Miss Sowieso und Herr Hauenstein

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Illi Holiday
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Olli Hauenstein.

Mit ihrer clownesken Kreuzfahrt "Dampf " begeistern Illi Holiday und Olli Hauenstein gemeinsam mit Annette Stickel und Pascale Démarais derzeit das Publikum: Im Seemuseum Kreuzlingen wird noch bis zum 3. Mai 2008 marodiert und parodiert, es wird frittiert und es werden überaus delikate "Nuklear-Grissinis" produziert. Am 2. Mai 2008 gibt es "Illi & Olli" zu sehen.

Informationen: 
www.clown.ch.

Clowns bringen die Menschen innert Augenblicken dazu, sich vor lautem Lachen zu schütteln, um im nächsten Moment flugs die Tränendrüse des Publikums zu bedienen. Und mit ihren nicht enden wollenden Kaskaden an allerlei Unglück, welche sie kunstfertig zelebrieren, spielen Clowns auf der gesamten Klaviatur der menschlichen Gefühle. Aber sind sie deswegen wirklich "Rüpel" oder "Tölpel", wie es die Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche vermuten lässt? ostschweizerinnen.ch hat nachgefragt bei Zweien, die es wissen müssen.

 

Eva Grundl

25:04:2008

 

Auch der Clown ist nur ein Mensch!

Der Clown braucht den Menschen, oder anders gesagt: Ohne Menschen gäbe es keine Clowns - davon sind die gebürtige Ungarin Illi Holiday und der Schweizer Olli Hauenstein überzeugt. Seit Jahrzehnten stehen sie selbst als Clowns auf jenen Brettern, die die Welt bedeuten und haben nicht zuletzt als überaus erfolgreiches Duo "Illi & Olli" ihren global erworbenen Erfahrungsschatz zusammen getragen. "Es ist das menschliche Leben selbst, das voller komischer Angelegenheiten und Situationen steckt", umreißt Illi Holiday das Dasein der menschlichen Spezies als ideales Lernfeld für die Figur des Clowns.

Ihn sieht als Olli Hauenstein als jenen Menschen, der kein Make-up auf seiner Seele trägt, dessen Rolle es vor allem ist, die kindliche Unschuld ins Erwachsenenleben hinüber zu retten: "Beim Spielen selbst besteht genau in diesem Aufeinandertreffen von Kindsein einerseits und der Tatsache, dass Clowns von erwachsenen Menschen dargestellt werden, eine große Herausforderung", beschreibt Hauenstein seine Erfahrungen.



Vorhang auf für die Frauen!

Blickt man in der europäischen Geschichte zurück, so finden sich Gestalt und Figur des Narren bereits in der Antike. Eine Figur, die sich selbstverständlich den Zeitläuften entsprechend verändert hat und auch im engsten Zusammenhang mit der Entwicklung der Theater- beziehungsweise mit der Bühnengeschichte selbst steht.

Doch ob Clown, ob Narr, ob Harlekin, ob poetisch, schelmisch, ob hinter- oder abgründig boshaft: Sie alle spiegeln die Dumm- und Bosheiten, die Sehnsüchte und Ängste, die Träume "ihrer" Menschen - und immer gehen sie dafür straffrei aus. Schließlich wollen sie ja nur spielen. "Davon ausgenommen waren im Mittelalter strikt die Frauen. Ihnen war jeglicher Auftritt auf der Bühne verboten", erklärt Olli Hauenstein. "Aktuell gibt es aber international sehr viele Frauen, die als Clowns hervorragende Arbeit leisten", sagt Illi Holiday, um sich mit ihrem hinreißenden clownesken Augenzwinkern und völlig zu Recht als eine dieser, wie sie sie nennt,  "Miss Sowiesos" zu outen.

Die emanzipatorischen Leistungen des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts sind also auch bei den Clowns angekommen. In seinen Workshops zum Beispiel hat es regelmäßig sehr viele Frauen, berichtet Olli Hauenstein. "Ich denke, es ist das Künstlerische, das Schauspielerische und Pantomimische, das den Frauen zusagt. Die Frauen empfinde ich dabei als mutiger. Sie haben mehr Zivilcourage, sich auf Neues und auf sich selbst einzulassen."



Der Clown im Karton

Illi Holiday, die aktuell in "Dampf" als gescheiterte Operndvia aus Budapest mit ihrem subversiven Spiel brilliert, weiß um den "kleinen Unterschied" bei den Clowns. "Eine Frau kann niemals wie ein Mann spielen. Das würde absolut peinlich wirken. Und umgekehrt kann nie ein Mann wie eine Frau spielen, das funktioniert einfach nicht", zeigt ihre Erfahrung. Nun ist ja das Wesen, ist die Gestalt des Clowns bekanntlich asexuell beziehungsweise ungeschlechtlich. Wie wäre es, steckte man einen von ihnen, sei es eine Frau oder einen Mann, bis zum Hals in einen Karton? Keine Chance! "Man merkt den Unterschied immer. Das ist wie das Timbre, die Färbung bei der menschlichen Stimme", sagt Olli Hauenstein alias Hans Dampf und damit als unbekanntes Strandgut internationaler Herkunft.


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