Sarah und Marie, beide anderswie - ein Buchtipp

Bild
"Marie anderswie", erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Beziehung.
Bild
Marie und Sarah, zwei Frauen mit "Behinderung".

Carolin Schairer
Marie anderswie
Taschenbuch, sFr. 36.90
ISBN: 978-3-89741-297-2

Aus der Feder von Carolin Schairer stammen auch die Bücher:

Ellen, erschienen 2009

die Spitzenkandidatin, erschienen 2005

Mehr sehen Sie unter diesem Link.

„Marie anderswie“ erzählt die Geschichte der lebenslustigen Kunstgeschichts-Studentin Sarah und der hoch intelligenten Molekulargenetikerin Marie. Sie lernen sich durch Sarahs Vater kennen, der ein Forschungsinstitut leitet und seine Tochter bittet, Maries Aufenthalt in Wien möglichst angenehm zu gestalten. Damit erhofft er sich, die Jungforscherin als neue Mitarbeitende zu gewinnen.

 

Cornelia Forrer

14:08:2012

 

Sarah und Marie verstehen sich am Anfang gar nicht. Marie ist schweigsam und meidet Menschenansammlungen, da sie am Asperger-Syndrom erkrankt ist, einer autistischen Kommunikationsstörung. Nur zaghaft nähern sich die beiden Frauen an. Aus seltenen Berührungen entsteht mit der Zeit eine aussergewöhnliche, tiefe und sehr liebevolle Beziehung.


Besonders in der Schilderung der inneren Einsamkeit von Marie, versteht sich die Autorin hervorragend, in die beeinträchtigte Frau  einzudenken und Gefühle zu beschreiben. Sarah indessen merkt mit der Zeit, dass sie sich vom Freundeskreis entfernt hat und dessen oberflächliches Tun nicht mehr ertragen kann. Maries charakterliche Beschreibungen sind sehr schön, fesselnd und faszinierend. Die Gedankenspiele von Sarah und ihr Ringen mit sich selbst und bis zum Coming-Out  werden sehr glaubhaft geschildert.


Das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt auf der Beziehung der beiden Frauen. Einige Schilderungen wirken zwar etwas konstruiert und einstudiert, dennoch ist das Buch besonders lesenswert. Man fragt sich zwar, wo die Autorin ihr Wissen über Autismus oder zur  Molekulargenetik zusammentrug, da die Beschreibungen in gewissen Punkten etwas dünn scheinen. Es ist aber  auch nicht wirklich störend und  tut der Geschichte keinen Abbruch..


Doch das Buch ist mehr als eine blosse Liebesgeschichte. Der Lesenden kommen Gedanken über psychische Krankheiten, die in unserer modernen Gesellschaft oft im Verborgenen bleiben. Sass ich im Bus oder stand ich auf dem Bahnhof, bewegte ich mich in der Stadt oder kaufte ich ein, ich begann Menschen zu lesen, mir Gedanken zu machen, was sie tun, woher sie kommen, was sie bewegt. Ganz bewusst und mehr noch als gewöhnlich.


Caroline Schairers Bücher „Ellen“ und „die Spitzenkandidatin“ sind faszinierend und begeisternd. Die Erwartungen an „Marie anderswie“ waren darum meinerseits extrem hoch. Doch die Geschichte vermag zu fesseln. Es ist auch gut spürbar, wie sich die Autorin auf emotionaler Ebene  selber weiter entwickelt,  je mehr sich die Beziehung der beiden Frauen verändert. Sarah, die noch nie verliebt war, lernt von Marie, und Marie öffnet sich Sarah mehr und mehr im Laufe der Geschichte.


Wer Bücher mit Tiefgang, mit Gefühl und sanfter Geschichte mag, der wird „Marie anderswie“ lieben. Wer aber Action bevorzugt, kommt nicht auf seine Kosten. Mein Fazit: "Marie anderswie" ist ein wundervolles Buch voller Spannung, mitreissender Gefühlsbeschreibungen, beeindruckender und fesselnder Gedanken. Caroline Schairer erzählt eine Liebesgeschichte zwischen zwei ungewöhnlichen Frauen. Welche ist wirklich behindert und welche ist es nicht? Und was heisst schon „behindert sein“? Finden Sie es selbst heraus! 



zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch