Arabische Autorin bringt Fremdes näher

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Die Autorin Mariam al-Saadi, der Publizist und Übersetzer Suleiman Tawfik und die Ulrike Danker, die die deutsche Übersetzung von Miriam al-Saadis Geschichte las. Bild: swissinfo.ch.
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Und noch eine erfolgreiche Schriftstellerin: Ilma Rakusa, Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2009. Bild: Wiki.

Neben der Frankfurter und der Leipziger Buchmesse ist die Buch Basel die kleinste unter den internationalen Messen.

Die 11. Ausgabe des Internationalen Buch- und Literaturfestivals Basel fand vom 13. bis 15. November 2009 statt.

Am Internationalen Buch- und Literaturfestival in Basel hat die Schriftstellerin Mariam al-Saadi aus den Arabischen Emiraten ihr neues Buch vorgestellt und Einblick gegeben in eine traditionelle Gesellschaft, die sich seit dem Ölboom rasant in Richtung westliche Moderne entwickelt.

 

Susanne Schanda

17:11:2009

 

Am Bücherstand des Schweizer Lisan-Verlags entsteht ein Gedränge, als Mariam al-Saadi erscheint, in einem langen schwarzen Rock, Pullover und einem schwarzweiss gemusterten, elegant gebundenem Kopftuch, das die 35-jährige immer wieder neu richtet.

In zehn Minuten beginnt die Lesung. Bis dahin gibt es Kaffee, Mandarinen und Nüsse. Die Autorin führt Gespräche mit Interessierten, wirft aber immer wieder einen Blick auf die Uhr.

Der Verleger Hassan Hammad weist ihr einen Stuhl zu vor dem Plakat mit den Bildern und Namen der Autorinnen und Autoren aus den Emiraten, die Lisan im Verlag und in der gleichnamigen Literaturzeitschrift präsentiert.

Die Literatur aus der Golfregion ist noch jung. Erst seit dem Ölboom nimmt man sie international wahr. Die rasante technologische Entwicklung des Landes steht in krassem Gegensatz zu den Traditionen der Stammesgesellschaft und verursacht Spannungen.

Das Gefühl der Entfremdung von den eigenen Traditionen spiegelt sich in der Literatur dieser Region, auch bei Mariam al-Saadi. In ihrer Geschichte "Die Alte", die sie in Basel vorliest, werden die Spannungen zwischen den Generationen einer Familie bis zur Sprachlosigkeit deutlich.

Die Grossmutter wird zwar versorgt, wie es sich gehört, doch man nimmt ihr alles, was ihr etwas bedeutet. Als sie stirbt, wird sie "standesgemäss" begraben, und sogar der ausgewanderte Sohn kehrt heim: "Denn sonst würden die Leute darüber tratschen, warum er nicht zur Trauerfeier seiner Mutter gekommen sei."


Modern im Beruf, traditionell zu Hause

Mariam al-Saadi bekennt sich zu ihren Traditionen. Seit sie 14 ist, trägt sie das islamische Kopftuch und hat kein Problem damit. Trotz ihrer Berufstätigkeit und obwohl sie bereits 35 Jahre alt ist, lebt sie in ihrem Elternhaus, da sie noch unverheiratet ist.

"Die Grossfamilie ist die Basis unserer Gesellschaft. Selbst für einen Mann ist es schwierig, selbständig ausserhalb der Familie zu leben, für eine Frau gilt das noch viel mehr", sagt die Autorin, die ihren Lebensunterhalt als Werbetexterin bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben in Abu Dhabi verdient.

"Meine Generation lebt im Beruf ein sehr modernes Leben. Gleichzeitig müssen wir uns in der Familie den Traditionen unterordnen. Seit sich unsere Gesellschaft so schnell modernisiert, wird die Rückbesinnung auf die Tradition noch stärker, aus Angst, die eigene Identität zu verlieren", erklärt die Autorin.

Mariam al-Saadi liest zum ersten Mal vor Publikum. In den Emiraten sind Autorenlesungen nicht üblich. Zudem ist sie erst seit kurzem im Geschäft. Der Geschichtenband "Mariam und das Glück" erschien erst Anfang 2009 auf Arabisch. Jetzt ist er im Lisan-Verlag auf Deutsch erschienen.


Arabische Autoren in der Schweiz

Der seit Jahren in der Schweiz lebende, ägyptische Literaturwissenschafter Hassan Hammad hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem deutschsprachigen Publikum die arabische Literatur näher zu bringen.

Angefangen habe alles an der Frankfurter Buchmesse im Jahr 2004 mit dem Schwerpunkt arabische Literatur, erzählt Hammad beim Stand seines Verlags: "Dort kam mir die Idee, meine Kenntnisse für die Publikation arabischer Literatur einzusetzen.

Als in der Schweiz lebender Araber ist es mir ein Anliegen, meine Kultur hier bekannt zu machen." Als er merkte, dass dafür nicht so leicht Leser zu finden waren, doppelte er im folgenden Jahr mit einer Literaturzeitschrift nach, selbstfinanziert, ohne Unterstützung oder Subvention.

Die vierte Ausgabe machte die in der Schweiz lebenden arabischen Autoren zum Schwerpunkt. Dies interessierte sowohl die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia wie das Migros Kulturprozent. Dank deren Beiträgen konnte der Herausgeber erstmals seine freien Mitarbeiter bezahlen.

Auch das sechste Heft fand wieder einen Sponsor. Da es die Literatur aus den Arabischen Emiraten zum Thema machte, kaufte die staatliche Kulturstiftung Abu Dhabi Culture & Heritage 300 Exemplare, was die ganze Auflage finanzierte.

Dies heisse allerdings nicht, dass die Stiftung einen Einfluss auf das Heft genommen hätte, betont der Verleger. Die Schriftsteller der Emirate geniessen allgemein grosszügige staatliche Unterstützung beim Publizieren ihrer Werke.

Mariam al-Saadi betont, dass der Staat auch Förderungsprogramme für die Ausbildung von Mädchen anbiete: "Die Regierung ist bei uns moderner als die Gesellschaft."

Quelle: Radio SRI/ swissinfo.


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