Weihnachten! Wer denkt da nicht an Lichterbaum und Guetzliduft, Familienfeier und Geschenke! Das christliche Fest der Geburt des göttlichen Sohnes. Vor uns die Krippe mit dem Jesuskind, Maria und Josef, Ochs und Esel, draussen die Hirten mit ihren Schafen und Ziegen, alle überstrahlt vom Glanz des Weihnachtssterns.
Patricia Ertl
28:11:2012
Wir alle haben Erinnerungen an dieses Fest aus unserer Kindheit. Und wir alle wissen auch, dass Weihnachten mittlerweile überschwemmt wird von den kommerziellen Interessen einer ganzen gewinnsüchtigen Industrie rund um Lichterglanz und Geschenkerummel. Statt Zeit der Besinnung und Einkehr wird die Weihnachtszeit oft geprägt von Stress und Hektik, und dies auf allen Ebenen… Doch lassen wir uns für einmal nicht ablenken vom Getriebe der „äusseren“ Weihnachten, sondern nehmen wir uns ein wenig kostbare Zeit, um den Ursprüngen dieser geweihten Nächte nachzugehen. Vielleicht finden wir sogar eine Spur der verlorenen Magie wieder, die uns einst in unseren Herzen berührte.
Als Astrologin sehe ich Weihnachten auch als die grosse Zeit der Wende im Jahreskreis. Die Sonne hat ihren tiefsten Punkt erreicht. Umso strahlender und höher am Himmel präsentieren sich Mond und Sterne. Doch vom 21.12. an beginnt die Sonne langsam wieder zu steigen. Ein neues Jahr wird geboren. So gesehen ist der eigentliche Weihnachtstag am kürzesten Tag des Jahres. Verschiedene Völker haben im Laufe der Geschichte an unterschiedlichen Daten dieses Fest der Erneuerung gefeiert. Durch die verschiedenen Kalenderreformen steht bei uns der 25. Dezember als Weihnachtstag im Kalender. Sinngemäss sind Wintersonnenwende, Weihnacht und Neujahr dieselbe Feier, nämlich die Geburt des neuen Sonnenjahres, die Wiederauferstehung des Lichtes aus der Dunkelheit. Die neue Öffnung des Herzchakras, zart und fein, wie eine Lotusblüte. So ist es wohl sinnvoll, die ganze Zeitspanne vom 21. Dezember bis zum 6. Januar als heiligen Zeitraum wahr-zu-nehmen und, so gut es uns möglich ist, auch als solchen zu durchleben.
Aus Frauensicht gäbe es nun viel zu sagen über das Fest der Geburt, über die Vernachlässigung der Maria im ganzen Geschehen und über die Strategien der Kirche zur Unterdrückung der ursprünglichen Bedeutung dieser heiligen Nacht. Einst hiess sie modranicht = „die Nacht der Mütter“, sie war der weiss-strahlenden Wintergöttin geweiht, welche von Haus zu Haus zog und den Menschen ihre Gaben und ihren Segen schenkte für das neue Jahr. Sie war die dreifaltige Göttin, deren Segenszeichen C+M+B (= die Namen der drei Beten Catharina, Margaretha und Barbara) noch heute manchenorts über den Türen zu sehen ist. Eine vielverwendete Methode der patriarchalen Religionen zur Vertuschung der Göttin war ihre Vermännlichung. In der Gestalt der „heiligen drei Könige“ sehen wir aber noch ihre Spuren und ihre Farben weiss, rot und schwarz. Mit detektivischem Blick lassen sich die Zeichen der Göttin auch heute noch finden, an so vielen Orten, wo sie oberflächlich betrachtet verschwunden scheint. So war sie auch die dreifaltige Schicksalsgöttin, die dem Jesuskind, so wie jedem Neugeborenen, sein „Schick-sal“ (= sein Horoskop) schickte und ihm seine Be-gab-ungen als heilige Gaben brachte.
Viel liesse sich auch sagen zur Himmelsgöttin, die auf dem Ziegenbock reitet, ihrem heiligen Tier. Über all die „Bocksgestalten“ in der Mythologie und ihre Bedeutung. Über das Füllhorn und den Lebensbaum. So war der Heilige Baum das Symbol der Göttin Aschera, der Mutter alles Lebendigen, im Alten Israel noch zu Jahwes Zeiten. Doch ich möchte meinen Beitrag begrenzen auf ein paar Gedanken aus astrologischer Sicht.
In der längsten Nacht tritt die Sonne in das Tierkreiszeichen des Steinbocks und seines Planeten Saturn. Gemeinhin werden damit eher triste Eigenschaften verbunden, es fühlt sich kalt und hart an, öde und karg. Insofern passt die Stimmung zu einem dunklen, trüben Wintertag, dessen Kälte uns hineintreibt in warme Stuben, hinein in helle Innenräume, wo wir die schützenden Hüllen für Körper und Herz ablegen können.
