DAS Gabi - eine Beschwerde an das Amt als Kurzgeschichte

15:07:2014

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Christa Stahel
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Christa Stahel ist Präsidentin des iff-forums für frauen
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Sehr geehrtes Amt, mit Hinweis auf und in Erinnerung an eine vor kurzer Zeit ziemlich aufgeregte Unterhaltung mit einer bodenständigen Frau namens Gabriele muss ich mich energisch bei Ihnen beschweren. Es geht um die Verwüstung der weiblichen Vornamen im Schweizerdeutschen. Eigentlich mehr um die Verwüstung der Frauen überhaupt.

 

Christa Stahel

 

Frauen sind ja bekanntlich weiblich, außer die Wurst, aber die ist eine Ausnahme, weshalb sich die Frage ergibt, warum eine Frau DAS Gabi oder DAS Vreni ist. Keinem vernünftigen Menschen würde es je einfallen, einen Mann DAS Peter oder DAS Kurt zu nennen. Sogar in der Verniedlichung, also mit dem -li am Ende, bleibt er DER Peterli und DER Kurtli, wogegen auch hier jede Frau zum DAS wird. Wir sind ja heute im Zeitalter der Gleichstellung und der Gleichberechtigung - aber nicht der Gleichmacherei, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also wenn der Mann DER Peter oder DER Kurt ist, dann ist die Frau DIE Gabi oder DIE Vreni. Können Sie dem logischen Gedankengang folgen? Es ist ja schon schlimm genug, wenn die Frau - nicht DAS Frau! - trotz anderslautender Gesetzesvorgaben immer noch als Dienerin des Mannes behandelt wird und für die gleiche Arbeit nur vier Fünftel des Lohnes bekommt, nur weil sie abgefallene Knöpfe selber wieder annähen könne und damit Ausgaben spare. Doch das ist eine andere Geschichte. Das Neutralisieren der Frauen mit dem DAS ist diskriminierend, ehrverletzend, demütigend und verächtlich und im ZGB verboten. Das sollten Sie eigentlich wissen. Sogar ich weiß das, obwohl ich eine Frau bin. Ich bin bei der Frau stehen geblieben. Ich versichere Ihnen, dass ich, sollte ich demnächst wieder DAS Gabi oder DAS Vreni oder sonst ein DAS Frau hören, eine landesweite Initiative starten werde, dass ab sofort die Männer DAS Peter oder DAS Kurt heißen, einfach DAS Mann. DAS ist dann wirkliche Gleichstellung und Gleichberechtigung, und das ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) garantiert, also Gesetz und vorgeschrieben. Auch wenn das Mann das gar nicht gerne hat. Das Bundesrat wird sich diesem Vorschlag nicht entziehen können, das Präsident wird sich mit dem Problem auseinandersetzen und mir recht geben müssen. Zudem wäre es überhaupt am einfachsten, wenn wir es machten wie die Engländer, und alles DAS wäre, auch das Namensgebungsbehörde. Wir Frauen lassen uns das dauernde Herablassung der Männer nicht länger gefallen. Oder ist es am Ende ein Schande, Frau zu sein? Nur weil das Mann unverdienterweise für das gleiche Arbeit immer noch mehr verdient als die Frau? Weil das Frau nicht zum Heimchen am Herd verbrummt sein will? Möchten Sie den ganzen Tag nur das Haushalt machen und mit den Nachbarn das neueste Dorfklatsch und das Kosmetikkatalog durchgehen und dabei verblöden? Die Frauen wollen das jedenfalls nicht, sie sind auch Menschen, falls Sie das noch nicht getscheggt haben. Sonst könnte das Behörde, also das Rat, einmal ein halbjähriges Versuch anordnen, dass das Mann das Haushalt führt und das Frau Geld verdient, dann würden wir schon sehen, wer was besser macht. Aber davor fürchtet sich das Mann grundsätzlich und will das nicht haben. In diesem Sinne bitte ich das Behörde, meine Bedenken zu bedenken und mir das entsprechende zustimmende Bescheid so bald wie möglich zuzustellen. Mit freundlichen Grüßen und guter Hoffnung ehrerbietigst DIE Christa  
PS: Falls Sie nicht einverstanden sind - ich gebe nicht auf!


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