Warum nicht eine Kuh in Rosa?

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Gibt an der Olma 2012 Einblick in ihre Kunst: Michèle Rupp aus Pfäfers. Bilder: HBR.
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Malen hat einen hohen Stellenwert im Leben von Michèle Rupp.

Blicke in den Bäuerinnenalltag

Wie läuft der Alltag einer Urner Bäuerin ab, die Kinder hat, auf dem Betrieb mitarbeitet, z Alp geht und dazu noch malt? Oder wie sieht die Kunst einer Bäuerin aus, die im Waadtland mit ihrem Mann einen Weinbauernbetrieb führt, in Südafrika aufgewachsen ist und sich zur Kunsttherapeutin ausbilden lässt?

Die Sonderschau „Fensterblicke – Bäuerinnen machen Kunst“ an der Olma 2012 zeigt nicht nur die Werke dieser beiden und 19 anderer Bäuerinnen – in Kurzfilmen ist auch zu sehen, wie unterschiedlich das Leben und Arbeiten der Bäuerinnen ist. Ein Beizli mit Spezialitäten von Bäuerinnen sowie aus der Region ergänzt die Sonderschau. pd.

21 Bäuerinnen aus verschiedenen Regionen der Schweiz zeigen in der Olma-Sonderschau „Fensterblicke – Bäuerinnen machen Kunst“ ihre von einer Jury ausgewählten Kunstwerke. Das Sarganserland vertritt Michèle Rupp aus Pfäfers, die auch mal eine Kuh in Rosa malt.

 

Helen Baur-Rigendinger, Walenstadt

09:10:2012

 

Die Schweizer Bäuerin gibt es nicht“, hält der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband SBLV im Hinblick auf die Olma-Sonderschau fest. Jede Bäuerin habe ihre eigene Rolle. „Es gibt wohl beinahe so viele Bäuerinnen-Rollen wie es Bäuerinnen gibt.“

 

Zahlreiche Schweizer Bäuerinnen engagieren sich künstlerisch und schaffen Werke von hoher Qualität. Sie und ihre Kunst werden die Sonderschau „Fensterblicke – Bäuerinnen machen Kunst“ prägen. Traditionelle und modernste Werke treffen aufeinander. Aquarell- und Ölbilder können bestaunt werden, Bilder in Filz, in Mischtechniken sowie Scherenschnitte, Skulpturen und NatureArt.

 

Michèle Rupp, 51 Bäuerinnen reichten ihre Werke zur Beurteilung ein. 21 Bäuerinnen wurden ausgewählt. Was war das für ein Gefühl, als feststand, dass Sie ausstellen dürfen?

Michèle Rupp: (bescheiden) Klar war ich ein wenig stolz, dass man Gefallen an meinen Werken findet. Es gibt so viele talentierte Bäuerinnen, da ist es nicht selbstverständlich, dass man dabei ist.

 

Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut etwas zu riskieren“, zitieren Sie auf Ihrer Hompage Vincent Van Gogh. Brauchte es Mut, sich für die Olma-Sonderschau zu bewerben?

Nein, Mut brauchte es nicht. Aber wenn man an einer Ausstellung mitmachen möchte, fällt Arbeit an. Man muss sich vorstellen, Unterlagen einschicken. Ich glaube, ich darf das verraten: Ich habe vorab Kühe – natürlich gemalte – eingeschickt. Die passen gut zur Olma.

 

Die lebensgrossen Kühe, die Sie vor drei Jahren an die Betonmauer entlang der Strasse nach Pfäfers malten, sorgten und sorgen noch immer für Aufsehen. Wie kamen Sie auf die Idee, Passanten Einblick in ihre Kunst zu geben?

(lacht) Die Garage gehört meiner Nachbarin, zu der ich eine gute Beziehung pflege. Sie fand die Betonmauer hässlich. Und sie liebte meine Kühe.

Weil feststand, dass unser Sohn im Jahre 2010 den Hof übernimmt, wollte ich noch eine Spur hinterlassen. Ich machte kleine Skizzen und pinselte dann schon bald einmal mit Acrylfarben aus guter Qualität drauflos. Die Realisierung des Werkes, auf dem nebst Kühen auch Geissen und ein Schaf ersichtlich sind, nahm einen ganzen Monat in Anspruch. Die Leute reagierten begeistert. Noch heute erhalte ich Rückmeldungen und Komplimente.

