Gedanken zum Umgang mit Lippenstift oder von Säuli und andern Tieren

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Franziska Elsaesser benutzt Lippenstift nach Lust und Laune. Bild: Homepage der Autorin.
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Schweinchen wecken gar vielfältige Assoziationen.

"Mit dem Pitbull, den ich selber gerade vor Augen hatte, möchte ich aber ganz bestimmt nicht verglichen werden. Denn ein solches Bild kann beim Gegenüber ganz unterschiedliche Reaktionen auslösen."
Franziska Elsaesser

Vielleicht geht es Ihnen wie mir: Meinen Lippenstift benutze ich bei besonderer Gelegenheit oder einfach, wenn ich etwas Farbe in mein Leben bringen will. Dann wiederum kann er tagelang unbenutzt in der Schublade liegen. Je nach Lust und Laune eben.

 

Franziska Elsaesser

14:10:2008

 

Kürzlich tauchte das Thema jedoch in einem andern Zusammenhang auf. Einige Leute aus meinem Bekanntenkreis reagierten empört oder enttäuscht, als sich Barack Obama anlässlich einer Wahlveranstaltung mit der Bezeichnung "Schwein" auf die Vizepräsidentskandidatin seines Gegenspielers bezog - Sarah Palin.
Er sagte: "You can put lipstick on a pig, it's still a pig." ( Ein Schwein mit Lippenstift ist immer noch ein Schwein). Ohne Zusammenhang wirkt dies grob und beleidigend. Doch wie so oft im Leben, steht auch hinter dieser Aussage eine Geschichte.


Zuerst einmal zur Bedeutung der Redewendung: "to put lipstick on a pig" heisst "etwas schönreden". Zum ersten Mal wurde dieser Ausdruck von John Mc Cain verwendet, als er sich damit auf Hillary Clinton bezog. Damals schien sich niemand besonders aufzuregen, vielleicht auch, weil Beschönigungen in Politikerkreisen ja nicht wirklich überraschen.

Kurze Zeit später wurde der Lippenstift erneut bemüht. Diesmal von Sarah Palin, die Selbstironie zeigte und sich selber in einem andern Zusammenhang indirekt mit einem Pitbull mit rotem Lippenstift verglich. Da kann man sicher einerseits ihren Humor bewundern, andererseits muss man sich wohl auch fragen, ob sich Sarah Palin der Wirkung ihrer Worte klar bewusst war. Denn wir denken eben auch in Bildern. Und ich weiss ja nun nicht, was Sie jetzt beim Lesen genau vor sich gesehen haben.


Mit dem Pitbull, den ich selber gerade vor Augen hatte, möchte ich aber ganz bestimmt nicht verglichen werden. Denn ein solches Bild kann beim Gegenüber ganz unterschiedliche Reaktionen auslösen. Typisch wären z. B. Angstgefühle oder Aggressionen. Ob dies wirklich die gewünschten Reaktionen waren, kann ich natürlich nicht sagen. Doch wer Aggressionen weckt, muss sich nicht wundern, wenn er oder sie von der Gegenseite nicht gerade zimperlich angefasst wird.

 

Und zum Bild vom Schwein: das wirkt wohl kaum bedrohlich. Da kommen vielmehr individuellere Assoziationen auf wie süss, herzig, dreckig, Marzipan, fett, Glücksbringer, bedeutungslos etc. Ausser dem Glücksbringer politisch alles nicht besonders nutzbringend. Zurück zum Lippenstift. Wenn es ums Schönreden geht, bevorzuge ich eindeutig die knallroten; die sind wenigstens gut zu erkennen. Ganz heikel sind jedoch die Transparenten.

Haben Sie sich schon einmal im Bundeshaus umgeschaut? Soviel zu einer "unglaublichen Aussage". Es wird bestimmt spannend, weiter zu verfolgen, welche Tiere, Bilder und Gedanken im weiteren Verlauf des Wahlkampfes noch auftauchen. Und ob deren Wirkung immer der ursprünglichen Absicht entspricht. Wenn nicht, haben wir wenigstens etwas zum Schmunzeln.


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