Rückblick mit Einblick in Ausblick

Bild
Martha Beéry-Artho - mischt sich drein und mischt sich drunter.
Bild
Einblicke und Ausblicke in Medien, Politik und Bildung von und mit DRS1.

Die Beiträge der HörerexpertInnen können im Internet „mit DRS 1 i d’Zuekunft“ Tag Bildung, Medien, Politik vom 18.11.2010 gehört werden.

Einen Tag im Radio DRS 1 life miterleben und in der Zukunftswerkstatt zu den Themen Bildung, Medien, Politik im Jahre 2030 mitdiskutieren dürfen,….das hat mich gereizt. Ich habe mich angemeldet und wurde eingeladen. Nein, Mut brauche es dazu gar nicht, sagte ich zu einer Kollegin.

 

Martha Beéry-Artho

17:01:2011

 

Im Hinweis für die ostschweizerinnen.ch erklärte ich „Ich denke, dass ich von meinem Bildungshintergrund her mitdiskutieren kann. Als Hirnleistungstrainerin (Informationsverarbeitung), als aufmerksame Beobachterin von Medien (insbesondere Frauenbild) und an nachhaltigen politischen Lösungen interessierte Bürgerin“. Zudem sei es mir auch wichtig, dass Frauen wissen, dass es Frauen gibt, die sich einmischen, wenn es um Visionen der Zukunft geht.


Das biographische Gedächtnis meldet sich

Das mit dem Mut allerdings kam mir wieder in den Sinn, als ich am Abend vor dem Einsatztag vor dem Medienzentrum des Bundeshauses stand. Schon als Kind (in Bern aufgewachsen) ging ich immer wieder an imposanten Gebäuden beeindruckt vorbei. In solchen Gebäuden wurde Politik gemacht, Wichtiges entschieden, die Weichen gestellt. Dass ich als Frau dazu nichts zu sagen haben würde, wurde mir als Kind (9-jährig) schon rechtzeitig klar gemacht


Doch, auch heute 60 Jahre später, brauchte es Mut diese Schwelle zu überschreiten, auch wenn der Eingang jetzt mit bunten Ballonen gekennzeichnet und dadurch einladend war. Eine sichtbare Einladung die eigenen Visionen der Zukunft in einer Gruppe zu diskutieren und dann das Gruppenergebnis kurz der Öffentlichkeit zu übermitteln. Trotzdem brauchte es all meine Erfahrungen und mein Wissen um nicht rechtsoderlinksumkehrt zu machen. Ich wollte auf diese Möglichkeit des Mitredens, für die ich als junge und dann nicht mehr so junge Frau gekämpft hatte, nicht verzichten weil es nun ein Quentchen Mut brauchte.

Die Securityleute die breitbeinig, breitschultrig, uniformiert da standen beeindruckten ebenfalls und lösten vorerst ein Gefühl, es könnte gefährlich werden, aus. Doch bald hatte ich mich an sie, als ins Bild gehörend, gewöhnt.


Die Schwellenangst verschwand. Andere Publikumsexpertinnen und Experten standen da, wir wurden fotografiert, vorgestellt, bekamen Kaffees und Gipfelis und in einen Sitzungsraum ins Untergeschoss begleitet.


Mein Arbeitsgedächtnis vermeldet

Eine Vorstellungsrunde und die Einteilung in 3 Gruppen, die je eines der Themen zu diskutieren hatten erfolgten. 3 Gruppen je eine zu Bildung, Medien und Politik. Ich hätte gerne Themen zusammenhängend diskutiert, aber das Vorgehen war anders geplant.

Ich stellte ich fest, dass in der Gruppe Bildung 4 Frauen (unter anderen ich) und in der Gruppe Medien 3 Männer eingeteilt waren. Diese Gruppeneinteilung wollte ich in Frage stellen, es war mir sehr wichtig, dass das Bildungsthema nicht nur von Frauen und die Vision der Zukunft der Medien nur von Männern diskutiert würden. Eigentlich war ich überrascht, dass das nicht schon berücksichtigt war. Da mir das Frauenbild in den Medien noch mehr am Herzen liegt als die Gedächtnisschulung in der Bildung, bat ich um Umteilung. Es war mir peinlich mich querzustellen. Aber schon in der Stimm- und Gleichstellungsphase der Frauenbewegung wollte ich nicht nur, dass Frauen ihre Stimme abgeben können, sondern es ging mir auch ums Mitreden und Gestalten der Lebensbedingungen von Frauen und Männern in unserem Land.


