10:02:2014
Im Westen staunt man über die Gesetze in arabischen Ländern. Wie kann es sein, dass eine vergewaltigte Frau dafür bestraft wird und ihren Peiniger gar heiraten soll? Es ist sicher, dass wir Westländer dies weder verstehen, noch gut heissen können. Und ebenso nötig ist eine Annäherung und Erneuerung dieser Länder. Setzen wir uns aber mit den Gepflogenheiten eines Tourismuslandes auseinander, kann einem schönen Urlaub nichts im Wege stehen. Gerade die arabischen Menschen sind sehr freundlich und schauen auch über Regelverstosse hinweg, wenn man ihnen erklärt, wie es in westlichen Ländern läuft. Frauen sollten in arabischen Ländern nicht alleine reisen, denn Touristinnen werden oft als Prostituierte angesehen, wenn sie sich nicht verhüllen und anpassen.
Eine junge Frau wird vergewaltigt, zeigt den Peiniger bei der Polizei an und kann ihrer Strafe nur entkommen, wenn sie den Menschen heiratet, der ihr Böses getan hat. Was wie ein Alptraum klingt, ist harte Realität in Dubai. Es macht darum Sinn, sich mit den Gepflogenheiten der arabischen Staaten auseinanderzusetzen.
Cornelia Forrer
Der Vergewaltiger hat seine Autotüren verriegelt und die
junge Österreicherin in einer Tiefgarage vergewaltigt. Wieder zu sich gekommen,
zeigt sie die Straftat bei der Polizei an. Diese aber reagiert nicht so, wie es
sich die Frau von ihrer Heimat her gewohnt ist. Wegen „ausserehelichen Geschlechtsverkehrs“
droht ihr nun ein Jahr Gefängnis – es sei denn, sie heiratet ihren
Vergewaltiger. Die Tat ist kein Einzelfall.
Erst vor einem Jahr geschah einer
Norwegerin dasselbe. Deren Aussenminister aber setzte sich persönlich für ihre
Freilassung ein.
Was für norwegische Staatsbürgerinnen offenbar normal ist, schien den Österreichischen Aussenminister nicht zu bewegen. Eine Facebook-Kampagne kämpfte darum für die Rechte der jungen Wienerin und rief Aussenminister Kurz auf, zu handeln. „Wir bitten Sie, sich persönlich für die umgehende Freilassung der 29-jährigen Österreicherin einzusetzen. Fordern Sie Dubai auf, die junge Frau zu begnadigen und freizulassen sowie die Gesetze zu reformieren, dass Vergewaltigungsopfer geschützt werden und keine Gefängnisstrafe fürchten müssen, wenn sie ein Sexualverbrechen melden“, lautete der Abstimmungstext an Kurz.
Unglaubliche 270‘000 Unterzeichnende schafften das
Unmögliche. Die Frau wurde frei gelassen und durfte nach Hause fliegen. Die
Arbeit aber geht weiter, denn immer wieder werden Touristinnen Opfer der
frauenfeindlichen Gesetze Dubais. Scheich Mohammed muss auch künftig zu
Gesetzesänderungen gedrängt werden.
Wer in arabische Länder reist, muss sich darüber klar sein,
dass dort viele Gewohnheiten sich von denen des Westens sehr stark
unterscheiden. Auch wenn Araber meist
verständnisvoll sind und sich selten von einem aus Unwissenheit resultierenden
Fehltritt beleidigt fühlen, gilt es, sich mit den Gewohnheiten des Landes
vertraut zu machen. Es gibt zwei Arten
von Kleidung für Frauen: eine ist für Einheimische, die andere für Auswanderer.
Auf der Strasse sind die meisten bedeckt. Das Übergewand hat Knöchellänge,
lange Ärmel und einen hohen Kragen und auch das Haar wird bedeckt.
Frauen sollen durch das Verdecken vor unerwünschter
Aufmerksamkeit geschützt werden. In einigen Regionen ist westliche Kleidung zwar
erlaubt, muss aber immer unauffällig sein. Frauen, die Schultern, Arme und
Beine zeigen werden als Prostituierte betrachtet. Westliche Kleidung tragen
Araberinnen nur zu Hause. Auf die richtige Anrede legen Araber sehr viel Wert.
