Kopf oder Zahl? - Bedingungsloses Grundeinkommen nur mit Care-Ökonomie! Einreichung der Initiative am 4. Oktober 2013 in Bern – ein Stimmungsbericht

07:10:2013

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Geldsegen auf dem Bundesplatz.
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Impressionsbild vom Bad in acht Millionen Füferli.

Esther Gisler Fischer ist feministische Theologin und arbeitet als Pfarrerin.

Auf dem Bundesplatz fuhr genau um 10.15 ein Lastwagen vor und schüttete 8 Millionen „Fünfräppler“aus. 400'000 Schweizer Franken und 15 Tonnen lagen schlussendlich messinggleissend auf dem Platz und vor den Füssen der zahlreichen Anwesenden; darunter viele VertreterInnen von Medien aus dem In- und Ausland. Für jede Bewohnerin / jeden Bewohner unseres Landes lag da nun ein Geldstück!

 

Esther Gisler Fischer

 

Die Menschenmenge war ob der Aktion zunächst etwas irritiert, dann brach der Jubel los und der Kreativität war keine Grenzen gesetzt: Mit kindlicher Freude stürzten sich die Einen in den Geldhaufen, während Andere die Münzen hochwarfen und Weitere still die Pracht betrachteten.

 

Anlass dieses „Goldrausches“ war die Initiative für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“, welche anschliessend bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde. Das Symbol der „Füferlis“ sollte symbolisch darstellen, dass Geld zwar einen Wert hat, der mit einer Zahl dargestellt wird, jedoch immer auch nur Mittel zum Zweck ist, will heissen würdiges Leben ermöglichen soll; dargestellt durch den Kopf.

 

Mit dabei beim Kartontragen war auch Ina Prätorius, Mitglied des Initiativkommittes und eine der ErstunterzeichnerInnen. Gemeinsam mit weiteren Frauen aus der Ostschweiz war sie nach Bern gereist, um in dieser munteren Gruppe von just acht Frauen an diesem denkwürdigen Anlass einzustehen für die Beachtung der Care-Ökonomie bei diesem visionären Projekt. Kritisch engagiert waren wir auch nach der Übergabe mit unseren Plakaten auf dem Bundesplatz weiter präsent und diskutierten mit Interessierten über die Chancen und Gefahren des bedingungslosen Grundeinkommens.

 

Inzwischen war der Geldhaufen flacher geworden und auch wir von der Gruppe liessen uns darauf nieder. Wir inszenierten ein „Geldmahl“, welches viel Beachtung fand. Was wir an die Frau und an den Mann bringen wollten, war folgendes: Aller vielfältiger Lebensmöglichkeiten von Frauen zum Trotz wird heutzutage immer noch mehr als 50% aller notwendigen Tätigkeiten mehrheitlich von Frauen geleistet; meist unbezahlt oder dann zumindest unterbezahlt. Beim bedingungslosen Grundeinkommen müssen also auch jene Tätigkeiten mitbedacht werden, bei denen frau / man für andere sorgt und ohne die eine Gesellschaft nicht funktioniert, geschweige denn überleben kann!

 

Der Begriff Wirtschaft, Oikonomia im ursprünglichen Sinn bezeichnet nämlich die Gesamtheit aller Tätigkeiten, welche der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse, der Lebenserhaltung und der Lebensqualität dienen.

Die Gruppe war sich einig: Was es nun braucht ist eine breite Diskussion: Jetzt muss Frau sich einbringen in Parteien, Kirchgemeinden, Gewerkschaften, Frauenverbänden, Denkfabriken, Diskussionsforen; überall dort, wo im Abstimmungskampf die sprichwörtliche Post abgehen wird.

 

Mit einem klammheimlich eingesteckten nigelanagelneuen „Füferli“ machte ich mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen wieder auf den Heimweg. Jede von uns behält ihre Erlebnisse an diesen Tag in je eigen gefärbter Erinnerung als überraschend, politisch, postpatriarchal, spektakulär, clownesk etc. ...


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