Im Monat der Jungfrau - 22. August bis 22. September 2008

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Drei Jungfrauen
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Auf die warmen Sommerwochen folgt schon bald eine kühlere Zeit. Die Vergnüglichkeiten der Ferienzeit werden abgelöst vom Wiedereinstieg in die Arbeitswelt. Es ist kein Zufall, dass die astrologischen Zeichen diesem allgemeinen Erleben entsprechen. Löwe war ein warmes Feuerzeichen, während die Jungfrau ein kühles Erdzeichen ist. Überschwang kommt wieder auf den Boden. Ernüchterung. Fertig lustig. Vernunft ist wieder angesagt. Kein Wunder, gehört die Jungfrau nicht zu den beliebstesten Zeichen.

 

Patricia Ertl

19:08:2008

 

Bescheidenheit ist eine Zier

Der Ernst des Lebens mit einer ausgeprägten Arbeitsmoral steht im Lande Schweiz an hoher Stelle. Im Horoskop der Schweiz ist das stark besetzte Zeichen Jungfrau an höchster Stelle. Emsiges Schaffen, fleissig, genau. Im Beobachter vom Juli 2008 werden typische Eigenschaften des schweizerischen Selbstbildes beschrieben: zurückhaltend, bescheiden, ordentlich, korrekt, zuverlässig, pünktlich, arbeitsam, u.s.w., die ganzen Jungfrau-Tugenden, wie sie sich in jedem Astro-Büchlein nachlesen lassen! Nichts tun (Gegenpol Fische) ist suspekt und verpönt. Das Brot will verdient werden! Und Angst lauert dahinter: Was ist, wenn ich den Arbeitsplatz verliere? Womit verdiene ich dann meine Existenz?


Demut und Unterordnung?

Erst kürzlich hörte ich einen Astrologielehrer unserer Zeit sagen, es sei die Aufgabe der Jungfrau, sich unterzuordnen. Und auf bekannten Astrologie-Symbolkarten sehe ich die Jungfrau dargestellt als demütig knieende Frau, mit Kopftuch, den Blick zu Boden gesenkt. Wenn ich höre und sehe, wie die Jungfrau in der Astroszene gängigerweise dargestellt wird, stellen sich der Feministin in mir oft die Haare zu Berge. Was für Botschaften werden da vermittelt?! In einem patriarchalen Kontext haben solche Bilder brisante politische Bedeutung. Welche Inhalte in unserem Unterbewusstsein werden damit angesprochen? Da denken kluge Frauen (jungfraugemäss) nach und stellen kritische Fragen!


Die einzige Frau

Von allen zwölf Zeichen ist die Jungfrau dasjenige, das am schlechtesten wegkommt. Der Skorpion gilt zwar auch als recht zweifelhaft, bekommt aber immerhin noch so was wie eine Mischung aus Faszination und Respekt. Und der Steinbock, na ja, der bringt es doch zuweilen recht weit im Leben. Aber wer würde schon freiwillig eine Jungfrau wählen?... Von allen zwölf Zeichen ist die Jungfrau das einzige Zeichen, das uns in eindeutig weiblicher Gestalt erhalten ist. Wer ahnt da einen Zusammenhang?!
Frau nehme die Jungfrau-Gabe der kritischen Vernunft und denke scharf nach (der Denkplanet Merkur ist im Jungfrauzeichen erhöht!). Wie kommt es eigentlich, dass ausgerechnet das einzig explizit weibliche Zeichen so erniedrigt wurde in der patriarchalen Astrologie? Erklärungen lassen sich nur finden, wenn lange historische Zeiträume in ihrer Entwicklung untersucht werden.


Die Macht der Bildersprache

Symbole und ihre Wertungen haben eine mächtige Wirkung auf unser Unterbewusstsein. Das war den Machthabern schon immer bewusst. Die Bildersymbole der Astrologie haben ihre Wurzeln in den matriarchalen Religionen. Ich staune immer wieder, wie sich urtümliche Zeichen über Zehntausende von Jahren eine unzerstörbare Kontinuität erhalten. Was sich jedoch ändert im Laufe der Zeiten, das sind die Interpretationen und Wertungen, die eine Kultur den Symbolen zuschreibt. Kein anderes Zeichen wurde so reduziert wie die Jungfrau! Wer war sie, bevor sie gedemütigt wurde zu einer Arbeitsmagd?


Märchenhaftes

Aus der Märchenwelt kennen wir das Motiv der verwunschenen oder verwaisten Prinzessin, die als Unerkannte in widrigsten Umständen niedere Magddienste leisten muss. Aschenputtel sortiert mit Hilfe der Tauben die Körnlein aus der Asche (Tauben waren Symboltiere der Göttin). Durch eine lange Leidenszeit muss sie gehen, bis endlich die Umstände sich ändern und Prinz und Hochzeit und Happy End kommen. Auf ihrem Überlebensweg helfen ihr sprechende Tiere und die Wesen der Anderswelt.
Das ist nicht einfach eine Kindergeschichte. Das ist (später christlich und moralisch zurechtgestutzt) im urprünglichen Motiv die Geschichte der einstigen Göttin, ihrer Unterdrückung und Verstossung ins Exil, ihres langen Weges als Unerkannte, Unsichtbare, Schwarze. Madonna under cover. Inkognito. Bis zu ihrer Wiederauferstehung. Der glanzvollen Rehabilitation und neuen Inthronisation. Bis zur neuen Verbindung von Frauen und Männern. Und wir, auf der Schwelle in ein neues Zeitalter, haben gerade angefangen, die Göttin langsam wieder zu entdecken! Erkennt ihr die Spannweite der Geschichte?


Die Umkehrung ins Gegenteil

Eine der Machtstrategien der patriarchalen Kulturen war es, die Symbole der Göttinkultur in ihr Gegenteil zu verdrehen. Die Bilder selbst konnten nicht zerstört werden, dazu sind sie zu stark in der menschlichen Psyche verankert. Aber ihre Interpretation und Wertung, die lässt sich manipulieren und gezielt verändern. Aus der Göttin wurde Hexe, aus Königin wurde Sklavin, aus Orten der Heilung wurden Orte des Teufels, aus heiligen Plätzen verfluchte Stätten, aus Licht wurde Schatten, aus Leben wurde Tod.


Die heilige Jungfrau

Einst war sie die dreifaltige Göttin, die ohne Zutun eines Mannes aus sich selbst heraus das neue Leben gebar. Die parthenogen Gebärende. Die Unabhängige. Aus sich selbst Schöpfende. Die sich selbst Erneuernde. Die Idee der jungfräulichen Geburt ist nicht bloss eine Fragwürdigkeit der christlichen Kirche. Die Wurzeln reichen viel tiefer zurück, zur Frau, die das Leben aus sich selber schöpft. Jung und frei schweifte sie durch die Wälder, die Tiere als ihre Gefährten. Oft wurde sie dargestellt als Jägerin, mit Pfeil und Bogen, wehrhaft und wild. Das pure Gegenteil der patriarchalen Jungfrau. Das pure Gegenteil von Unterwürfigkeit.


Die Grosse Ordnung

Um eins klar zu stellen: Bei der Jungfrau geht es nicht um Unterordnung. Das ist ein Wort aus dem patriarchal-hierarchischen Vokabular (leider basieren heute noch die meisten Arbeitsverhältnisse auf diesem System). Der Jungfrau geht es vielmehr um Einordnung. Das gilt es deutlich zu unterscheiden! Es geht nicht um Einordnung in ein patriarchales Herrschersystem, sondern um die Ordnung des Lebens und die Gesetzmässigkeiten der Natur, deren Teil wir sind (was wir leider vergessen haben). Denn was wir drinnen sind, das tun wir draussen. Wie im Kleinen, so im Grossen, und umgekehrt. Die Welt ist ein Spiegel.


Lernen von der Natur

Die Jungfrau ist ein Erdzeichen. Also schauen wir in die Natur: was offenbart sie uns über die Botschaften dieses Zeichens? In der Natur geht es nirgends um Unterordnung. Aber jedes Wesen, jede Gattung, jede Lebensform hat ihren spezifischen, den ihr gemässen Platz im grossen Ganzen. Diesen erfüllt es mit Vollkommenheit. Es lebt die eigene Fülle und dient gleichzeitig dem Ganzen. Das ist die Aufgabe der Jungfrau. Doch Dienen will recht verstanden sein. Es geht nicht darum, Fremdbestimmung zu erfüllen, sondern den eigenen Platz zu finden, der den eigenen Gaben entspricht. Und es geht um Anpassung an die Spirale des Lebens.
Erst wenn wir wieder lernen, uns den Rhythmen der Natur anzupassen, wird gesunde Entwicklung möglich. Isolierter Individualismus losgelöst von Mutter Erde führt zu verzerrten, kranken, destruktiven Resultaten. Die Jungfrau will uns lehren, zu den Gesetzen der Natur zurückzukehren, um Heilung zu finden. Dabei hilft sie uns, die Spreu vom Weizen zu trennen und feine Unterscheidungen mit der nötigen Klarheit zu treffen.