„Sayyed“ für den Mann und „Sayeeda“ für die Frau wird begleitet vom vollen
Namen der Person. In einigen Ländern nennt man eine Frau auch „Madame“.
Angebotene Erfrischungen müssen angenommen werden, jedoch
nur mit der rechten Hand, da die linke als unrein gilt. Die Sohlen der Füsse
oder Schuhe dürfen nie gezeigt werden, denn das bedeutet, dass man sein
Gegenüber als „Schmutz“ hält. Einladungen dürfen nicht abgelehnt werden. Dabei
sollte nie über Politik oder Religion diskutiert werden. Das Haus betritt man
nur ohne Schuhe. Positive Reaktionen kann man durch das Erlernen einiger
wichtiger Anstandssätze hervorrufen.
Kein Fluchen, kein alkoholisches Getränk anbieten, kein
Betreten der Gebetsmatten, Mekka und Medina sind für Nicht-Muslime tabu. Kein
Heranwinken mit dem Finger, kein Rufen, keine Zeichen der Aggression oder
Betrunkenheit. Kein Essen während des Fastenmonats Ramadan während des Tages
und kein Küssen und Umarmen in der Öffentlichkeit.
Frauen hatten in arabischen Ländern die Rolle der Hausfrau.
Ein Prozess, der durch den Zustrom ausländischer Frauen verändert wurde. Heute
arbeiten sie als Lehrerinnen oder Krankeschwestern. Sie sind Bankerinnen,
Ärztinnen, Rechtsanwältinnen, Hotelleitungen, Werberinnen, Stewardessen. Wollen
Frauen aber berufstätig sein, müssen sie auch heute noch einen eigenen Sponsor
und eine Arbeitserlaubnis haben.
Arbeitsplätze gelten für Frauen als sicher und frei von
sexueller Belästigung, da sie schwer bestraft wird. Die aber in jüngster Zeit
stark gestiegene Zahl weiblicher „Touristinnen“, also Prostituierten aus
Osteuropa, wirkt sich negativ auf den Respekt aus, den ausländische
berufstätige Frauen bisher genossen haben. Allzugrosse Freundlichkeit wird
ebenfalls als Flirtversuch verstanden.
In jüngster Zeit rebellieren junge Araberinnen, indem sie
unterhalb des Schleiers eine ausgefallene Haarmode tragen. Mit Schwämmen,
Nadeln und Haaren bauen sie Kamelhöcker
auf. Das Motto lautet „Je grösser, desto besser“. Donnerstags flanieren
die jungen Mädchen durch die vornehmen Einkaufszentren Dubais und treffen sich
in Cafés. Die Möglichkeit, die Haare in jede beliebige Form zu bringen,
befriedige sie aufs Tiefste, so eine Kamelhöckerfrauen.
Nach den Regeln des Islam und den sozialen Gewohnheiten
müssen sich modebewusste Frauen am Golf verhüllen, deshalb konzentriert man
sich auf Schuhe, Handtaschen, Schmuck und Haartracht. Der Verdacht liegt nahe,
dass Mädchen mit ihrer auffallenden Frisur nur Männer anlocken wollen. Die
Höckerträgerinnen streiten dies auch gar nicht ab, tragen ein starkes Make-up
und stöckeln mit grellen Highheels herum.
Während der Kegel das Kopftuch vom Nacken her vergrössert,
zeigt der Bienenstock mehr Haar als erlaubt, aber nur ausreichend viel, damit
ein potenzieller Ehemann die Haarfarbe erkennen kann. Ein Bestreben leider, das
gerade konservative Männer gar nicht schätzen. Die Kamelhöckermädchen stört das
nicht. Sie haben in einer Comicserie Eingang gefunden und halten sich nur
soweit an die Regeln, wie dies nötig ist. Viele glauben, dass der Haarstil bald
verschwinden wird. „Rund um den Erdball probiert sich die junge Generation an
neuen Dingen aus, entdeckt sich selbst“, sagt Hala Kazim, die ein Programm für
Frauen entwickelt, mit dem sie in der modernen Gesellschaft besser
zurechtkommen können.