„Die Natur erdet und inspiriert mich“

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Arbeiten von Christel Waibel-Mannhart waren u.a. im Museum Bickel in Walenstadt zu sehen. Hier eine Museums-Impression.
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Das Atelier Wach befindet sich in Mols.

"Es gibt kein Richtig, kein Falsch, keine Wertung", Christel Waibel-Mannhart.

Bohnen in Blau-Grün-Tönen, vergrösserte Pasta in Pink und Blau, ein Spiegelei-Ausschnitt: Bei Christel Waibel-Mannhart im Atelier „Wach“ in Walenstadt drehte sich in den vergangenen Monaten fast alles ums Essen.

 

Helen Baur-Rigendinger

12:09:2010

 

Walenstadt/Unterterzen. Hier ein fertiges Bild, daneben eines in Arbeit, dort eine Skizze, Malutensilien: Im Atelier „Wach“ an der Gutenbergstrasse in Walenstadt hat sich Christel Waibel-Mannhart in den vergangenen Monaten vorab mit dem Thema Essen auseinandergesetzt. Sie hat beobachtet, Spuren verfolgt, Skizzen entworfen, Farben gemixt, Pinsel strapaziert – und bei Bedarf wieder von Neuem begonnen.

Warum malt sie Bohnen und Pasta, Kohl und Fenchel? Warum ein Spiegelei? Christel Waibel, die in Unterterzen lebt, lacht. Eine Kollegin, die mit ihr die Ausbildung zur Gestaltungspädagogin absolviert habe, sei letztes Jahr angefragt worden, ob sie Lust hätte in einem Restaurant eine Plattform zu gestalten. Drei Frauen machten sich schliesslich ans Werk. „Am Anfang ist es immer ein grosses Suchen“, blickt sie zurück.

Das Thema Essen eigne sich ideal, mit Farben und Formen zu spielen. Inspirieren liess sie sich im Alltag: Beim Gemüse rüsten, beim Braten eines Spiegeleies, beim Ernten von Gemüse im Garten. „Es ist total spannend, eine Fenchelknolle näher zu betrachten oder witzige Kohlformen zu vergrössern und ein Detail hervorzuheben.“

 

Ich will inspirieren“

Bevor sie ans Werk respektive ans Malen geht, erstellt sie Farbnotizen. „Damit man verstehen und umsetzen lernt.“ Sie legt beispielsweise eine Peperoni auf den Tisch, dreht und wendet sie, bestaunt deren Farbenwelt und Ausschnitte, gestaltet es auf Papier – abstrakt oder konkret. Den Werken gibt sie keine Titel. Mit ihrer Kunst will sie inspirieren, die Menschen auch ermutigen, sich selbst zu sein.

Malen ist für sie Forschen und Experimentieren, Aushalten und Innehalten, Weitergehen, Verwerfen, Kombinieren, Pausen einlegen. „Manchmal bin ich überladen, der Kopf ist voll.“ Dann treibt Christel Waibel Sport, geht ans Wasser oder steigt auf Berge. Die Natur erdet und inspiriert sie.

Christel Waibel ist eines von sechs Kindern der Familie Mannhart Züz aus Flums. „Ich bin früh mit Bauhandwerk und anderen Kulturen vertraut geworden“, blickt sie zurück. „Mit Essen auch, Düften und Sinnlichkeit.“ Bilder werden wach an ein Elternhaus, in dem Saisonniers aus Italien ein und aus gingen. Sie brachten Wassermelonen, Mandarinen und Orangen aus dem Süden mit. Auf der Baustelle packten sie Eingeklemmte mit Pilzen, Salami und Peperoncini aus und tranken Kaffee aus Thermosflaschen.

 

Dem Eigenen auf die Spur kommen

Mit Stuck und Sgraffito gross geworden, liess sie sich zur Gipserin ausbilden und realisierte mit ihrem damaligen Lebensgefährten Umbauten, Ladeneinrichtungen, Renovationen und gestaltete Schaufenster. Ihre beiden Töchter wurden älter, der Wunsch nach Zeichnen und nach Auseinandersetzung mit Farben wieder grösser. „Auf den ersten Hochzeitstag schenkte mir mein Mann einen Semesterkurs Malen an der Kunstgewerbeschule Zürich“, erzählt sie lachend. Weitere Kurse folgten. Um vermehrt dem Eigenen auf die Spur zu kommen, liess sie sich zusammen mit elf ganz unterschiedlichen Frauen am IAC (Integratives Ausbildungszentrum) in Zürich zur Gestaltungspädagogin ausbilden. Die dreijährige Ausbildung ergänzte sie 2007 mit dem Modularzertifikat der Erwachsenenbildung.

 

Eine Ausstellung ist eine Gratwanderung

Christel Waibel erinnert sich liebend gerne an die Zusammenarbeit in der inspirierenden Gruppe. „Das formte mich sowohl künstlerisch wie auch persönlich.“ Der Abschluss mündete in eine resonanzreiche Diplomausstellung. Die Freude darüber motivierte Frauen, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und schliesslich auch im Museum Bickel Einblick in ihr Schaffen zu geben. „Nicht missen möchte ich das sechsmonatige Praktikum im Haus Selun, während dem die Tagebuchnotizen für den Diplomabschluss entstanden sind“, betont sie. Gezeigt wurden diese später vor Ort in ihrer ersten Einzelausstellung.

Eine Ausstellung ist für sie immer auch eine Gratwanderung. Das betraf auch das aktuelle Projekt „Trois femmes“, bei dem sie im „Rössli“ in Illnau mit Patricia Brandt und Monika Merkli „Bilder- und Keramikobjekte im Sinne des Essens“ zeigte.

 

Auf Neues einlassen

Ihr erstes Atelier bezog Christel Waibel in Mols. Im Juli 2008 bot sich ihr in Walenstadt an bester Lage Gelegenheit, einen neuen Raum zu mieten. „Wach“ heisst das Atelier. Wach wie Waibel Christel – wach auch wie frisch und aufgeweckt. „Es sind sehr schöne Begegnungen, die ich hier mache“, sagt sie. In ihrem Atelier bietet sie auch jenen eine Plattform, die sich auf Neues einlassen möchten. Steinpigmentkurse beispielsweise, freies Malen oder Arbeiten mit Papier. „Es gibt kein Richtig oder Falsch, keine Wertung. Es sollen persönliche Arbeiten wachsen.“


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