Hohe Festtage steigern Gewaltpotenzial

22:04:2014

Studie der Uni Bern deckt Hintergründe von Familiengewalt auf

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Er will sie zurückhalten, doch sie wehrt sich. Das birgt Potenzial für häusliche Gewalt.
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Meist ist es der Mann, der schlägt. Es kann aber auch die Frau sein.

Das Team der Uni Bern hat 158 Todesfälle durch Familiendramen aus den Daten der Volkszählungen von 1990 und 2000 herauskristallisiert. Es ist die weltweit erste bevölkerungsweite Studie zu Familiendramen mit Todesfolge.

Rund vierteljährlich liest man von Familiendramen in der Schweiz. Meist tötet ein Mann die Frau, die Kinder und dann sich selbst. An hohen Festtagen, wie Ostern oder Weihnachten, ist das Gewaltpotenzial besonders hoch.

 

Cornelia Forrer

 

Eine Studie der Uni Bern, für die 158 Todesfälle bei Familiendramen untersucht wurden, zeigt das Resultat, dass Stress und Schusswaffen die einzige Gemeinsamkeit in den meisten Gewalttaten sind. Morde im Familienkreis mit anschliessendem Suizid geschehen oft in Stresssituationen wie Scheidung, unklarer Aufenthaltsstatus, ungeeignete und enge Wohnungen. Arbeiter sind unter den Tätern so häufig wie Professoren oder Unternehmer zu finden. Stress ist meistens im Spiel, sodass sich kein Zusammenhang zum Beruf oder zur sozialen Schicht finden lässt. An Festtagen, wenn die Familie zusammensitzt (oder sitzen sollte), geschehen die meisten Gewalttaten. Dann nämlich ballen sich der Frust und der Stress, beispielsweise auch, wenn die gemeinsamen Kinder dem einen Elternteil vorenthalten werden, oder wenn der fremdgehende Partner die Freizeit auf seine Weise verbringen will. Wer glaubt, dass besonders viele  Ausländer unter den Tätern zu finden seien, der liegt falsch, es sei denn, die Ausländer verfügten über keine permanente Aufenthaltsbewilligung. Geschiedene Männer sind unter der Täterschaft häufig auszumachen, nicht religiöse Männer schlagen häufiger als Katholiken oder Evangelische. Es spielt offenbar keine Rolle, ob Kinder im Haushalt leben und ob der Tatort in der Stadt oder auf dem Land ist. Im Fachblatt „Plos One“ berichtet Präventivmediziner Matthias Egger, dass in 80 Prozent der Fälle von Schusswaffen Gebrauch gemacht wurde. Er ist überzeugt, dass der Zugang zu Waffen eingeschränkt werden müsste, um weitere Fälle zu verhindern.  Ob besonders auch Militärwaffen benutzt wurden, konnten die Wissenschaftler in der aktuellen Studie allerdings nicht überprüfen. Sie stellen aber fest, dass in 28 Prozent der Schweizer Haushalte Waffen vorhanden sind, und dass 60 Prozent aller Mordfälle im Familienkreis stattfinden.


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