Wachstum braucht seine Zeit

Der patriarchale Allmachtswahn kennt in seiner Machtgier keine Schranken. Unbegrenztes Wachstum um jeden Preis ist sein einziges Credo. Die Folgen kennen wir. Ausbeutung aller Ressourcen bis zur vollkommenen Erschöpfung. In diesem Sinne ist wahrlich gesunde Demut wieder vonnöten. Rückkehr zu einer Lebenshaltung, die sich freiwillig in die Rhythmen von Aussenwendung und Innenkehr einordnet und das Verwobensein der Polaritäten von Natur und Spirit anerkennt. Akzeptanz von natürlichen Grenzen und zyklischer Zeit.
Zur Weisheit der Jungfrau gehören kleine Schritte und die Einsicht, dass alles seine ihm eigene Zeit hat (Prediger 3, 1-11). Jungfrau mag keine Erdbeeren im Winter. Gesundes Wachstum lässt sich nie erzwingen, sondern braucht Geduld. Überdüngte Felder ergeben Früchte ohne Leben, gross aber geschmacklos, und ausgelaugte Böden. Damit sind auch wir gemeint, nicht nur die Erde! Was aussen geschieht, ist auch innen. Wie viel Zeit brauchen wir noch für diese Erkenntnis?


Mutter des Lebens

Die Gestalt der Jungfrau war sehr mächtig, wie alle Symbole lebensschöpferischer Kraft. Kein Wunder, hatten es die patriarchalen Propagandaexperten mit ihren Entwertungsstrategien ganz besonders auf SIE abgesehen! Auf alten Bildern sehen wir die Jungfrau noch mit einem Palmzweig in ihren Händen (die Palme war ein Symbolbaum der Göttin) oder mit Getreidehalmen im Arm. Sie wird oft gleichgesetzt mit der griechischen Demeter oder der römischen Ceres, der Kornmutter der landwirtschaftlichen Kulturen. Die Mutter des Lebens. Aber auch die Schnitterin des Korns, so wie es im Herbst der Jahreskreis mit sich bringt. Die gesammelten Garben bilden die Nahrungsvorräte für den Winter. Vorsorge zur Zeit der Fülle.


Die Jungfrau und das Kind

Schon in den alten Mythologien finden wir das Bild der Göttin mit dem Kind. Es ist ein Urbild der Menschheit. Demeter und Kore. Isis mit Horus auf dem Schoss. Maria mit dem Jesuskind. Es gab Zeiten, da spielte es nicht so eine Rolle, von welchem Vater ein Kind gezeugt wurde. Wer weiss, wann der Zusammenhang von Zeugung und Geburt entdeckt wurde? Die Erbfolge erfolgte über die mütterliche Blutlinie, denn die Mutter war immer klar. Lange glaubte man, das Kind bilde sich aus dem Blut der Mutter, dieser magischen roten Flüssigkeit, die von gebärfähigen Frauen als Menstruationsblut im Rhythmus des Mondes vergossen wird. Blut des Lebens, voll geistiger Kraft.
Jedenfalls ist es kein Zufall, dass im Patriarchat die Sicherstellung der Vaterschaft und die Kontrolle über die Jungfräulichkeit der Braut eine so extreme Bedeutung bekamen zur Sicherung der männlichen Macht. Unkeuschheit riskierte den Tod. Steinigung kommt heute noch vor. Und denken wir nur an die Beschneidung von Millionen von Mädchen. Diese ganzen Gräueltaten stehen im Kontext der patriarchalen Vergewaltigung der Jungfrau.


Ja zum Leben in der Materie

Die jungfräuliche Maria wurde, wie wir alle wissen, von der Kirche ins Geistige sublimiert, sozusagen ins gegenüberliegende Zeichen Fische (Das Fischezeitalter entspricht in etwa der christlichen Ära). Die heilige Mutter, losgelöst von allem Irdischen. Im Gegensatz dazu lebten alle Naturvölker noch im Bezug zur Mutter Erde und ihrer Fruchtbarkeit. Weiblichkeit war die Grundlage des Lebens. Die Materie (von lateinisch mater = die Mutter) war heilig.
Auch unsere Körperlichkeit, und insbesondere die Körper der Frauen. In der dunklen Zeit des Patriarchats gingen wir durch zahllose Verletzungen. Wir nahmen die Entwertung in unsere Zellen auf. Langsam langsam finden wir heute zurück zu einer Haltung, mit der wir unseren Körper und den Körper von Mutter Erde wieder akzeptieren, schützen und ehren können.


