Besuch im Gosteli-Archiv

Bild
Ostschweizer Frauenpower vorm Bundeshaus in Bern. Bild: Vreni Breitenmoser.
Bild
Das Gosteli-Archiv in Worblaufen.

Das Gosteli-Archiv im Internet finden Sie hier.

Die Gosteli-Stiftung wurde im Jahr 1982 gegründet, um dem Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung eine unabhängige Trägerschaft zu geben. Die Idee war und ist, dass die grossen Frauenverbände, deren Gründung auf Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zurückgeht, sowie die Pionierinnen der Frauenbewegung über umfangreiches Archivmaterial verfügten. Kürzlich luden die Frauenzentrale St.Gallen, der Verein ostschweizerinnen.ch und das Frauennetz Gossau im Vorfeld der Wahlen vom 23. Oktober 2011 zur Exkursion in den Hort der Schweizer Frauenpower.

 

Eva Grundl

15:08:2011

 

An einem Strang ziehen beim Round Table drei parteipolitisch unabhängige Organisationen: die Frauenzentrale des Kantons St. Gallen, der Verein ostschweizerinnen.ch und das Frauennetz Gossau haben den Round Table gegründet, um die Frauen und die Politik noch näher zueinander zu bringen. Es braucht noch mehr Politikerinnen und noch mehr weibliche Wählerinnen, so die Idee dahinter.

Was liegt also näher um nach einem Abstecher zum Bundeshaus in Bern einen Besuch und ein Gespräch mit einer der Gallionsfiguren der Schweizer Frauenbewegung, Marthe Gosteli, zu haben?  

 

An die zwanzig Frauen aus St. Gallen und Umgebung machten sich also auf den Weg und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das galt für das gebündelte Material an relevanten Texten, Dokumenten, Akten usw., die im Gosteli-Archiv untergebracht sind. Die Mitarbeiterinnen Monika Bill und Regula Schär schilderten kompetent und geduldig wie das Archiv funktioniert, das Material geordnet ist und aus welchen Regionen der Erde – nämlich Asien und Afrika - Nachfragen für den Aufbau ähnlicher Einrichtungen kommen. „Regelmäßig erhalten wir Anfragen beziehungsweise Arbeitsbesuche von Studierenden und Hochschulen aus der Schweiz und den anderen europäischen Ländern“, verrieten die Mitarbeiterinnen.


Im Gespräch mit Marthe Gosteli wurden bei der Führung angesprochene inhaltliche Themen aufgegriffen, vertieft und Neues angerissen. Spannend und lehrreich war der Blick auf die historische Faktenlage beispielsweise bei der Diskussion des Begriffs, der Parole des „Frauenstimmrechtes“. Zu keiner Sekunde, so Gosteli, war es den involvierten Frauen anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts darum gegangen, „nur“ die stimm- und wahlberechtigte weibliche Hälfte der schweizerischen Bevölkerung lediglich an die Urne zu bringen. Nein, es ging immer um ein ganzes Bündel an Forderungen oder: eklatanten Defiziten wie Wöchnerinnenschutz, Aufnahme der Frauen in die Krankenversicherung und, vor allem auch, Bildung.


Damals wie heute und in Zukunft, auch dies wurde im Gespräch deutlich, ist Bildung die entscheidende Schlüsselressource für ein gutes, eigenständiges und selbstbestimmtes Leben. Zumal im schweizerischen Bildungssystem sieht Marthe Gosteli für die Mädchen wie für die Knaben sowie in der Erwachsenenbildung eine grosse Lücke klaffen: nahezu komplett fehlen in den Schul- und Lehrbüchern die Verdienste, Geschichte und Verläufe der Frauenbewegung und damit einer der bedeutendsten Freiheitsbewegungen des zwanzigsten Jahrhunderts.

„Damit hat jede Frauengeneration das Gefühl, wieder von vorn anzufangen mit ihren Forderungen“, bedauert Gosteli, die – und nur dies sei verraten – mit ihrem Team Monika Bill, Regula Schär und Stiftungsratpräsident Hansueli Grunder hier bereits mit Abhilfeaktivitäten beschäftigt ist.


zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch