Kritik am Frauenhandel im Vorfeld der Euro 08

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Die Autorinnen Corinna Milborn (links) und Mary Kreutzer mit der Nigerianerin Joana Adesuwa Reiterer. Bild: Ecowin.
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Klarer Fall: Fußball: JA - Frauenhandel: NEIN. Bild: Kampagne Euro 08 gegen Frauenhandel.

Das Buch:
Ware Frau.
Auf den Spuren moderner Sklaverei von Afrika nach Europa.
Ecowin Verlag 2008.

 

Die Kampagne:
www.frauen
handeleuro08.ch
.

Frauenhandel ist ein lukratives Geschäft. Trotz zahlreicher internationaler Resolutionen gegen Frauenhandel sind die Opfer in Europa weitgehend ungeschützt, kritisieren Corinna Milborn und Mary Kreutzer in ihrem Buch "Ware Frau".

 

Pressedienst

06:05:2008

 

Im Juni beginnt in der Schweiz und Österreich die Fussball-Europameisterschaft. "Wir können jetzt schon beobachten, wie 'aufgerüstet' wird, und immer mehr Frauen an die Austragungsorte gebracht werden", sagt die Buchautorin Corinna Milborn gegenüber swissinfo.

Gleichzeitig melden sich aber auch Frauenorganisationen in der Schweiz zu Wort. Die Koalition "Euro 08 gegen Frauenhandel" hat eine Informationskampagne gestartet und betreibt dafür eine Internetplattform und eine Hotline.

Die beiden österreichischen Autorinnen Corinna Milborn und Mary Kreutzer haben den Frauenhandel aus Afrika, besonders Nigeria, und die Zwangsprostitution in Europa untersucht. Dabei haben sie mit Opfern, Menschenhändlern und Freiern gesprochen und kritisieren auch Gesetzgebung und Polizei.

 

Korrupte Beamte

"Der Staat als Zuhälter" prangern sie provokativ an. Corinna Milborn sagt, was sie damit meint: "Die staatlichen Systeme in Europa fördern den Frauenhandel, indem sie eine legale Einreise aus Afrika verweigern. Ausserdem mischen korrupte Beamte beim Verkauf von Visa mit."

Der Frauenhandel werde zwar bekämpft, so Milborn weiter, aber nur als Teil von grossen, kriminell organisierten Netzwerken und mit wenig Rücksicht auf die Opfer. Diese hätten daher Angst, gegen Frauenhändler auszusagen oder gar zu klagen.

Das Geschäft mit Frauen ist lukrativ. Mit Frauenhandel und Zwangsprostitution wird mehr Geld umgesetzt als mit Drogen- und Waffenhandel.

Laut Angaben der Europäischen Union werden jedes Jahr rund 120'000 Frauen nach Europa eingeschleust und zur Prostitution gezwungen. In der Schweiz sind es nach offiziellen Schätzungen bis zu 3000 Frauen.

 

Ehemalige Opfer werden Zuhälterinnen

Bei ihren Recherchen in Afrika haben die Autorinnen festgestellt, dass viele der Opfer aus ländlichen Gegenden kommen, wo sie kaum eine Chance hätten, aus den patriarchalen Familienstrukturen auszubrechen und Arbeit zu finden. "Viele entscheiden nicht selbst, sondern werden von ihren Familien verkauft", sagt Milborn.

Irritiert habe sie anfangs, dass die Zuhälter-Netzwerke in Afrika meistens von Frauen kontrolliert würden. "Und doch hat es eine innere Logik: Die Wiederholung der erlittenen Traumatisierung entspricht dem klassischen Mechanismus, wonach geschlagene Kinder später zu prügelnden Väter werden", so Milborn weiter.

Wenn eine afrikanische Prostituierte in Europa nach der Abzahlung ihrer Schulden für ihre Einschleusung aussteigen wolle, könne sie keine legale Arbeit finden. "So steigt sie wieder in dieses System der Prostitution ein, das sie zuvor verletzt hat, aber diesmal als Zuhälterin."

 

Asyl für Opfer des Frauenhandels

Die Route der Menschenhändler führt von Nigeria und anderen afrikanischen Ländern direkt nach Italien. Seit den achtziger Jahren breitet sich der Frauenhandel von Turin als Umschlagplatz ins übrige Europa aus. Dabei ist die Schweiz als Nachbarland Italiens besonders betroffen.

Im Kampf gegen die illegale Migration in der Schweiz würden viele Opfer der Zwangsprostitution als illegal anwesende Migrantinnen kriminalisiert und ausgeschafft, kritisiert das Fraueninformationszentrum (FIZ).

Die Schweizer Frauenorganisation Terre des Femmes fordert deshalb, dass Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution in jedem Fall in der Schweiz bleiben können. Bisher können sie dies nur, wenn sie bereit sind, in einem Prozess auszusagen. Aus Angst vor Verfolgung tun sie dies aber nur selten.

Quelle: Radio SRI/ swissinfo, Susanne Schanda


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