Fit durch den Alltag

Bild
Monika Zurbrügg: Eine gesunde Ernährung umfasst neben dem massvollen auch den lustvollen Umgang mit Nahrungsmitteln.
Bild
Frühling verbinden viele mit Aufbruch und Neuorientierung. Bilder: Helen Baur

Was darf auf dem Menuplan nicht fehlen?
Eine gesunde Ernährung basiert immer auf dem Grundsatz vielseitig, aber massvoll. Ein Essprotokoll für die Dauer von einer oder zwei Wochen bringt Klarheit, ob Handlungsbedarf besteht. Die wichtigsten Grundsätze lauten wie folgt:
- Trinke ich täglich eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit in Form von Wasser, Tee, verdünnten Fruchtsäften, Suppen, Kaffee usw.?
- Esse ich täglich fünf Portionen Obst, Gemüse oder Salat?
- Habe ich zu jeder Hauptmahlzeit eine Stärkebeilage in Form von Getreide, Teigwaren, Reis, Kartoffeln, Hülsenfrüchten oder Brot?
- Decke ich meinen Eiweissbedarf täglich in Form von Fleisch, Fisch, Eiern, Milch- und/oder Sojaprodukten?
- Stimmt mein Öl- und Fettverbrauch? (Pro Tag zwei Teelöffel Butter oder Margarine als Aufstrich, zwei Teelöffel hochwertiges Pflanzenöl für die kalte sowie zwei Teelöffel für die warme Zubereitung genügen).
- Wie viele Genussmittel (Süssigkeiten, Süsswasser, Wurstwaren, Alkohol usw.) konsumiere ich täglich? Genussmittel sind keine Lebensmittel und gehören nicht täglich auf den Speiseplan.

Zeitdruck, Überangebot und Schlankheitswahn sorgen dafür, dass dem Essen immer weniger Beachtung geschenkt wird. Ernährungsberaterin Monika Zurbrügg plädiert für richtige Ernährung, Bewegung und eine Esskultur, die es wieder zu zelebrieren gilt.

 

Helen Baur

31:03:2008

 

"Der Mensch ist, was er isst", sagt ein altes Sprichwort. Teilen Sie als Ernährungsberaterin diese Ansicht?
Monika Zurbrügg: Ja, diese Aussage ist zwar wage, aber sie hat wohl einen wahren Kern. Für das physische und psychische Wohlbefinden wichtig sind auch Bewegung und Entspannung.

Viele fühlen sich in diesen Wochen schlapp und matt. Haben Sie dafür eine Erklärung oder anders gefragt: Braucht es im Frühjahr eine besondere Ernährung?
Früher lebte man in den Wintermonaten von Eingemachtem. Frischwaren waren Luxus. Aufgrund des breiten Angebotes benötigen wir in diesen Wochen keine spezielle Ernährung. Frühling verbinden viele mit Aufbruch und Neuorientierung. Das Bedürfnis nach Fitness und Leichtigkeit steigt. In dieser Jahreszeit bin ich eine besonders gefragte Person. Tipps und Ratschläge sind nicht in erster Linie von Übergewichtigen gefragt, sondern beispielsweise von Diabetikern, die einen Neuanfang wagen wollen.

Gesund abnehmen - ein Thema, das Frauen im Frühjahr immer wieder beschäftigt. Was raten Sie?
Bei zeitbegrenzten Diäten ist der Misserfolg meist vorprogrammiert. Nach drei Monaten schleichen sich die alten Essgewohnheiten wieder ein. Menschen mit Gewichtsproblemen rate ich, ihren Lebens- und Ernährungsstil Schritt für Schritt zu ändern. Diese Umstellung führt zwar nicht innerhalb von vier Wochen zu einem markanten Gewichtsverlust. Vielleicht zeigt die Waage ein Kilo weniger an - dieses Kilo bleibt dafür definitiv weg.