In unserer Kleingruppe zum Thema Medien fühlte ich mich sehr wohl. Einer der Männer kannte sich bestens in den medialen Möglichkeiten und Techniken der Zukunft aus, der andere war blind und erforderte ganzheitliches Dasein, d.h. Wahrnehmung mit allen Sinnen, und Einfühlungsvermögen in eine andere Wahrnehmung, was mir allerdings nicht immer gelang. Wir diskutierten und debattierten und kamen zum Schluss:


  • 2030 gibt es eine neutrale Grundversorgung an Information. Sie wird wie bisher durch Gebühren bezahlt.


  • 2030 können wir wählen wann, wie, wo und in welchem Umfang wir über dieses Grundangebot informiert sein wollen.


Aus Frauensicht habe ich hier beizufügen

Allerdings konnten wir uns nicht darüber einigen, was in diese Grundinfos gehöre. Die Männer meinten Fussball gehöre unbedingt dazu, ich bin da nicht einverstanden. Ich bin davon überzeugt, dass es vermehrt das Aufzeigen von Zusammenhängen der Ereignisse und der Gesellschaftsordnung (Stellung der Frauen) braucht. Dies auch um gesellschaftliche Probleme, die sich nicht immer nur ums Geld drehen, besser lösen zu können. Noch gibt es für mich zu viele Beiträge von Frauen in der Gesellschaft, die in den Medien zuwenig Beachtung finden. In der Bildung wird die wichtige Rolle, die Mütter und andere Kinderbetreuungspersonen in der Entwicklung der Kinder haben (egal ob sie nun ihre Kinder nun tagesbetreuen lassen oder nicht) kaum erwähnt. In der Berichterstattung über wissenschaftliche Erkenntnisse erfahre ich praktisch nie frauenspezifische Sichtweisen oder die Auswirkungen, die die Erkenntnisse auf Frauen haben. Was die Politik anbetrifft, muss ich die grossen Beiträge der Friedensbewegung in der unzählige Frauen aktiv sind, suchen. Eigentlich habe ich es diesbezüglich satt mir ständig Fotos von den zurzeit prominenten Teilnehmern und einer Teilnehmerin von gescheiterten Gipfelgesprächen anzusehen.


Einig waren wir darüber, dass es weiterhin kommerzielle und auch Nonprofit Organisationen geben wird, die Informationen anbieten.


  • 2030 werde der Anbieter, die Anbieterin jedoch immer deklariert sein müssen. Man müsse wissen woher die Info kommt und wie „wahr“ sie sei.


Der Kollege formulierte es im Gespräch als Beipackzettel oder „lesen Sie die Packungsbeilage“. Das hat mir als Hirnleistungs- und Gedächtnistrainerin sehr zugesagt. Auch der Wunsch des blinden Gesprächspartners, der sich mehr Ordnung im Angebot wünscht, kam mir sehr entgegen. Gerne hätte ich hier noch eingebracht, dass mir die korrekte Nennung von Männern und Frauen am Herzen liegt. Den Einwand aber es werde zu schwerfällig und kompliziert musste ich akzeptieren. Dass es mir dann aber schwer fällt herauszufinden ob ich im gegebenen Fall nun mitgemeint sei oder nicht, steht nicht zur Diskussion. Schon als Kind wurde ich gerügt, ich würde doch alles nur verkomplizieren. Und ich wage mich hier zu fragen, warum in aller Welt wir uns in der Grammatik mit weiblichen Formen herumplagen müssen, wenn wir doch eh in den männlichen Formen mitgemeint sind.


  • Wir einigten uns darüber, dass 2030 die Hälfte der Informationen von, mit, zu und über Frauen, ihre Anliegen, Bedürfnisse, Lebensumstände handeln werden.


Leider fehlte die Zeit über die Darstellung von Frauen in den Printmedien zu diskutieren und es wäre auch am Thema vorbeigegangen. Beim Aufzeigen von Zusammenhängen zwischen Medien, Bildung und Politik allerdings wäre das für mich ein zentrales Anliegen gewesen.


