Frauen schreiben Geschichte

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Zwei Autorinnen des Quellenbandes: Marina Widmer (links) und Jolanda Schärli. Bild: Benjamin Manser.
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Bildplakat 1990: Frau-Frauen-Frauenstadt

«Für uns ist nichts unwichtig, was Frauen angeht», sagt Marina Widmer vom Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz. Und so sichten die Mitarbeiterinnen sämtliche Materialien von und über Frauen – von Alltagsgeschichten über Tagebücher, Briefe, Protokolle bis hin zu Haushaltbüchern, von Flyern über Plakate bis hin zu Fotos, Bildern, Filmen. Zudem nimmt das Archiv Vor- und Nachlässe entgegen. (rw)

Quelle: www.tagblatt.ch.

«Frauensache» heisst das jüngste Werk des Archivs für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz. Damit gibt es erstmals einen Überblick über die Bestände des Archivs. Er macht deutlich: Auch Frauen schreiben Geschichte.

 

Regula Weik

24:11:2010

 

St. Gallen. Das Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz sammelt, sichert und erschliesst Materialien zu Frauen, ihren Leben und ihren Lebensgeschichten – und das seit über zehn Jahren.

Die Anfänge des Archivs reichen allerdings weiter zurück – in die 1980er-Jahre: Damals wurde die Frauenbibliothek Wyborada aufgebaut; darin sollte auch eine Dokumentationsstelle zur Geschichte der Frauen Platz finden. Die Bibliothek öffnete 1987, die Dokumentationsstelle startete drei Jahre später.

Nun liegt der erste Quellenband «Frauensache» vor; er dokumentiert die Vielfalt der Bestände des Archivs.

 

Sammeln und vermitteln

Das Sammeln, Aufbewahren und Zugänglichmachen von Quellen – «die konkrete Archivarbeit», sagt Marina Widmer – ist die eine Aufgabe des Archivs für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte. Die Geschichtsvermittlung die andere. Die Mitarbeiterinnen und Autorinnen des Quellenbandes sind sich einig: Frauen- und Geschlechtergeschichte kann nur geschrieben werden, wenn Quellen vorhanden sind, diese erschlossen und entsprechende Forschungsfragen gestellt werden.


Da Frauen früher kaum öffentlich auftraten, kaum öffentliche Ämter bekleideten und vorwiegend in untergeordneten Funktionen arbeiteten, seien sie kaum fassbar gewesen, sagt Esther Vorburger. «Sie fanden auch kaum Eingang in die Archive. Und das, obwohl Frauen Organisationen und Werke schufen, die dem Staat im Sozial- und Bildungsbereich zu Hilfe kamen.»

Sie erwähnt etwa das Frauenhaus oder auch das Notkerianum (später Klinik Stephanshorn, heute Hirslanden-Gruppe). «Das Buch zeigt auch auf, dass Frauen mit viel Idealismus, innovativem Geist, Witz und Hartnäckigkeit ihre Ziele verfolgten.»

 

Thematische Einführung

«Frauensache» ist zweigeteilt. Im ersten Teil gibt der Quellenband anhand von Themen wie Arbeit, Politik, Religion, Kultur, Bildung Einblick in die Frauen- und Geschlechtergeschichte der Ostschweiz der letzten hundert Jahre. Die Texte seien mit ausgewählten Quellen – als Faksimile abgebildet – ergänzt, sagt Jolanda Schärli; sie hat das Thema Politik aufgearbeitet.

Der zweite Teil des Bandes ist der eigentliche «Archivführer», eine Auflistung der Materialien, Listen zu Fotos und Plakaten – «50 Seiten Bibliographie», sagt Jolanda Schärli.

Das tönt nach viel und fast umfassendem Material zur Frauen- und Geschlechtergeschichte in der Ostschweiz. Doch die Frauen winken ab: Sie wollen künftig vermehrt auch in den Bereichen Sozialgeschichte und Migration akquirieren – entsprechend hat das Archiv den Namen erweitert. «Zur Geschichte der Immigration gibt es kaum Archivbestände», sagt Marina Widmer.

Und noch ein Bereich wird auf- und ausgebaut, Theologie, Religion, Frömmigkeit – «da andere Archive diese, bezogen auf die Frauen, kaum erfassen».


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