Zeit zur Heilung

Es braucht viel Zeit zur Heilung. Nicht umsonst ist das Zeichen Jungfrau noch in der modernen Astrologie verbunden mit allen Gesundheitsthemen, mit Ernährung, Körperpflege, Achtsamkeit, Pflege des irdischen Lebens. Von patriarchaler Vergeistigung zu wohlgeplanter Wellness! Von der Verneinung alles Irdischen zu neuer Bejahung des Lebens auf der Erde! Ein ganz schöner Weg, würde ich sagen! Als Helferin dient uns die Jungfrau als einstige Göttin der ganzheitlichen Wissenschaften (Planet Merkur ist in Jungfrau im Domizil und erhöht), so wie einst in den neun Musen dargestellt. Gemäss Barbara G.Walker war MA und ME die Ursilbe für „Mutter“ (mater) und „Mass“ (daher auch unsere Wörter wie Meter, messen, Mens etc).
Wir finden sie in vielen Göttinnennamen (Demeter, Medea, Metis, Maat, etc). Die Jungfrau kennt das richtige Zeitmass für alle Dinge. Sie kennt die Qualität der Zeiten und ist somit auch die Urmutter der Astrologie. In der Gestalt verchristlichter Heiliger wird sie oft mit Buch und Feder in der Hand dargestellt (z.B. Brigitta von Schweden, Katharina von Alexandria, Teresa von Avila).
In jeder alten Kirche werdet Ihr sie in der einen oder anderen Gestalt finden! Sie verkörpert Klugheit, Weisheit und Unterscheidungskraft. Und die brauchen wir heute, auf dem Weg in eine neue Zeit, mehr denn je!


Gesundheit = Ganzheitlichkeit

So wie jedes Zeichen im Kreis sucht auch die Jungfrau immer den Bezug zu ihrem Gegenpol, dem Zeichen Fische. Jedes Zeichen braucht seinen Gegenpol, damit Gleichgewicht entsteht. Ohne wechselseitige Verbindung sind beide Seiten verzerrt. Bei Jungfrau und Fische geht es um die Verbindung zwischen Alltag und Spiritualität, Materie und Geist. Ora et labora (bete und arbeite) war der weise Leitsatz in den Benediktinerklöstern.
Wenn wir uns veräusserlichen in den Pflichten endloser Arbeiten und vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen, wird uns die irdische Existenz zur drückenden Last. Wenn wir uns immer nur den Forderungen der Aussenwelt anpassen, scheint Krankheit vielen der einzige Ausweg. Die Anzahl psychisch bedinger IV-Renten schnellt explosiv in die Höhe. Aber wahrer Ausweg führt nach innen. Der Kosmos in uns wartet mit offenen Armen.
Und wer zu träumen versteht (Fische), bekommt Energie zum Arbeiten (Jungfrau), zum konkreten Tun der not-wendigen Schritte. Gesundheit entsteht aus der (Wieder-)Verbindung der Polaritäten. Noch ist viel Bewusstseinsarbeit zu leisten, bis wir erkennen, dass wir uns und unsere Umwelt erst retten können, wenn wir die Pole Innen und Aussen in uns selbst ins Gleichgewicht bringen.

Also, liebe Jungfrauen (auch die männlichen, da gäbe es noch ganz Anderes dazu zu sagen!...), seid froh um Euer Zeichen! Hütet es, pflegt es und emanzipiert es von aller Kleinmacherei. Ihr wart einst die grössten, und wie heisst es schon in der heiligen Schrift (Mt. 19,30): die letzten werden die ersten sein!

Planeten im Jungfrau-Monat

22.8. – 22.9.08 Sonne in Jungfrau
30.8./8.19 Uhr – 1.9.08/13.46 Uhr Mond in Jungfrau
22.8. – 29.8.08 Merkur in Jungfrau
22.8. – 30.8.08 Venus in Jungfrau
ganzer Monat Saturn in Jungfrau. 


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