So wie jedes der zwölf Tierkreiszeichen kann auch das Zeichen des Steinbocks nur dann wirklich verstanden werden, wenn sein „Gegenpol“, das Mond-Zeichen Krebs, miteinbezogen wird. Die beiden Zeichen bilden im Grunde eine Einheit, die nicht getrennt werden darf. In der Symbol- und Bildersprache wird die Zusammengehörigkeit der einander gegenüberliegenden Zeichen immer wieder eindrücklich dargestellt. Der alte Name des Steinbockzeichens ist Ziegenfisch. Darin kommt bereits schön zum Ausdruck, dass der Ziegenbock aus dem wässrigen Element stammt, nämlich aus dem Krebs-Zeichen, welches ihm wörtlich im Tierkreis „zu Grunde liegt“. Äusserlich nehmen wir zwar nur den harten Steinbock war, aber innerlich finden wir die weiche Qualität des Wasser-Elements.
Das Wasserzeichen Krebs verbindet uns mit unseren Gefühlen und Erinnerungen, es sind die Inhalte unseres Seelen-Innern. Die Königin des Krebs-Zeichens ist Maria, die Meer-Mutter mit ihrer Mondsichel. Und im Sternbild des Krebses befindet sich der Sternhaufen Praesepe = die Krippe! Krebs ist das Zeichen von Mutter und Kind, es gehört genauso mit zu Weihnachten wie der Steinbock. Gerade dies ist eine Zeit, wo wir hineintauchen können in die Er-inn-erungen an unsere Kindheit. Wie war das denn damals? Wie habe ich als Kind die Weihnachtszeit erlebt? Konnte ich dort noch einen Zauber spüren, der mir im Erwachsenenleben verloren gegangen ist?....
Die gemütvollen Qualitäten des Krebs-Zeichens kommen zum Ausdruck in der Krippenszene: ein liebliches Bild, die Mutter mit dem Kind, voll Wärme und Fürsorge. Und in der Krippe liegt nicht nur das Jesuskind, da liegt auch mein eigenes „inneres Kind“, der Mond in meinem Horoskop, die Bedürfnisse meiner Seele, meine Wünsche, Träume, Verletzlichkeiten, all das Zarte meiner Seele, welches der mütterlichen Wärme bedarf. Und so wie die Krippe das Kind aufnimmt, so wie eine Schale das Wasser unseres Gefühlslebens in sich birgt, so ist es die Steinbock-Zeit des Jahres, die uns ein Gefäss bietet für das Innere unserer Seele. Der Winterpol des Jahres ist die Einladung zur Innen-kehr, um uns wieder an unsere Seele und ihre wirkliche Heimat zu er-innern.
Steinböcke sind Weihnachtskinder. Sie werden geboren aus dem Wasser des Krebses. Wasser ist das Element der Verbindung: Womit ist meine Seele verbunden? Wo gehöre ich dazu? Krebs ist das Zeichen, das uns gefühlsmässig mit anderen Menschen verbindet und uns die Frage stellt: Wo fühle ich mich mit meinen Gefühlen zu Hause? Bei wem fühle ich mich wirklich wohl und angenommen? Wo finde ich Geborgenheit, ohne dafür Leistung erbringen zu müssen? Wo werde ich in meinen Gefühlen verstanden? So ist Winterzeit Seelenzeit, um uns der Wichtigkeit dieser Fragen zu besinnen.
Im Gegensatz dazu entfalten sich im Sommerpol des Jahres alle Energien nach aussen. Wenn wir uns dort die Festigkeit und Zentriertheit des Erdzeichens Steinbock nicht bewahren, geraten wir in Gefahr, uns zu veräussern, zu verausgaben und zu verlieren in der Aussenwelt mit all ihren Arbeitsanforderungen und materiellen Sachzwängen. Das Bewusstsein unserer patriarchal-westlichen Kultur ist ganz allgemein stark „solar“ ausgerichtet, auf die Sonne bezogen, auf ein Ausstrahlen unserer Energien in die sichtbare Aussenwelt, auf deren Oberfläche wir aber schnell den Bezug zur Innenwelt der Seele verlieren können. Wir haben den Bezug zum Zentrum vergessen.
Die Natur und der zyklische Lauf des Jahres sorgen immer wieder für Ausgleich, sofern wir bereit sind, uns im Einklang mit diesen Rhythmen zu bewegen. Die Dunkelheit und Kälte der Winterzeit laden uns ein, uns wieder nach innen zu wenden, herein in die Wärme unseres Hauses, ins Licht der inneren Seelenwelt. Der Winter ist die Nacht des Jahres. Dunkle Zeit ist Traumzeit. In ihrer Qualität finden wir leichter Zugang zu den nichtphysischen, astralen Welten; wir können dies unbewusst schlafend tun oder in bewusster, wacher Innenkehr. In der dunklen Zeit geht es um die Wiederentdeckung des heiligen Innen-Raumes, der unsichtbaren geistigen Welten.
