Verborgene Schätze werden im Museum im Lagerhaus St. Gallen sichtbar gemacht

17:12:2014

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Jakob H.: "Freiheit. Und erlaube mir" 1894
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Luise B., Scherenschnitt 1910

«Auf der Seeseite der Kunst 175 Jahre Psychiatrische Klinik Münsterlingen»
Ausstellung bis 8. März 2015 in St. Gallen
Link
Öffnungszeiten:
Di bis Fr 14 – 18 Uhr, Sa/So/Feiertage 12 – 17 Uhr
Geschlossen: 24./25. und 31. Dezember und 1.Januar 2015.

Was hat es eigentlich mit der Seeseite auf sich? In der Umgangssprache der Bevölkerung im Thurgau war mit „Seeseite“ bis in die 1980ger Jahre hinein die unmittelbar am Bodenseeufer gelegen Irren- oder Heil- und Pflegeanstalt Münsterlingen gemeint. Während man das landseitig gelegene Kantonsspital Münsterlingen mit seinem offiziellen Namen nannte. Erst als dann die Institution in Psychiatrische Klinik unbenannt wurde, baulich vollkommen erneuert und in vielerlei Hinsicht geöffnet wurde, verschwand die Bezeichnung „Seeseite“ mit der Zeit.    

2015 feiern die Psychiatrischen Dienste Thurgau (früher Psychiatrische Klinik Münsterlingen) das 175-jährige Bestehen. Aus diesem Anlass veranstalten sie zusammen mit dem Staatsarchiv des Kantons Thurgau in Frauenfeld und dem Museum im Lagerhaus St. Gallen eine Ausstellung mit historischen Arbeiten von Patientinnen und Patienten aus Münsterlingen. Dauer bis zum 8. März 2015 im Museum im Lagerhaus an der Davidstrasse 44 in St. Gallen.

 

Elke Baliarda

 

Zu diesem Kunst-Ereignis ist ein informativer Begleit-Katalog erschienen. Die Ausstellungs-Macher lenken nicht, wie sonst üblich, das Augenmerk auf die Verwaltungsgeschichte, sondern auf die Kunst der Klinik Münsterlingen.

Bewahren besonderer Kulturgüter

Die Ergebnisse des SNF-Forschungsprojektes „Bewahren besonderer Kulturgüter“ bilden die Basis zur Sammlung Münsterlingen, die im Staatsarchiv Thurgau aufbewahrt wird. In den Krankenakten von 16 Patientinnen und Patienten fanden sich gesamthaft 249 Zeichnungen, die zwischen 1894 und 1960 entstanden sind. 100 Exponate werden nun zum ersten Mal ausgestellt. Vor allem die beiden Psychiater Hermann Rorschach (1909 – 1913) als Assistenzarzt und Roland Koch (1939 – 1980) als Oberarzt und späterer Direktor in Münsterlingen, legten Zeichnungen beiseite und ermutigten Patienten zu zeichnen. Ergänzt werden die Werke von 24 Patientenarbeiten aus dem Nachlass von Hermann Rorschach, Vater des bekannten Rorschach-Tests. Herman Rorschach war übrigens vom 1915 bis 1922 bis zu seinem frühen Tod Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik Herisau.  

InnenAnsichten

Ergänzend und vertiefend zu den historischen Arbeiten werden im Museum im Lagerhaus Berührungspunkte zwischen Kunst und Psychiatrie aufgezeigt. Den skurrilen-bunten Auftakt macht die ratternde „Kopfmaschine“ (2007), die von Jugendlichen der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Münsterlingen gebaut wurde. Es folgt eine kurze Einführung in die Entwicklung der Psychiatrie von der Irrenanstalt zur modernen Klinik. Demgegenüber wird der heutige Klinikalltag mit einer fotografischen „Spurensuche“ von Julia Mangisch dokumentiert. Das künstlerische Schaffen in Psychiatrien thematisieren Arbeiten von Schülerinnen und Schülern der Talentschule für Gestaltung St. Gallen, die sich mit den Personen hinter den Werken auseinandergesetzt haben. Darüber hinaus stellen zeitgenössische Kritzeleien aus einem Isolierzimmer die Frage nach Grenzen zwischen Kunst und Vandalismus. Weiter geht es mit dem Thema „Kunsttherapie“, das im Medium Film vorgestellt wird und im Verlauf der Ausstellung mit Arbeiten aus Workshops ergänzt wird. Und schliesslich widmet sich die Ausstellung den „Bildern des Unbewussten“, wie sie der Mensch in Träumen und Fantasien erschafft. Bilder aus der Sammlung, Cartoons, Beiträge aus Workshops und selbst gemachte Tintenklecksbilder zeigen mögliche Verbindungen zwischen inneren Bildern, Kreativität und persönlichem empfinden auf.

Zwischen Kunst und Psychiatrie

Die Ausstellung „InnenAnsichten“ vermittelt spielerisch und interaktiv Fragen rund um das Thema Kunst und Psychiatrie und gibt Klein und Gross, Jung und Alt die Gelegenheit, sich aktiv einzubringen.


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