Vom Matriarchat auf der Südseeinsel Palau

15:08:2014

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Filmszenen aus dem Film: Insel der Frauen. Ein Matriarchat in der Südsee. Dokumentarfilm von Klaus Werner. Frankfurt/Main: Colorama-Film [2012]
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Filmszenen aus dem Film: Insel der Frauen. Ein Matriarchat in der Südsee. Dokumentarfilm von Klaus Werner. Frankfurt/Main: Colorama-Film [2012]

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Das Leben in Palau richtet sich nach einer mütterlichen Ordnung, Frauen und Männer profitieren beide davon. Die wichtigste Zeremonie ehrt jede erstgebärende Frau. Über viele Wochen wird sie umsorgt, geölt, massiert und gebadet, um dann in einem grossen Fest einer Göttin gleich zu erscheinen, von allen erwartet und umtanzt. Im Frauenpavillon im Stadtpark St. Gallen zeigt die Filmerin Uschi Madeisky Filmsequenzen aus Palau und wagt zusammen mit der Kulturforscherin Dagmar Margotsdotter-Fricke und der Filmerin Daniela Parr einen Kulturvergleich: Donnerstag, 21. August 2014, Türöffnung 18.00 Uhr, kleines Buffet. Beginn der Filmvorführung 19.00 Uhr.

 

Christina Schlatter

 

19‘000 Menschen leben auf der 200 Kilometer langen Inselkette im Westpazifik. Der Archipel umfasst acht grosse Inseln und Hunderte kleiner, steil aufragender Felsen im Meer. Los Palos (Pfähle) sagten die Spanier, daraus wurde Palau. Die ersten Bewohner von Palau kamen vermutlich aus Indonesien, Australien oder Polynesien und besiedelten die Inseln schon um 1000 vor unserer Zeitrechnung. Der spanische Entdecker Ruy López de Villalobos sichtete die Inseln erstmals 1543 und nahm sie für Spanien in Besitz. Im Laufe der Kolonialzeit gehörte Palau zu Spanien, Deutschland, Japan und unter die Schirmherrschaft der USA. Nach vielen Kämpfen erreichte es 1994 die Unabhängigkeit.

 

Palau ist matrilinear organisiert, die Frauen haben traditionell eine starke Stellung. Dienst an der Familie ist hohe Pflicht. Der/die Einzelne wird nicht als Individuum geboren, sondern als Mitglied eines Clans. An dessen Spitze stehen immer Frauen, sie verfügen über den Landbesitz der Sippe, kontrollieren das Geld und die Schenkwirtschaft. „Männer sind Wolkenschieber, stark darin, heisse Luft von sich zu geben. Männer sind nichts als ein Furz im Wind“, sagen die Frauen.

 

Wichtig für die Schenkwirtschaft und die Rolle der Frauen in Palau ist das Steingeld Udoud, das um den Hals getragen wird und der Toluk, das sind Münzen aus dem Panzer der Schildkröte. Der Dollar ist Arbeitslohn und offizielles Zahlungsmittel. Steingeld und Toluk sind Währungen zwischen den Clans, in einem über Jahrhunderte gewachsenen Tauschsystem. Eine Hochzeit ist Geschäftsbeginn zwischen zwei Clans. Die eine Seite gibt Toluk, Steingeld und Dollar, die andere Partei stellt die Ehefrau. Immer wenn die einen zahlen, arrangieren die anderen Festessen. Zahlungen und Geschenke erfolgen auch bei der Geburt und die letzte Rate bei Tod oder Scheidung. So gesehen ist ein Clan mit vielen Töchtern reich, weil mit jeder Heirat Geld einfliesst.

 

Heiratet der Bruder, wird er Vater oder Witwer, so trägt die Schwester die Verantwortung für den Finanztransfer von Clan zu Clan. Im Gegenzug fängt der Bruder Schildkröten für seine Schwester und sorgt so für steten Toluk-Nachschub. Ausserdem bekommt die Schwester ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Braut. Die Auswahl der Schwägerin ist deshalb entscheidend, weil sie für den Clan wichtige Dienste leistet (vgl. Spiegel online, 29.12.2003).

 

Die Filmerin Uschi Madeisky drehte mit Klaus Werner in Palau, daraus entstand der Film „Insel der Frauen – ein Matriarchat in der Südsee“, welcher u.a. diese Schenkwirtschaft beleuchtet. Am Abend im Frauenpavillon werden Sequenzen aus dem Filmmaterial gezeigt. Im Zentrum steht die wichtigste Zeremonie, die es auf dieser Inselkette gibt, die Ehrung einer Frau, die zum ersten Mal geboren hat. Über viele Wochen wird sie umsorgt, geölt, massiert und gebadet, um dann in einem grossen Fest einer Göttin gleich zu erscheinen, von allen erwartet und umtanzt. Um den Hals trägt sie das palauische Steingeld. Es wird immer nur an Frauen gegeben, für ihr Frausein und für ihre Fürsorgetätigkeiten. Zu diesem Fest kommen die Clans zusammen und feiern die Geburt.

 

Uschi Madeiski, Filmerin, Herausgeberin der Zeitschrift MatriaVal und Lehrende an der Akademie ALMA MATER wird an diesem Abend begleitet von der Kulturforscherin und Autorin Dagmar Margotsdotter-Fricke und von Daniela Parr, Filmemacherin und Absolventin der Filmhochschule Ludwigsburg. Das Trio wird Fragen beantworten und mit dem Publikum zusammen einen Kulturvergleich wagen.

 


 



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