Arbeit, Liebe und Familie - alles unter einem Hut!

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"Junge Frauen haben eine immer bessere Ausgangslage", ist Maria Nänny überzeugt.
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Fit im Multitasking und mit optimistischem Blick in die Zukunft.

"Junge Mütter, junge Väter, bleibt dran, verhandelt immer wieder neu, haltet durch und eines Tages werdet ihr geniessen", sagt Maria Nänny.

Wunderbar und ganz normal - sollte man meinen. Aber die Realität ist häufig anders. Was lässt sich weiterhin tun auf dem Weg zum Ziel, alles miteinander zu vereinbaren? Maria Nänny erzählt, wie sie und ihr Partner ihre junge Familie organisieren und wie eine familienfreundliche Zukunft aussehen müsste.

 

Annemarie Wäger

24:09:2009

 

Maria Nänny wuchs in den Siebzigerjahren im Appenzellerland auf, besuchte die üblichen Schulen und entschied sich dann fürs Wirtschaftsgymnasium in Trogen. Nach drei Jahren brach sie diese Ausbildung ab, weil sie nicht ihren Neigungen entsprach. Ihre Vorliebe galt den Sprachen. Ohne Lateinkenntnisse hatte sie jedoch damals keine Möglichkeit, eine sprachliche Matura zu erlangen. Sie schaltete dann ein Zwischenjahr ein, jobbte an verschiedenen Orten und landete schliesslich als Au Pair für 4 Monate in Neuenburg, wo sie sehr gut Französisch lernte.

Darauf liess sie sich in Rorschach zur Primarlehrerin ausbilden und unterrichtete ein Jahr lang an der Rudolf Steiner Schule in St. Gallen. Dann entschloss sie sich ein Germanistikstudium in Angriff zu nehmen, das sie 8 Jahre lang in Atem hielt, denn als Werkstudentin arbeitete sie zusätzlich bis zu 60%. In diese Zeit fiel auch die Geburt ihres heute 5-jährigen Sohnes Elias, also steckte Maria im Studium zurück. Heute erfüllt Maria Nänny einen Lehrauftrag für Kommunikation und Rhetorik an der Fachhochschule St. Gallen.

 

Maria, wie sieht dein Alltag heute aus?

Elias verbringt zweieinhalbTage in der Kinderkrippe Spielchischte. Sie liegt nahe der Universität Zürich und wird von studierenden Eltern betrieben. Da Stefan, sein Vater und mein Partner, mittlerweile ein Zweitstudium aufgenommen hat, bleibt dieser Platz zum Glück erhalten. An den übrigen Wochentagen bin ich für Haushalt und Betreuung zuständig.
Bis vor kurzem war Stefan am Freitag ganztags zu Hause. Dies hatten wir bereits einen Monat vor der Ankunft des Kindes eingeführt. So konnte sich der Vater an die neuen Umstände gewöhnen und dabei "das Nest fertig bauen".

 

Reicht das oder braucht es doch noch eine Absicherung für Notfälle?

Ja, auf jeden Fall. Ganz ohne fitte Grossmutter ging und geht es nicht. Bei Engpässen, zum Beispiel während der Babyphase, bei Krankheit oder wenn unabdingbare Termine anstehen, ist meine Mutter da. Zudem springt Stefan oft zu Hause ein und der Grossvater nimmt seine neue Aufgabe ebenfalls sehr ernst.

 

Klappt die Arbeitsteilung zwischen euch Eltern oder gibt es Reibungsflächen?

Grundsätzlich funktioniert es gut, allerdings mit einem leisen Vorbehalt. Frauen sind wahrscheinlich einfach prädestinierter für Multitasking und Effizienz im Haushalt. Wenn ich manchmal nach Hause komme und meine beiden Männer unbekümmert in ihrem "Puff" sitzen, ist das ganz schön schwierig. Dabei muss ich gestehen, dass ich - was ich übrigens auch von andern Frauen kenne - hohe Ansprüche habe. Ich sollte lernen, dass nicht alles nach meinem Kopf geht. Und meinem Partner müsste ich mehr zutrauen im Haushalt.