Über Jahrtausende wurde dieser magische Bezug symbolisiert durch den weiblichen Schoss und ihm nachgebildete heilige Höhlen, Tempel und Kirchen. Sie bilden den Leib der Göttin, den Raum des Lebens. Auch der Stall mit dem Kind ist so ein Bild. Es symbolisiert weiche, sanfte, liebevolle Qualitäten. Zu ihrem Schutz brauchen sie das feste Gefäss des Erdzeichens Steinbock. Finde ich Zugang zu beiden Qualitäten, zum weichen Innen und zur Schutz gebenden Grenze? Steinbock und Krebs zusammen bilden ein Gleichgewicht beider Pole.
Auch von den Krebstieren selber sagt man ja, sie hätten eine harte Schale und einen weichen Kern. Ein anderes Bild dafür ist eine Muschel, aussen hart, innen weich, und im Innersten manchmal eine kostbare Perle. Weiche Seele will geschützt werden vor Härte und Kälte. Kleines Licht braucht Schutz in der Dunkelheit. Verletzliche oder verletzte Gefühle brauchen Herberge. So ist das Element Wasser immer auf die Erde angewiesen, die ihm Halt und Grenzen gibt. Ein Fluss braucht ein Bett zum fliessen. Ohne Abgrenzung würde das Wasser sich ausbreiten, weite Landstriche überfluten oder versumpfen, und dabei seine Fliesskraft verlieren. So ist es auch mit dem Wasser unserer Emotionen, sie ufern aus, wenn sie nirgends Halt und Grenze finden. Wenn wir von unseren Gefühlen oder vom Mitgefühl für Andere total überschwemmt werden, können wir uns verlieren, genau wie das Wasser in einer sumpfigen Ebene.
Die natürliche Orientierung des Wassers fliesst gegen innen und unten, erdwärts. Schon von sich aus sucht das Wasserelement die Erde. Innenwendung im Sinne heilsamer Selbstfindung und Verbindung mit der eigenen Seelentiefe ist die natürliche Aufgabe unserer Gefühlsströmungen. Erde hilft uns dabei. So sind auch die Schneedecke und der Frost über dem Land in dieser Zeit ein Schutz für das Leben, das tief im Innern des Erdschosses seine Kraft regeneriert und langsam wieder herankeimt. In diesem Sinne unterstützt uns die Erdkraft des Steinbocks, uns auf die Substanz unseres Inneren zu be-sinnen und dadurch auch innere Festigkeit und Stärke zu entwickeln.
Umgekehrt ist die harte Erde auf die weiche Kraft des Wasserelementes angewiesen. Wasser befruchtet trockene Erde und löst Verhärtungen, bringt blockierte Energien wieder in Fluss. Menschen mit einseitig betonter Steinbockenergie tendieren zur Vernachlässigung oder Unterdrückung ihrer körperlichen und emotionalen Bedürfnisse. Ihre Fühl-Fähigkeiten verkümmern und sie werden hart, trocken und staubig. Wenn der Steinbock sein Gegenüber, den Krebs, nicht zur Kenntnis nimmt und ihn verdrängt, wenn nur noch rationale Argumente zählen, Arbeitsleistung und Effizienz, dann finden wir dort die sachlich-kühlen Bürokraten, die jede menschliche Regung in ihrer Seele schon im Keim ersticken. Nur keine unvernünftigen Gefühle! Nur keine Sentimentalitäten! An diesem Punkt funktioniert der Steinbock nur noch sach- und zweck- und nutzorientiert. Dadurch wird er unmenschlich. Sein ausgetrockneter „Realismus“ misst die Welt dann nur noch mit Zahlen und Fakten, ohne die Macht der menschlichen Gefühlswelten als ebensolche Realität anzuerkennen.
Solche Menschen veröden innerlich, sie leisten zwar äusserlich noch ihr Pensum, erreichen mitunter auch ihre hohen Karriere- oder Machtziele, aber ihre Seele trocknet aus, ihre Gefühlsquellen versiegen, ihre Beziehungen sterben ab. Steinbock ohne Krebs gibt sich unberührt und cool. Hart und schweigend wie ein Fels will er sich nicht be-ein-flussen lassen von irrationalen Emotionen. Er konzentriert sich ganz auf seine Arbeitsziele und vergisst darob andere wichtige Bedürfnisse. Mitmenschliche Beziehungen sind für ihn dann nicht mehr relevant. Für Geld, Karriere und Status opfert er sein Familienleben, realisiert das aber oft erst dann, wenn die Beziehungen schon zerbrochen sind. Erst dann wird ihnen bewusst, in welche Einsamkeit und Isolation sie sich gebracht haben. Ihre Gefühle und die feinen inneren Regungen haben sie schon lange nicht mehr beachtet, alle Signale blind übersehen. Und stehen am Schluss alleine da.