Mein Anliegen aber, die Museen müssten zur Medienlandschaft gezählt werden, konnte ich mit genügend Argumenten aus meiner Tätigkeit als Hirnleistungstrainerin anbringen und wurde akzeptiert. Sich Wissenswertes in aller Seelenruhe, selbständig, in eigenem Rhythmus, in Bewegung, eine eigene Reihenfolge erstellen, Vergleiche machen können, wurde akzeptiert. Die Zukunftsvision dazu lautete.


  • 2030 werden Museen zu den Medien gezählt. Als Orte an denen man sich in aller Ruhe, in eigenem Rhythmus und eigener Reihenfolge informieren kann. Im Landesmuseum z.B. werden die Ausstellungen zur Hälfte von Frauen, ihre Beiträge zur Geschichte, ihre Lebenszusammenhänge handeln.


Gerne hätte ich hier beigefügt, die Geschichte der Schweiz würde aus der Sicht der Frauen dargestellt. So als Attraktion mit den Knochen der Helvetia, der Situation der Frauen, die die Eidgenossen in die Kriege (eigener und anderer) ziehen lassen mussten. Mit dem in die Töpfe der Frauen gucken können womit sie ihre Familien ernährten, wie die Hochzeitsbräuche waren und die Stellung der Frau in der Familie und, und, und. Denn noch finde ich in historischen Museen zwischen den Hellebarden, Morgensternen und Schaukästen mit „schönen Kleidern“, den „schöne-Frauen-bildern“ und Kücheneinrichtungen keine Antwort auf meine Fragestellungen.


Erfahrung des Körpergedächtnisses

Kurz vor der Life-Übertragung wurde ich hyper nervös. Ich hielt es nicht aus auf dem Stuhl. Meine Körper verlangte Bewegung. Ich ging durch den Saal, durch die Halle, aufs WC, Händewaschen, retour erneuter Lauf. Ich wusste, wenn ich mich jetzt nicht bewege, werde ich noch kribbeliger. Als ich nach dem etwa fünften Mal zurück ins Life-Studio kam sah ich, dass „meine Gruppe“ vorne am Tisch war und da….geschah es. Eine innere Ruhe breitete sich in mir aus, ich holte meine Unterlage, ging ruhig zum Tisch in der Mitte, die Konzentration war da, von meinem Hirn in den Körper hingezaubert, die Ruhe der Einsatz …..einfach so angekommen, konzentriert, zentriert.


Nochmals das Arbeitsgedächtnis funktionieren lassen

So beim Sinnieren über den Tag kamen mir noch viele Gedanken, neue Ideen und Einfälle, einige davon habe ich in meinen Rückblick eingebaut. Es war ein überaus spannender, anregender Tag. Dies auch als Einblick in die Realität der Medien. Sie ergibt sich meiner Ansicht nach nicht zwingend sondern wäre veränderbar. Da lag dann auch eines der grossen Probleme der Diskussionen. Wir hatten nicht zu überlegen wie die Medien verändert werden könnten, sondern wie wir uns vorstellen wie sie sein werden.


Und meine Einsicht, ja es braucht Mut sich mit gegebenen Strukturen auseinanderzusetzen, seine Meinung einzubringen und im Anschluss daran sich noch einmal hinzusetzen und sich Zeit für einen Rückblick nehmen. Sich nochmals mit den Fragen auseinanderzusetzen. Dies auch mit meiner Sichtweise als „Medienbetroffene “, als „Beobachterin aus Frauensicht“ und als Hirnleistungstrainerin die immer wieder versucht herauszufinden wie Informationen aufgenommen, verarbeitet, eingeordnet werden können um im richtigen Moment zur Verfügung zu stehen.


Eine Herausforderung für alle und da habe ich immer wieder über die Medienleute gestaunt, die das ganze „gemanagt“ haben und die es geschafft haben eine Atmosphäre zu schaffen die es erlaubt hat, dass alle Ihre Anliegen, Ideen und Visionen für die Medien der Zukunft einbringen und darstellen konnten.

Und auch das noch…..einmal mehr habe ich erfahren dürfen, dass mein eigenes Medienzentrum in meinem Kopf grossartiges zu leisten imstande ist.


zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch