Tafeln wie Gott in Frankreich

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Ein kleiner Einblick in die Schau in St.Gallen.
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Teller mit Landschaft, aus Porzellan. Zürich 1770 bis 1778.

Weitere Informationen und Details finden Sie hier.

Wie man im 18. Jahrhundert in der gehobenen Gesellschaft nicht nur in Frankreich, sondern auch bei uns tafelte, das rückt eine Ausstellung im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen ins Blickfeld seiner Besucher. Unter dem Titel „Service! Reiche Speisen“ ist die Präsentation der Esskultur und des Schweizer Porzellans auch 2010 bis auf weiteres zu sehen.

 

Elke Baliarda

18:03:2010

 

Das 300jährige Jubiläum der Porzellan-Manufaktur Meissen kam eigentlich rein zufällig auf den Plan. Es ist eher die Entdeckung edlen Porzellans aus dem eigenen Fundus des Museums ausschlaggebend für diese reichhaltige St. Galler Schau. Sie stellt ausgewählte Beispiele der Manufakturen von Zürich (1763 bis 1790) und Nyon (1781 bis 1813) vor. Es handelt sich dabei um eine Sammlung, die Friedrich Eugen Girtanner (1880 bis 1956), ein St. Galler Bürger, 1943 dem Museum vermacht hat.


Verfeinerte Tafelkultur

In der gehobenen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts gehörte das Porzellan zum guten Ton. Das „Weisse Gold“ bildete den adäquaten Rahmen für das Servieren neuer Speisen und exotischer Heissgetränke. Edles Geschirr und zierlicher Figurenschmuck wurden geschmackvoll in Szene gesetzt und waren Ausdruck einer verfeinerten Tafelkultur und Kochkunst. Damals veränderten sich nicht nur die Ess- und Trinkgewohnheiten der wohlhabenden Leute, sondern auch der ärmeren Bevölkerung, die neue Nahrungsmittel in ihren Speiseplan brachte.


Dann kam der Tellerservice

„Heute ist man es gewohnt, bei einem Festessen in jedem Gang einen Teller mit bereits angerichteten Speisen zu erhalten. Diese Art des Servierens ist erst nach 1850 entstanden. Im 18. Jahrhundert war in vornehmen Kreisen der „Service à la Francais“ in Mode“, stellt Kuratorin Monika Mähr bei einer Führung durch die Porzellanwelt fest.

Bestes Beispiel ist die herrlich gedeckte Tafel gleich zu Anfang der Ausstellung. Ein opulentes Mal steht an, der Tisch ist kunstvoll arrangiert, der Gast soll schliesslich beeindruckt werden. In der Mitte thront wie üblich der Tafelaufsatz, hier mit einem Fasan.


Zürcher Porzellan

Gemäss der Porzellan-Ansammlung umfasst die Speisefolge drei Gänge. Als Vorspeise: eine Suppe in einer wunderschönen Suppenterrine, aber es könnten auch Hors d’oevres, pikante Fleisch- und Fischspeisen und Entrées gereicht werden. Höhepunkt eines jeden Festessens: die verschiedenen Braten, die man im Hauptgang servierte. Und so sieht es auch die St. Galler Tafel vor. Es gab hochwertiges Fleisch am Stück.
An erster Stelle Wild. In der Hierarchie folgten Geflügel, Lamm und Kalb. Rind und Schweinefleisch galten eher als bäurisch. Zum Hauptgang gab es als leichte Beilagen Salate, die man mit Öl, Essig und Salz anrichtete. Das krönende Dessert kam nicht etwa aus der Küche, sondern aus der Konditorei. Eine mit dem Wappen des Gastes verzierte Torte konnte von Anfang an auf dem Tisch stehen. Die Tafel zeigt eine Auswahl von Dekoren der Zürcher Porzellanmanufaktur.


Rund um den Tee

Die Ausstellung stellt aber nicht nur das Porzellan in den Mittelpunkt. Sie beleuchtet darüber hinaus die Essgewohnheiten jener Zeit. Gleich neben der gedeckten Tafel steht eine Vitrine, die die Entwicklung der Tischsitten aufzeigt. Hervorzuheben ist der Werdegang des Löffels. Wurde er zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch mit der Faust gehalten, verfeinerte sich die Handhabung des Bestecks im Laufe der Zeit zugleich mit den Tischsitten.

Im anschliessenden Flur erhält man Einblicke über die Verwendung zum Beispiel von Kaffe und Schokolade mit dem passenden Geschirr dazu. Die beiden Breiteller, einer aus feiner Fayence, sind Raritäten.

Um das 16. Jahrhundert, als die Kolonialländer ihre Besitzungen in Asien und Amerika ausdehnten, kam auch der Zucker auf’s Tapet, und recht bald war das Dessert erfunden. in verschiedenen Vitrinen steht das dazu gehörige Porzellan. Rund um den Tee gibt es eine ganze Reihe wunderschöne Beispiele an Porzellanservice.

In der Historischen Stube ist als Kontrast Bernecker Keramik aus dem 18. und 19. Jahrhundert ausgestellt. Infostationen zeigen das ganze Porzellaninventar der Historischen Museums von über 300 Objekten auf. Ausgestellt sind zirka 200 Exponate.


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