Sie malen also nicht nur Kühe?

Nein, nein. Ich halte alles fest, was mir in meiner Umgebung begegnet. Hühner und Gänse beispielweise, Geissen und Schafe – aber auch Menschen. Fasziniert hat mich ein altes Bild, das wir auf unserer Diele fanden. Darauf abgebildet waren Gemeindearbeiter, die dazumal für 70 Rappen in der Stunde Schnee schöpften. Ich habe das Sujet übernommen und die Bilder an der Ausstellung „Mensch und Taminatal“ der Öffentlichkeit gezeigt.

 

Was zeigen Sie an der Olma-Sonderschau?

Insgesamt sind es vier grossflächige, von der expressionistischen Malerei inspirierte Werke. Die Kühe sind nicht fotogetreu. Warum nicht eine Kuh in Rosa? Das Spiel mit Farben, das Leben und Licht ins Bild bringt, reizt mich ganz besonders.

 

Wann und warum haben Sie zu malen begonnen?

Ich habe schon immer gerne gemalt. Als unsere vier Kinder grösser wurden, blieb mehr Zeit für meine Leidenschaft. Ich bildete mich an der Malschule von Silvio Giacometti in Chur und an der Zürcher Hochschule der Künste weiter. Als feststand, dass unser Sohn in unsere Fussstapfen tritt, habe ich mir mit einem eigenen Atelier in Bad Ragaz einen lange gehegten Wunsch erfüllt.

 

Wer genau hinhört, dem fällt Ihr Akzent auf. Wo haben Sie Ihre Wurzeln? Warum wurde das Taminatal zu Ihrer Wahlheimat?

Geboren in Den Haag, weilte ich als Kind Jahr für Jahr in Pfäfers in den Ferien. Ich verliebte mich nicht nur in die Schweizer Natur, sondern auch in einen Bergbauern. Nach der Hofübergabe vor zwei Jahren bin ich derzeit am Aufbau einer neuen Existenz. Ein spannendes Unterfangen, vergleichbar mit dem Beginn meines Engagements als Bäuerin. Das Malen wird natürlich weiterhin einen wichtigen Stellenwert in meinem Leben haben. Derzeit darf ich ein Hotel im Wallis mit meinen Bildern einrichten.


Ihr Atelier „Rot“ in Bad Ragaz öffnen Sie nicht nur für Besuch, sondern auch für freies Malen. Wird davon Gebrauch gemacht?

Es kommen immer wieder Leute, Frauen und Männer, die bei mir tagsüber oder abends kreativ sind. Sie suchen Ablenkung vom Alltag und verlassen am Schluss müde und zufrieden das Atelier. Ich begleite sie bei ihrem Tun. Eine schöne und dankbare Aufgabe. Spass gemacht hat diesen Sommer auch das freie Malen auf der Strasse – ein Projekt, das ich mit der Buchhandlung Schuler realisiert habe.

 

Zeigen Sie Ihre Werke auch im Sarganserland?

Nach diversen Ausstellungen im Bündnerland und in Stäfä ZH, die Partnergemeinde von Pfäfers, organisiere ich am 19./20./21. Oktober im Städtlitorkel von Sargans eine Gemeinschaftsausstellung mit Trijnie Veenstra (Filzkunstgegenstände) und Felix Gort (Holzskulpturen) aus Valens.

 

Bleibt zum Schluss noch die „Werbung in eigener Sache“. Warum soll man die Olma 2012 vom 11. bis 21. Oktober in St.Gallen besuchen?

Olma ist Tradition. Im Rahmen dieser Ausstellung Bäuerinnen Gelegenheit zu geben, ihre künstlerischen Arbeiten vorzustellen, finde ich genial. Sicher ist es total spannend zu verfolgen, wie viele starke Bäuerinnen es hierzulande gibt. Wer Kinder hat, im Betrieb anpackt und daneben noch Zeit findet, seinem Hobby „Kunst“ zu frönen, muss stark sein.


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