, die feurige Quelle des Lebens. Ausser dem Pontifex Maximus durften Männer diesen Tempel nicht betreten. Vesta/Hestia war die einzige Göttin, die sich ihre Jungfräulichkeit gegenüber den patriarchalen Göttern bewahren konnte. Kulturhistorisch betrachtet bedeutet das, sie wurde nicht so unterdrückt und vereinnahmt wie die anderen Göttingestalten. Bei Hestia scheint es sich also um eine sehr ursprüngliche Göttin zu handeln, deren Kult im weltweit sich ausbreitenden Patriarchat noch lange relativ unabhängig blieb. Ihr Feuer wurde erst im Jahr 392 durch Kaiser Theodosius gelöscht, der alle heidnischen Kulte verbot.
Vesta und Hestia erinnern uns Frauen an die Kraft des Lebensfeuers, das in uns allen lodert. Seit Urzeiten waren es die Frauen, die das Feuer in der Mitte des Lagers und später die Herdglut im Zentrum des Hauses entfacht und gehütet haben. Das Herdfeuer, lateinisch „focus“, war der Brennpunkt des Lebens in jeder Gemeinschaft. Im Kult der Vesta waren es die Vestalinnen, ihre Priesterinnen, die dafür sorgten, dass ihr Feuer im Tempel ewig brannte. An jedem Neujahrstag wurde es rituell frisch entfacht. So durften auch in jedem Hausaltar die heiligen Feuer nie erlöschen. Eine kleine Erinnerung daran sind die Kerzen der „ewigen Anbetung“ in manchen Klöstern, die von den Nonnen sorgfältig gehütet werden. Seit jeher waren es die Frauen in der menschlichen Kultur, die mit Feuer das Heim für die Gemeinschaft wärmten und die Speisen für die Familie kochten. Feuer ist das Element, das Licht und Wärme spendet. Auch die Hitze der Sexualität. Es sorgt für Transformation. Es wurde von den Priesterinnen erzeugt durch Reibung zweier Holzstäbe. Bevor das Streichholz erfunden wurde, war es lebenswichtig, die Glut in einem Becken zu bewahren und bei Bedarf zu transportieren an neue Orte. In der Kohleglut zeigen sich klar und deutlich die drei Farben der Göttin: schwarz die Kohle, rot die Glut, weiss die Asche. Die Feuerschale, die noch heute in Indien bei Ritualen verwendet wird, war auch ein Symbol für den weiblichen Schoss mit der Hitze seiner Transformationsmacht, aus welcher alles Leben entspringt und wieder zurückkehrt.
Platon deutete Hestias Namen als „wahrhaftes Sein“, als die Essenz der Wirklichkeit, deren Macht nicht im sichtbaren Raum wurzelte. Tatsächlich gibt es nicht viele Abbildungen und Statuen dieser Göttin. Ihre Präsenz war täglich an erster Stelle, ihr galten die ersten Opfergaben bei jedem Ritual, sogar noch vor dem höchsten Zeus. In der Kosmologie der Pythagoräer war Hestia das unsichtbare Zentralfeuer, um welches Sonne und Planeten kreisten. Astrologisch übersetzt ist dies die Mitte des Horoskopes, dort wo in jedem Tipi die Feuerstelle ist. Hier im Zentrum ist der Ort der Einheit und des SEINS. Feuer ist der Ursprung aller Lebenskraft im Zentrum des Kreises und Lebensrades.
Hestia wurde kaum je in Bildnissen oder Statuen dargestellt, weil sie eine Kraft ist, die gestaltlos alles durchdringt und überall präsent ist. Sie ist die Glut selbst, das geistige Feuer, das unser Blut durchpulst, es rot zum Leuchten bringt und unsere Körper mit Wärme füllt. Sie ist die Lebensenergie unserer Existenz. Ihre Liebeskraft strömt in jede Zelle wie das flüssige Feuer des Blutes, in jedem Moment unseres Seins. Es ist heilsam, uns diese Tatsache wieder bewusst zu machen und unsere Aufmerksamkeit darauf zu „fokussieren“. Das beeinflusst augenblicklich unser Energiesystem. Mit einem dergestalt veränderten Bewusstsein können wir zu unserem Heil, Ganzheit und Gesundheit zurückfinden, im Kleinen wie im Grossen. So wie die Feuerkraft das Innere des Planeten Erde erfüllt, so tut sie das auch in uns. Erst in der dualistischen Philosophie und Astrologie des Patriarchats wurde das Element Feuer als männlich definiert und von der Weiblichkeit abgespalten (wie es heute noch gelehrt wird!). Fortan war der Umgang mit dem Feuer „Männersache“ (zu beobachten bei jedem Picnic mit Lagerfeuer im Wald). Die Zeit ist reif, dass wir Frauen uns an unsere Ursprünge erinnern und die Kraft unserer ganzen Natur wieder zurückholen!
Gemäss Barbara Walker ist Herd eine andere Bezeichnung für Erde. Hestia/Vesta können wir daher auch als Erdmuttergöttin verstehen, als die Grosse göttliche Jungfrau, die uns noch im astrologischen Jungfrau-Zeichen erhalten blieb, aber leider durch die patriarchale Verzerrung bis zur Unkenntlichkeit entstellt und gedemütigt wurde. So wie Aschenputtel im Märchen, die unerkannt als unbezahltes Dienstmädchen die Putzarbeiten des häuslichen Alltags verrichten muss (tönt das irgendwie bekannt?...), bevor sie zu guter Letzt wieder als die ursprüngliche Königin rehabilitiert wird. Möge es der Jungfrau überall auf der Erde auch so gehen, ob sie nun verheiratet sei oder nicht. Was die astrologische Jungfrau betrifft, versuche ich meinen Teil dazu beizutragen (mehr dazu in den Jungfrau-Artikeln von Astrologie anders in der Rubrik Wohlbefinden 2009/2008).
Vesta/Hestia schenkte Wohlergehen für Einzelne, Familien und den ganzen Staat. So wurde sie auch als Göttin Salus dargestellt (lateinisch „Heil, Rettung, Gesundheit“, daher Wörter wie Salute, Salutogenese etc), und als solche, wie die Göttin Hygieia, mit Schale und Schlange dargestellt (das Motiv findet sich häufig, z.B. in der Sage von Karl dem Grossen und der Wasserkirche Zürich, abgebildet auf einer Schweizer Briefmarke). Die Schlange wurde später vom Äskulap des Patriarchats geklaut und steht seither im Logo der Apotheken und Ärzte. Aber das ist eine andere Geschichte. Hestia war auch die Göttin der Müller und Bäcker. Sie wird oft mit einem Esel dargestellt, der sie mit seinem lauten Geschrei vor männlichen Bedrängern gewarnt haben soll und der wohl auch den runden Mahlstein über das Getreide gezogen hat. Das hohe Alter des Vestakultes wird auch in Verbindung gebracht mit der Gründung der Stadt Rom. So soll die Mutter der Zwillinge Romulus und Remus eine Vestalin namens Rhea Silvia gewesen sein. In diesem Namen steckt jedoch die noch viel ältere Göttin Rhea, die Tochter der uralten griechischen Erdmutter Gaia. Von daher verstehe ich Vesta/Hestia auch als das Feuer im Innern der Erde, die Lebensglut im Zentrum der „Urkugel“. Analog dazu naturgemäss auch in uns allen, die wir alle „kleine Erden“ sind und Teil dieses mächtigen Körpers und Energiesystems: „wie im grossen, so im kleinen“!
Über die dreifaltige Göttin und ihre Rolle im Stall zu Bethlehem habe ich in meinen Weihnachtsartikeln (OCH 2009 und 2008) ausführlich hingewiesen. Jedenfalls muss Vesta auch bei Jesu’ Krippe gewesen sein, denn ihr Esel war bezeugtermassen dort, wie alle kirchlichen Darstellungen zeigen. Er bekam sogar einen Platz am Himmel, zusammen mit Stall und Krippe, und zwar genau im Zentrum des Sternbildes Krebs (ein Zeichen der Gottesmutter Maria, für die Babylonier das Tor der Wiedergeburt), exakt auf der Ekliptik, beim Sternenhaufen Praesepe (lateinisch „Krippe, Stall“). Diese Sterne sind an Weihnachten hoch am Himmel zu sehen, gleich links neben dem grossen Wintersechseck. In der patriarchalen Göttermythologie wird der Esel zwar als Reittier des Dionysos ausgegeben. Doch in Wahrheit hatte Dionysos die Hestia aus dem Kreis der zwölf olympischen Götter gedrängt und sich dabei wohl gleich ihren Esel geklaut. Auch hier lohnt es sich also zu fragen: was war vorher?...
Vielleicht haben die sechs Sterne des Wintersechseckes ja einen Zusammenhang mit den sechs Vestalinnen, den Priesterinnen der Vesta. Denn wer weiss, was uns die patriarchale Geschichtsschreibung noch alles verheimlicht und was wir noch alles ent-decken werden!
„Fang bei Hestia an!“ war eine griechische Redewendung, die besagte, man solle eine Geschichte von Anfang an berichten und die Dinge von ihrem Ursprung her angehen. Und auch die Gebete bei Opferritualen sollten immer in ihrem Namen beginnen. Nun, am Ende dieses Zyklus über die Ursprünge der Monatsnamen, komme ich gerne auf diesen Zuspruch im Namen der Hestia zurück. Mein Anliegen war, die Anfänge der Geschichten unserer zwölf Monate in kürze zu beleuchten. Naturgemäss gäbe es zu den Monaten, die ja aus dem Umlauf des Mondes um die Erde entstanden sind, noch sehr viel mehr zu sagen. Vielleicht komme ich zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf zurück, denn Zeit verläuft ja zyklisch, nicht linear. Es ist ganz generell das Bestreben von Astrologie anders, die Anfänge der Zeichen und Symbole zu erforschen und darüber zu berichten. In diesem Sinne fühle ich mich vom Feuer der Hestia begeistert und inspiriert. Sie wird mich zu immer weiteren spannenden Ent-deckungen führen, über die ich bei Gelegenheit gerne wieder schreiben werde. Allen Leserinnen der OCH wünsche ich die Glut des Hestiafeuers in diesem Winter und ein „Salute“ für das Neue Jahr! Möget ihr alle die Hüterinnen eures Herdfeuers sein, auf dass es ewig brenne!