 

War das von Anfang an klar, dass du Abstriche machtest beim Studium, als sich das Kind anmeldete?

Auf jeden Fall. Stefan konnte zwar seine Arbeit als Elektroingenieur auf 80% reduzieren, aber wir lebten hauptsächlich von seinem Einkommen. Einerseits war das Finanzielle entscheidend. Anderseits fand ich es zu anstrengend, gleichzeitig ein Kleinkind zu betreuen, zu arbeiten und an der Uni fürs Lizenziat zu lernen.

 

Wie sieht das finanziell aus, wenn er wieder studiert?

Ich bringe in der Regel den grösseren Batzen nach Hause. Stefan studiert berufsbegleitend und arbeitet im Durchschnitt 40%. Es fällt mir aber manchmal etwas schwer, mich nicht benachteiligt zu fühlen. Noch ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Frau mehr Geld nach Hause bringt als der Mann. Weil unsere jetzige Situation für mich nicht ausgeglichen ist, suchte ich kürzlich eine Budgetberatung auf.

 

Wie goutierte das dein Partner?

Das gab zunächst schon Unstimmigkeiten.

 

Wie siehst du eure Zukunft?

Wir möchten beide nicht 100% arbeiten und uns dennoch beruflich weiterentwickeln. Wir möchten beide auch zu Hause sein, Zeit für die Familie haben und gemeinsam diese Verantwortung übernehmen. Das heisst, dass wir unser Familienleben immer wieder neu aushandeln müssen. Auch wenn es zuweilen vielleicht mühsam werden wird, möchte ich daran festhalten und dieses Modell durchziehen.

 

Denkst du, dass das gesamtgesellschaftlich eine gangbare Lösung ist?

Grundsätzlich ja, obwohl ich mir bewusst bin, dass wir als gut ausgebildete junge Eltern mit je einer Arbeitsstelle in einer privilegierten Situation sind. In unserer Gesellschaft müssen wir uns noch vermehrt einsetzen für Ganztagesschulen, Familien ergänzende Betreuungsstellen und Teilzeitstellen auch für Männer. Wir dürfen keinesfalls sparen in Bildung und Betreuung. Ein gutes Networking, zum Beispiel unter Eltern und innerhalb der Quartiere, ist ebenfalls von grosser Bedeutung. Deshalb bin ich im Vorstand des Vereins studierender Eltern engagiert. Der grösste Knackpunkt liegt offenbar im Finanziellen. Das ist so. Dennoch bin ich optimistisch.
Junge Frauengenerationen haben eine immer bessere Ausgangslage. Zugang zu Bildung ist zur Selbstverständlichkeit geworden und in den Köpfen ihrer Mütter und auch mancher Väter ist die Idee eines gleich berechtigen Lebensentwurfs kein Novum mehr. Wenn ich mich umschaue, sehe ich junge Väter, die ganz klar ihre Verantwortung wahrnehmen und auch bereit sind, dafür zu kämpfen.

 

Und du bist doch daran, dir zu Hause ein Standbein zu errichten?

Das ist richtig. Ich baue mit Freundinnen das Unternehmen Textpflege auf. Wir bieten ein vielfältiges Angebot an Schreibberatung und - begleitung an und betreuen Buchprojekte von A - Z.

 

Also bist du gern zu Hause?

Auf jeden Fall. Ich vermisse es auf der einen Seite schon, nicht mehr Zeit im "trauten Heim" zu verbringen, auf der andern will ich den Kontakt zur Berufswelt keinesfalls verlieren, vor allem nicht nach einer so langen Ausbildung. Er deckt meine intellektuellen Bedürfnisse ab und bewahrt mich vor einem späteren schwierigen oder vielleicht gar unmöglichen Wiedereinstieg. Ich bin bestimmt eine zufriedenere Mutter, wenn ich im Beruf bleiben kann und weiss, dass trotzdem alle gut behütet sind.


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