Einsamkeit in der Weihnachtszeit ist ein Thema für beide Zeichen. Wenn Krebs die innere Standfestigkeit des positiv entwickelten Steinbocks nicht integriert hat, hat er panische Angst vor dem Alleinsein. Dann fühlt er sich kindlich hilflos und macht sich gern abhängig von scheinbar Schutz gebenden Figuren. Umgekehrt hat Steinbock ohne integrierten Krebs Angst vor Bindungen und Gefühlen. Beide brauchen einander. Krebs kann vom Steinbock mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung lernen; und Steinbock vom Krebs das Hören auf Gefühle und einfühlsames Zugehen auf seine Mitmenschen. Gemeinsam finden sie das Gleichgewicht zwischen den Polen.
Das Weihnachtsbild führt uns vor Augen, wie beide Qualitäten zusammenspielen, wenn wir für die Bedürfnisse des inneren Kindes empfänglich werden und ihm sowohl mütterliche Fürsorge wie auch den nötigen Schutz geben können. Astrologisch gesprochen ist dies auch das Zusammenspiel der Planeten Saturn und Mond, der sogenannten „Herrscher“ der Zeichen Steinbock und Krebs. Wenn Erde und Wasser zusammenspannen, können sie sich im besten Sinne befruchtend ergänzen. Für das menschliche Dasein brauchen sie einander unabdingbar. Wenn sie ins Extrem geraten, entsteht entweder Wüste oder Meer. Beides sind Regionen, wo menschliches Leben nicht möglich ist. Wenn wir die Wüste durchqueren wollen, brauchen wir dafür zwingend genügend Wasservorrat. Um über das Meer zu gelangen, sind wir auf die Festigkeit eines Schiffes angewiesen. Die Elemente Erde und Wasser wurden seit Jahrtausenden von den Menschen als zusammengehörige Kräfte kultisch geehrt, davon zeugen z.B. die heiligen Schalensteine aus uralter Zeit.
Ganzheitliche Verbindung beider Qualitäten ergibt Steinbock-Menschen, die sowohl ihre eigenen Gefühle wie auch die der Mitmenschen ernst nehmen. Sie pflegen die für ihre Seele wichtigen Beziehungen und grenzen sich ab gegenüber schädlichen Einflüssen. Sie stehen aufrecht und fest wie ein Baum, in dem die Säfte zwischen oben und unten im Fluss sind. Sie stehen zu sich selbst und gehen ihren individuellen Weg. Für ihre Entscheide übernehmen sie Verantwortung, ohne dabei zu verhärten. Sie bleiben ihrer Seele treu und bringen so ihre Integrität zum Tragen. Gerade dadurch haben sie die Fähigkeit, auch mal alleine dazustehen und Zeiten der Einsamkeit zu durchwandern, denn ihre innere Stimme wird sie führen.
Steinbock und Krebs zusammen sind wie eine Berghütte hoch oben zwischen Eis und Fels, in deren Schutz und Wärme die Wandersleute zusammenkommen. Oder wie eine Steinmetzin, die geduldig den Stein in runde, weiche Formen meisselt. Sie sind wie das Plätschern einer Quelle in einer hellen Mondnacht. Sie sind wie das Licht im Stall an Weihnachten, das Kind in der Krippe oder im Schoss seiner Mutter. Wir sind frei, uns solche Bilder zu kreieren, die für uns persönlich stimmig und für unsere Seele nährend sind.
Weihnachten ist die Versöhnung der Gegenpole. Sie zeigt uns, dass immer zwei Seiten in rhythmischer Verbundenheit zusammengehören. Die Natur bietet uns eine Fülle solcher Polaritäten-Paare, ohne dass sie in ideologische Muster eingezwängt werden, in patriarchal fixierte Bilder von sogenannt weiblichen und sogenannt männlichen Rollenvorgaben. Die Astrologie ist eine Sprache der Natur. Sie schafft Verbindungen „wie oben – so unten, wie innen – so aussen“ und holt damit gleichsam den Himmel auf die Erde. Höhe und Tiefe verbinden sich. Die Sprache ihrer Polaritäten ist lebendig und schöpferisch. In diesem Sinne wünsche ich uns allen für diese Weihnachten Versöhnung von Entzweitem und Neugeburt von Licht und Leben!