Sex und Natur von Gender und Kultur

Herstory

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Donna Haraway scheint auch ihren Hund Cayenne zu verstehen.
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Die Feministin der ersten Stunden ist auch heute noch nicht zu stoppen.

Donna Haraway

Donna Jeanne Haraway ist eine us-amerikanische Wissen- schafts- und Gesellschafts-theoretikerin, die immer wieder Grenzziehungen – wie die zwischen Natur und Kultur - untersucht, um sie zu destabilisieren, ohne dabei die Verantwortlichkeit für die Welt, in der wir leben zu verwischen. Haraway ist Biologin, Naturwissenschafts-historikerin und Professorin für feministische Theorie und Technoscience.

Sie führte mit mit anderen kritischen Wissenschaftlerinnen das erste „Women’s Studies Seminar“ durch, war Mitglied der Socialist Feminist Women’s Union und leitete den Lehrstuhl für feministische Theorien an der Universität von Kalifornien ein. Donna Haraway ist auch heute ihrer Arbeit nicht müde und immer wieder referiert sie über die Unterschiede der Geschlechter.

 

Cornelia Forrer

08:10:2013

 

Geboren 1944 in Denver im US-Staat Colorado, wurde Donna Haraway streng katholisch erzogen und besuchte ebenso streng katholische Schulen. Keine Frage, dass ein Mädchen, wie Donna es war, sich eingeengt fühlte und zu suchen begann. Die Laufbahn verlief allerdings in gewohnten Bahnen weiter, bis Donna ihren Abschluss in Zoologie und Philosophie machte, Literaturwissenschaften studierte, um dann nach Paris zu ziehen.

In Paris befasste sie sich mit der evolutionären Philosophie. Erst in  Yale, wo sie später in Biologie abschloss, stiess die junge Frau zur Organisation Science for  the People, einer Initiative kritischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Zusammen mit Dorothy Stein organisierte Donna Haraway an der Universität von Hawaii schliesslich das erste „Women’s Studies Seminar, und als sie später  am Institut für Wissenschaftsgeschichte in Baltimore unterrichtete, war sie Mitglied der Socialist Feminist Women’s Union.


Feministische Standpunkttheorien

1980 wechselte die inzwischen Mitte-Dreissigerin an den Lehrstuhl für feministische Theorie der Universität von Kalifornien in Santa Cruz, wo sie ihren Professorinnentitel erlangte, Dekanin wurde und das Programm „Influential History of Consciousness“ leitete. Der J.D. Bernal Award wurde Donna Haraway im Jahr 2000 für den lebenslangen Beitrag zum Feld der Social Studies überreicht.

Doch bis heute ist die Professorin nicht ruhiger geworden, vielmehr arbeitet sie als Professorin für feministische Theorie und Technoscience an der European Graduate School in Saas Fee in der Schweiz. Die Bandbreite der von Donna Haraway nutzbar gemachten wissenschaftlichen Instrumente und Denkschulen ist umfangreich.

Zentral sind aber insbesondere ihre wissenschaftsgeschichtlichen und soziologischen Ansätze. Donna Haraways feministische Standpunkttheorie und die ökofeministischen und sozialistischen Perpektiven sind neue Ansätze, die sie selber entwickelte.  „Wie steht es um die Objektivität im Verhältnis zum Feminismus? Wo liegen die Handlungsfähigkeit und die Verantwortungen im wissenschaftlichen und politischen Feld? Und wo liegen die Grenzen zwischen Mensch, Maschine, und Mensch und Tier?“, hinterfragte Haraway und betonte in ihren Aufzeichnungen ganz konkret die politische Position.


Verflechtungen von Forschung und Ideologie

Die Bedeutung im deutschsprachigen Raum als feministische Theoretikerin gewann Donna Haraway wegen des Konzepts des situierten Wissens. Ihre Analyse der Primatenforschung (Primate Visions), ihr Cyborgmanifest (A Manifesto for Cyborgs) und die Werke zum durchziehenden Eurozentrismus und zur Rassismuskritik sind weltberühmt.

In der Primatenforschung untersucht Haraway die ideologische und patriarchale Prägung und nimmt wissenschaftliche Aspekte zu Hilfe, um zu zeigen, dass die ideologische Basis dieses Forschungsfeldes sich aus nicht hinterfragten Prämissen der verwendeten Forschungsansätze bildet. Jeder Versuch der Primatologie zeige, wie Mensch und Tier gedacht seien, so Haraway.

Haraway verweist in ihren Ausführungen vielfach auf die klassischen Verflechtungen der Forschung mit ökonomischen  und politisch-ideologischen Interessen.

Die Primatologie und deren Erklärung haben sich mit der Beteiligung von Frauen nachhaltig verändert, was als methodische Destabilisierung bestehender patriarchaler Denkweisen und Diskurse gelesen werden kann. In der Untersuchung lässt sie auch den Zusammenhang zwischen feministischer Theoriebildung und Primatenforschung nicht ausser Acht und  hinterfragt „weisse feministische Positionen“  kritisch.


Die unterscheidbaren Kategorien

Der Vorstoss Haraways ist so wichtig, da er zeigt, was es heisst, ein weibliches Tier zu sein – und  In „Situiertes Wissen“ lotet die Wissenschaftlerin die Möglichkeiten von objektiver Wissenschaft aus. Einerseits kritisiert sie die klassischen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften in ihrem Anspruch auf die alleinige Wahrheit und deren Verständnis von Objektivität. Wissenschaft zu betreiben bedeutet für Donna Haraway Geschichten zu erzählen, wie die Welt gedeutet werden kann und Erklärungen zu finden nach Herstellungsprozessen von Körpern und deren Bedeutung.

Dabei knüpft sie ihre Kritik an die klassischen Lehrbuchmethoden der Herstellung wissenschaftlicher Objektivität und an die Geltendmachung universaler Erkenntnisansprüche.

Sind Wahrheit und Wissen neutral? Ist der Inhalt die Form? Liegt die Erkenntnis im  Ding an sich begründet? Gibt es die feststehende Wahrheit, wird sie gesellschaftlich ausgehandelt und ist Teil bestehender sozialer Beziehungen und Ordnungen?

Im Verschieben und Wechseln der Metaphern sieht Haraway den springenden Punkt, um einen Umgang mit den bestehenden hierarchisch strukturierten Wissenschaften zu finden. Die Idee einer feministischen Objektivität baut vor allem auf partialer Perspektiven  und meint: Objektiv sind wir, wenn wir anerkennen, dass wir keine einheitlichen Subjekte sind. „Sex und Natur von Gender und Kultur sind unterscheidbare Kategorien, betonen aber gleichzeitig, dass Subjekte und Objekte immer nur ein Ergebnis diskursiver Konstruktionen sind“, ist Donna Haraway überzeugt.


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