Frischer Wind im Ausstellungsprogramm

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Bobby Moor, Ohne Titel, Farbfotografie auf Papier 28 x 19.5cm.
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Beate Stanislau (geb. 1942), Ohne Titel, undatiert, Acryl auf Papier, auf Pavatex aufgezogen, 160 x 100cm.

Begleitveranstaltungen

Sonntag 15. Mai um 11 Uhr Szenische Führung, um 14 Uhr Kunstplausch für Kinder: „Der Vogel schlüpft“. Mittwoch, 25 Mai 14.30 bis 16.30 Kinderkunst.

 

Sonntag, 29. Mai um 15 Uhr Kunst-Kaffee-Kuchen mit Diskussion.

 

Sonntag, 26. Juni um 11 Uhr Künstlergespräch mit Apero.

 

Führungen am  Die. 15.4., 24.5., 7.6., 28.6. jeweils 18 Uhr. So. 17.4., 1.5., 10.7. jeweils 11.Uhr.

 

Öffnungszeiten: Die bis Fr 14 bis 18 Uhr, Sa/So/Feiertage 12 bis 17 Uhr, Karfreitag geschlossen. Museum im Lagerhaus, Davidstrasse 44, St. Gallen, Tel. 071 223 58 57.

Ihr Atelier ist die Strasse und ihr Zuhause bisweilen auch. Jetzt haben ihre Arbeiten ein vorübergehendes gemeinsames Heim gefunden, nämlich im Museum im Lagerhaus in St. Gallen in Gestalt einer Ausstellung, die sich „Zuhause auf der Strasse“ nennt. Die Akteure sind Ahmed, Zürich, die St. Galler Jan-Piet Graf und Bobby Moor, Beate Stanislau und Nina Wild, beide Zürich.

 

Elke Baliarda

13:04:2011

 

Die Ausstellung ist Dank grossen Engagements seitens der Museumsleiterin Monika Jagfeld, verschiedener Hilfsorganisationen und zahlreicher Helferinnen und Helfern zustande gekommen  und präsentiert sich nun in beeindruckender Weise. Fotoportraits der St. Galler Fotografin Franziska Messner-Rast und Gemälde von James Holenweger ergänzen das Gesamtbild.

 

Mit welchen Mitteln und Materialien arbeiten diese fünf Kunstschaffenden? Was sind ihre Themen? Die Ausstellung, die bis zum 11. Juli dauert, geht diesen Fragen nach und zeigt die unterschiedlichen künstlerischen Positionen auf. Die Impulse der kreativen Tätigkeit sind individuell, wie auch die Lebenswege der Künstlerinnen und Künstler.

 

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Werk von Beate Stanislau, 1942 im Osten Berlins geboren. Sie begann ein Studium für bildende und angewandte Kunst, danach studierte sie Literatur. Veröffentlicht sind einzelne Prosastücke und zwei Bücher. Noch vor der Wende, sie lässt ihre Tochter in der DDR zurück, kommt sie 1989 nach Westdeutschland, später in die Schweiz.

 

Seit 1994 ist Beate Stanislau „wohnungslos und hier und da lebend“. Dennoch hat sie ein umfangreiches bildkünstlerisches wie literarisches Werk geschaffen. Eine Wohnung in Deutschland bot seinerzeit Raum für grossformatige Gemälde oder bemalte Objekte. Seit sie aber ausschliesslich auf der Strasse lebt und ihr bescheidenes Eigentum auf einem Handwagen mit sich führt, fallen die ganz grossen Formate weg. Glücklicherweise sind gleichwohl mehrere solcher Exemplare in der Ausstellung zu bewundern.

 

Heute unterwegs auf der Strasse zeichnet Beate Stanislau vorwiegend mit Filzstift auf Papier und schreibt lyrische Texte in deutscher und englischer Sprache. Die St. Galler Fotografin Franziska Messner-Rast hat die Künstlerin einen Tag lang in Zürich mit der Kamera begleitet. Die eindrucksvolle s/w Fotodokumentation wird ebenfalls in der Ausstellung gezeigt. Das gesamte Werk von Beate Stanislau lagert im Museum im Lagerhaus, so lange wie die Künstlerin möchte.

 

Nina Wild wohnt in der „Brot-Stube“, einem Haus der Sozialwerke Pfarrer Ernst Sieber. Sie wählt ihr Material aus Kleiderspenden und kreiert eine eigenwillige Mode, z.T. mit provokativen Aufschriften und Bildern. Kunst ist für sie „die Notwendigkeit etwas Beruhigendes zu tun, um nicht vom belastenden Obdachlosen-Dasein psychisch aufgerieben zu werden.“

Nina Wild fotografiert jede Unterkunft, in der sie lebt. Nüchtern zeigt sie Dinge, die ihr Leben ausmachen, das Wenige worauf sich das Dasein als Obdachlose beschränkt.

 

Ebenfalls in der „Brot-Stube“ lebt Ahmed. Hier malt er auf beschränktem Raum und gestaltet Figuren aus Papiermaché. Sein Werk widmet er ganz dem Rettungsgedanken.

Bilder wie „Pfarrer Sieber nähert sich mit einer Laterne in der Hand einem Paar auf einsamer Bank“ oder der „Pfuusbus“ (Schlafbus) dokumentieren dies. „Schlafbus“: Jeden Winter steht der mit Schlafkojen und einer Küche ausgebaute Sattelschlepper in Zürich bereit und bietet Notschlafstellen und Essen an.

 

Zwei St. Galler Künstler runden das Ausstellungsbild ab. Zum einen ist dies Jan-Piet Graf, der in den 90er Jahren in Amsterdam ein Kunststudium absolvierte. Seit einigen Jahren lebt er wieder in St. Gallen. Er sei ein Zeichner durch und durch, heisst es in seiner Vorstellung.

 

Wo er auch immer ist, trägt er Filzstifte und kleine Skizzenblöcke mit sich, in die er zeichnet und Erlebnisse notiert. Es ist ein intuitives Arbeiten, in dem sich Empfindungen ausdrücken. Damit erhält diese Kunst einen privaten Charakter. Bobby Moor beginnt 2007 während seines Klinkaufenthaltes in Will zu malen und find et dadurch eine neue Lebensperspektive. „Xaox Art“ ist sein Kunstname: Chaos-Kunst. Dabei ist seine Kunst keineswegs chaotisch.

 

Sein halbes Leben war die Szene, die Strasse sein Zuhause. Heute ist er mit der Handykamera unterwegs und experimentiert mit deren technischen Möglichkeiten.

 

Fazit:  Zwei Jahre hat Monika Jagfeld am Zustandekommen dieser Ausstellung gearbeitet. Und,es hat sich wirklich gelohnt. Seit gut drei Jahren besucht der junge Appenzeller Maler „Kuk“ alias Matthias Krucker aus Schwellbrunn die jeweiligen Vernissagen im Museum im Lagerhaus. Zur aktuellen Präsentation meint er: „Es weht ein neuer Wind in Sachen Ausstellungsprogramm.

 

Dadurch werden junge Künstler weiterhin motiviert, produktiv zu sein. Die Ausstellung scheint mir ein Hoffnungsschimmer für alle lebenden Künstlerinnen und Künstler, ihre  ildsprache wahrnehmen zu können. Die Ausstellung dauert bis 10. Juli 2011.


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