Sie sind auf Ernährungsberatung spezialisiert. Woher rührt ihr besonderes Interesse am Essen und Trinken und was geben Sie in Ihrer Praxis und an Vorträgen weiter?
Am Beruf der Ernährungsberaterin faszinieren mich insbesondere die Bereiche Medizin, Ernährungswissenschaft und Beratung. Letztere macht mir ganz speziell Freude. Den Weg in meine Praxis in Walenstadt finden zum Grossteil Patienten, für die ich eine Ernährungstherapie zusammen stelle. Unter ihnen anzutreffen sind Diabetiker ebenso wie Allergiker, Nierenkranke und übergewichtige Erwachsene wie Kinder, die unter Folgeerkrankungen leiden. Im Auftrag der PizolCare AG, ein qualitäts-zertifiziertes Ärzte-Netzwerk der Region Werdenberg-Sarganserland, erteile ich Kurse für Erwachsene. Im laufenden Jahr liegt der Schwerpunkt bei der Prävention. Konkret geht es darum aufzuzeigen, wie man Übergewicht und andere Zivilisationskrankheiten mit richtiger Ernährung verhindern oder das Risiko dafür senken kann. Ein aktuelles Thema ist zudem die gesunde Verpflegung der Schulkinder.


Bleiben wir bei den Kindern. Eltern sollten in Sachen Kochen und Ernährung Vorbild sein. Wo liegt Ihrer Ansicht nach das Problem, dass heute immer mehr übergewichtige Kinder anzutreffen sind?
Wir wissen, dass jedes fünfte Kind übergewichtig ist. Zurückzuführen ist das oft auf "vererbte" Essgewohnheiten. Alles geht schnell, der Einkauf ebenso wie die Zubereitung der Speisen. Oft wird zu Fertigprodukten und Genussmitteln gegriffen. Diese kommen bei Kids, die ganz nach dem Lustprinzip essen, gut an. Sie gewöhnen sich sehr schnell an die vielen Geschmacksverstärker und lehnen naturbelassene Produkte ab. Es ist allerdings sinnlos, die Jugend in ihrem Essverhalten zu kritisieren. Vielmehr geht es darum, die Esskultur wieder zu zelebrieren - an einem liebevoll gedeckten Tisch, wo auch Zeit für Gespräche bleibt. Es liegt in der Verantwortung der Eltern, sich Gedanken über vollwertige Menüs zu machen. Eine gesunde Mahlzeit muss nicht aufwändig sein. Man muss aber bereit sein, sich mit der Planung auseinander zu setzen. Einkäufe um zehn vor zwölf sollten eine Ausnahme bleiben.

Warum ist richtige Ernährung heute derart kompliziert. Oder anders ausgedrückt: Warum spüren wir nicht instinktiv, was uns gut tut?
Ich glaube, dass unser Körper nach wie vor spürt, was ihm gut tut. Probleme sehe ich im Überangebot, das wir das ganze Jahr über in den Läden antreffen. Wenn wir in den Regalen nur naturbelassne Produkte wie Getreide, Kartoffeln, Reis, Gemüse, Früchte, Milchprodukte, Fisch, Fleisch und Eier antreffen würden, wären viele Ernährungsprobleme eliminiert. Schnell und gesund schliesst sich nicht aus. Warum nicht ein Vollkornbrot mit Alpkäse und Salat servieren! Genussmittel sollten Genussmittel bleiben. Wenn jeden Tag ein Stück Torte serviert wird, ist das kein Genuss mehr. Wichtig scheint mir, dass wir mit unseren Kindern das Gespräch suchen. Wenn sich von klein auf ein positives und gesundes Ernährungsverhalten einprägt, sind sie auch in späteren Jahren dafür empfänglich. Es ist auch möglich, aus "schlechtem" sogenannt "gutes" Fastfood zu machen. Es spricht nichts dagegen, wenn Lehrlinge oder Kanti-Schüler mittags ab und zu ein Stück Pizza oder einen Hamburger essen. Der Apple-Pie und das Süssgetränk sollten dann allerdings gestrichen und durch eine Frucht und einen Apfelsaft ersetzt werden.

Essen soll Freude machen. Wann haben Sie das letzte Mal gesündigt?
(lacht) Gestern Abend, als ich in geselliger Runde etwas zu tief ins Rotwein-Glas blickte. Dass ich heute in ungewohnter Form aufgestanden bin, nehme ich in Kauf. Ich habe es genossen.


zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch