Arbeitsgerichte beibehalten! - Nein zum Gerichtsgesetz

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Referendumskomitee: Übergabe der gesammelten Referendums-Unterschriften am 21.1.08 vor dem Regierungsgebäude St. Gallen
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Das Referendums-Plakat

"Unsere heutigen Arbeitsgerichte sind einfach, schnell und erschwinglich. Dies entspricht auch dem Gesetz: Im OR Art. 343 steht, dass bis zu einem Streitwert von 30'000 Franken ein Geschäft einfach und rasch durchgeführt werden muss. Es genügt das Anliegen dem Arbeitsgericht mit einem einfachen Klage-Formular einzureichen und das Verfahren ist kostenlos. Eine anwaltschaftliche Vertretung ist nicht nötig.

Das sind sehr wichtige soziale Komponenten, die allen Beteiligten zugute kommen. Die neue Regelung sieht u.a. die Einführung einer Parteienentschädigung vor. Verliert beispielsweise eine Angestellte den Prozess gegen ihre Arbeitgeberin, muss sie neben den eigenen auch deren Anwaltskosten übernehmen. Ein Gerichtsgang ohne die Unterstützung durch einen Juristen oder eine Juristin wird dann kaum mehr möglich sein."

Eveline Florian, Geschäftsleiterin
Kaufmännischer Verband Ost

Der St. Galler Kantonsrat hat das Gerichtsgesetz revidiert und dabei die seit über 100 Jahren existierenden und bewährten Arbeitsgerichte abgeschafft. Für die Arbeitnehmenden, die sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen wehren und um ausstehende Löhne kämpfen müssen, führt dies zu massiven Verschlechterungen und letztlich profitiert auch die öffentliche Hand nicht von Kostenersparnissen. Am Wochenende vom 1. Juni 2008 wird im Kanton St. Gallen über das Gerichtsgesetz abgestimmt. Der Kaufmännische Verband Ost - wie auch alle anderen Angestelltenverbände und die Gewerkschaften - lehnen die geplante Abschaffung der Arbeitsgerichte ab und setzen sich für ein Nein an der Urne ein. Dieses Nein richtet sich nicht gegen die gesamte Justizreform.

 

Eveline Florian, Geschäftsleiterin Kaufmännischer Verband Ost

21:05:2008

 

Warum etwas abschaffen, das sich bewährt hat? Die Arbeitsgerichte im Kanton St. Gallen blicken auf eine über 100-jährige Erfolgsgeschichte zurück, in deren Verlauf wegweisende Entscheide gefällt wurden, die auch gesamtschweizerisch von Bedeutung sind. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Schaffung neuer Schlichtungsstellen verbessert weder die Qualität der Rechtsprechung noch spart sie Kosten. Bereits heute werden nämlich rund zwei Drittel der Fälle, das sind 700 Fälle jährlich, durch einen Vergleich geschlichtet.

 

Dem Leitsatz der Befürworter "schlichten statt richten" leben die Arbeitsgerichte unlängst nach. Ihr Vorgehen ist sehr effizient, kostengünstig und effektiv. Welche Erfolgsquoten künftig mit den neuen Schlichtungsstellen erzielt würden, ist sehr ungewiss. Die Schlichtungsstellen hätten im Gegensatz zum bestehenden Arbeitsgericht keine Entscheidungskompetenzen: Misslingt die Schlichtung, muss das Verfahren an das Kreisgericht weitergeleitet werden. Eine neue Instanz wird sich dann mit dem Fall befassen und zu einem Urteil kommen.
Ein Weiterzug ans Kreisgericht ist kosten- und zeitintensiv. Dass langwierige und aufwändige Gerichtsverfahren auch psychisch und physisch belastend sein können, liegt auf der Hand. Die Angestellten werden krank oder erfahren Leistungseinbussen und die Arbeitgeber/innen müssen sich auf einen langwierigen Rechtsstreit anstatt auf ihre Unternehmeraufgabe konzentrieren.


Warum auf die hohe Professionalität der Arbeitsgerichte verzichten? Beim Arbeitsgericht geht es nicht ausschliesslich um juristisches Fachwissen, vielmehr zählen die Kenntnisse und Erfahrungen aus der Arbeitswelt, dem Arbeitsalltag, den Betriebsorganisationen und Unternehmenskulturen. Deshalb ist es wichtig, dass Arbeitsgerichte als spezialisierte Fachgerichte mit ihren praxisnahen Entscheiden das Arbeitsrecht kontinuierlich weiterentwickeln und an die heutigen Realitäten in der Arbeitswelt anpassen.

Der Kaufmännische Verband Ost bedauert, dass nicht über einzelne wichtige Punkte der Vorlage abgestimmt wird, sondern nur ein Ja oder ein Nein zum gesamten Revisionspaket gegeben werden kann. Einmal mehr wurde zuviel in eine einzelne und komplexe Reform hineingepackt. Mit einem Nein zum Gerichtsgesetz setzt sich der Kaufmännische Verband Ost für den Erhalt der professionellen, kostengünstigen und sozialfreundlichen Arbeitsgerichte ein.


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