Jane Austen – der Zeit weit voraus

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Die Autorin Jane Austen ist erst im letzten Jahrhundert richtig gross geworden.
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Ein Porträt von Jane Austen, gezeichnet von ihrer Schwester Cassandra.

Die Autorin Jane Austen wurde am 16. Dezember 1775 in Steventon, Hampshire, England, geboren und starb in Winchester am 18. Juli 1817. Ihre Hauptwerke wie Pride and Prejudice und Emma zählen zu den Klassikern der angelsächsischen Literatur. Jane Austen war feministisch eingestellt. Ihr Werk demonstriert anschaulich, dass sie ihrer Zeit weit voraus war. Erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts wurde Jane Austen literarisch so richtig entdeckt. Joan Aiken und Helen Fielding schrieben Romane nach ihrem Vorbild.

In einer Zeit, in der Mädchen kaum unterrichtet werden durften, hat sie gelebt. Die englische Autorin schrieb schon mit zwölf Jahren erste Bücher und Geschichten. Darin beschrieb sie grossenteils Frauen, die um ihre Liebe kämpften, um den Mann zu heiraten, den sie liebten. Zu Lebzeiten zwar geschätzt, hatte Jane Austen die grössten Erfolge erst nach ihrem Tod. Erst dann war man sich bewusst, dass die Feministin, die zeitlebens nie geheiratet hatte, Geschichte schrieb und ihrer Zeit weit voraus war.

 

Cornelia Forrer

31:07:2013

 

Zusammen mit sechs Brüdern und einer älteren Schwester wuchs Jane Austen im Pfarrhaus von Steventon Hampshire in England auf. Geboren wurde sie kurz vor Weihnachten, am 16. Dezember, im Jahr 1775. Die einzigen von ihr erhalten gebliebenen Porträts sind zwei Farbzeichungen ihrer Schwester Cassandra, die in der Portrait Gallery am Trafalgar Square in London zu sehen sind.

Die junge, hochbegabte Jane
Die ganze Familie war sehr belesen, sodass die junge Jane, im Gegensatz zu den meisten Mädchen ihrer Zeit, zu einer überdurchschnittlich guten Ausbildung kam und ohne Einschränkungen die Bibliothek ihres Vaters nutzen durfte. Bereits als Zwölfjährige schrieb Jane erste Prosastücke, Kurzromane, Theaterstücke und Fragmente und fasste diese während sieben Jahren in drei Bänden zusammen. Zwischen 1792 und 1799 entstanden auch die ersten Fassungen ihrer späteren Romane.

1801 zog Jane Austen gemeinsam mit den Eltern und ihrer ebenfalls unverheirateten Schwester nach Bath, wo sie fünf Jahre lebte. Diesem Umzug stand sie sehr negativ gegenüber. Sicher ist es dem zuzuschreiben, dass fast alle Briefe aus dieser Zeit verloren gingen oder zerstört wurden. Auch schriftstellerisch arbeitete sie damals wenig. Nur das Romanfragment „The Watsons“ wird dieser Zeit zugeordnet.

Nach dem Tod des Vaters zog Jane mit Mutter, Schwester und Bruder Francis und dessen Frau nach Southampton, wo sie vier Jahre lebten. 1809 zog sie mit ihrer Freundin Martha Lloyd nach Chawton, wo Bruder Edward, der von einem reichen Onkel adoptiert worden war, ihr ein kleines Landhaus zur Verfügung stellte. Hier lebte Jane bis zu ihrem Tod und schrieb, überarbeitete und veröffentlichte all ihre Romane. Heute ist das Haus, das sie sehr liebte, ein kleines Museum.

Von Frauenhand geschrieben
Als recht bekannte Romanautorin lebte Jane Austen zurückgezogen und heiratete nie. Eine Verlobung mit dem jüngeren Harris Bigg-Wither löste sie nach einiger Zeit auf. Jane Austen wurde gegen das Lebensende schwer krank und starb am 18. Juli 1817 in Winchester, wo sie Heilung suchen wollte. 

In ihrem Werk beschrieb Jane Austen insbesondere die Lage junger lediger Frauen der höheren bürgerlichen Schicht im England des 19. Jahrhunderts. Sie veröffentlichte stets anonym mit dem Namen „by a Lady“, der jedoch mehr und mehr zum offenen Geheimnis wurde. Die Kritiken waren grösstenteils hervorragend, insbesondere der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott lobte sie sehr.

Heute gilt Jane Austen als eine der grössten englischsprachigen Autorinnen. Ihr grösstes Talent war ihre scharfe Beobachtungsgabe, mit der sie menschliche Natur und soziale Interaktion durchleuchtete. Vollständig wurden die ersten Werke von Jane Austen erst um 1950 veröffentlicht. In deutschsprachiger Übersetzung liegt bisher nur die Hälfte vor, darunter „Liebe und Freundschaft“, „Drei Schwestern“ und „Catherine“.

Mut zum eigenen Weg finden
Das mit rund 19 Jahren verfasste Manuskript von „Elinor and Marianne“ überarbeitete Austen mit 36 Jahren und veröffentlichte es unter dem Titel „Sense and Sensibility“ als Debütwerk. „Pride and Prejudice“, verfasst als „First Impressions“ folgte zwei Jahre danach. „Northanger Abbey“, von Austen bereits 1802 überarbeitet, erschien gar erst nach deren Tod im Jahr 1817. Auch „Lady Susan“, der in jungen Jahren verfasste Briefroman Austens, erschien ebenfalls erst posthum.

Jane Austens Romane waren in ihrer Zeit sehr verbreitet und beliebt, machte sie doch bürgerlichen Damen Mut, Schwierigkeiten zu meistern und den Mann ihrer Träume zu heiraten. Eine gute Heirat war damals meist die einzige akzeptable Möglichkeit, sich eine respektable Stellung zu sichern. Andernfalls lag das Wohl dieser Frauen in den Händen wohlhabender Verwandter.

„Mansfield Park“, „Emma“ und „Persuasion“ wurden als Spätwerk Austens veröffentlicht. Auch hier steht jeweils eine Frau im Mittelpunkt der jeweiligen Handlungen, die auch stets wieder mit der Hochzeit der Protagonistin enden. Die neueren Heldinnen unterscheiden sich aber deutlich von denen der drei früheren Werke. Jane Austen greift nun verstärkt noch und deutlicher gesellschaftspolitische Themen auf.

Gesellschaftspolitische Fragen gestellt
Fanny Price aus „Mansfield Park“ ist eine Nichte des Hausherrn, die in seine Familie aufgenommen wird und dort aufwächst. In dieser Hinsicht ist die die abhängigste aller Austen-Heldinnen. Kritisch geht Austen in diesem Werk mit dem Onkel von Fanny um, der seinen Reichtum durch den Sklavenhandel verdient hat. „Emma“ ist die erste Frau in Austens Romanen, die nicht aus finanziellen Gründen auf eine gute Heirat angewiesen ist. Sie ist eine reiche und unabhängige Erbin, die sich in die Leben anderer einmischt und erst am Schluss erkennt, dass sie sich in den eigenen und den Herzensangelegenheiten anderer getäuscht hat.

In „Persuasion“ spielt die Endzwanzigerin Anne Elliot die Hauptrolle, die sich vor Jahren unter dem Einfluss ihrer Familie und Freundin gegen den geliebten Mann entscheidet und sich ihm später wieder annähert. Jane Austen verdichtet die Handlung gegenüber den ersten drei Romanen, denn das Geschehen wird nun ausschliesslich aus Sicht der Heldin geschildert.

Jane Austen hat im englischsprachigen Raum fast den Kultstatus eines William Shakespeares. Die erlebte Rede, erst Ende des 18. Jahrhunderts als literarisches Stilmittel eingeführt, wurde von Jane Austen entscheidend weiterentwickelt. Sogar in namhaften Literaturzeitschriften wurde sie geehrt, obwohl Romane damals als sittenwidrig und minderwertig galten. Negative Kritik äusserten Charlotte Brontë und Mark Twain.

Erst in der neueren Zeit anerkannt
In seiner 1879 veröffentlichten Biographie „A Memoir of Jane Austen“ bemühte sich Austens Neffe James-Edward, ihr Bild dem damaligen Zeitgeschmack anzupassen. Damit wurde nur ein Teil des Wesens und Denkens Austens bekannt. Jane Austens Romane waren inzwischen aus der Mode gekommen. Die Biographie vermochte, ein neues Interesse zu entfachen.

So erschien eine Sammlung ihrer Briefe, die ebenfalls gut aufgenommen wurde. Der grösste Teil des Werkes aber wurde durch Jane Austens Schwester Cassandra vor ihrem Tod zerstört. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Austens Werk durch Virginia Woolfs literarische Essays wieder populär und erste Verfilmungen folgten.

Seit 1990 stieg die Popularität der englischen Autorin, nicht zuletzt auch, durch die in England darüber hinaus sehr beliebten Fernsehadaptionen ihrer Romane und einiger sehr aufwändiger Kinoproduktionen. Durch Jane Austen inspiriert schrieben Joan Aiken und Helen Fielding mehrere Romane, die teilweise auch verfilmt wurden: unter anderem „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ und „Clueless – Was sonst!“.

 

Die Werke Jane Austens

1811 Sense an Sensibility (Verstand und Gefühl)

1813 Pride and Prejudice (Stolz und Vorurteil)

1814 Mansfield Park

1816 Emma

1817 Persuasion (Überredung, auch Anne Elliot oder Verführung)

1871 Lady Susan – Briefroman

Fragmente

1870 The Watsons (Die Watsons), entstanden um 1804

1925 Sanditon, entstanden 1816

Jugendwerke

Austens Jugendwerke wurden erstmals im englischen Sprachraum 1988 im Rahmen einer Gesamtausgabe herausgegeben und um 1993 erweitert.

Deutsch erschienen

Liebe und Freundschaft – Drei Schwestern – Catharine (Juvenilia)
Manesse Verlag, Zürich 1994
ISBN 978-3-7175-4031-1

 

Die Geschichte Englands (illustriert mit Vorwort von Antonia S. Byatt)
luxbooks, Wiesbaden 2009
ISBN 978-3-939557-57-9

Deidre Le Faye
Jane Austen und ihre Zeit
Berlin nicolai Verlag 2002
ISBN 3-87584-447-5

Christian Grawe
Jane Austen
Stuttgart, Reclam Verlag 1988
ISBN 3-15-028506-2

Park Honan
There ist Happiness! Jane Austen und ihre Zeit
Düsseldorf, Artemis und Winkler Verlag, 2009
ISBN 978-3-538-07267-1

Felicitas von Lovenberg
Jane Austen: ein Porträt
Frankfurt am Main: Insel Verlag, 2007
ISBN 978-3-458-34999-0

Jon Spence
Geliebte Jane: die Geschichte der Jane Austen
Frankfurt am Main, Leipzig, Insel Verlag, 2007
ISBN 978-3-458-35012-5

Deidre Le Faye
Jane Austen’s Letters
Oxford University Press, 3. Auflage, 2007
ISBN 978-0-19-283297-9


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