Alltagstauglich und praxisnah: Rabentöchter: Warum ich meine Mutter trotzdem liebe

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Julia Onken hat ein neues Buch geschrieben.
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Den Müttern auf der Spur aus Töchtersicht.

Julia Onken: „Rabentöchter: Warum ich meine Mutter trotzdem liebe“, C.H. Beck Verlag.

Julia Onken ist eine Autorin, die sich nicht mit Theorien aufhält. Immer nimmt sie sich für ein Sachbuch ein gerade anstehendes, meist unendlich viele Frauen betreffendes Thema vor und behandelt den Sachverhalt aus Sicht einer Betroffenen, stets psychologisch untermauert und mit Beispielen aus ihrer langen Praxis versehen.

 

Annelies Seelhofer-Brunner

29:06:2011

 

In "Rabentöchter" nähert sie sich behutsam dem schwierigen Thema Mutter-Tochter an. Aus eigener Befindlichkeit, offen und berührend verletzlich zeigt Julia Onken auf, was das Verhältnis von Töchtern zu ihren Müttern derart belasten kann, dass reflexartig die Flucht ergriffen wird, wenn sich die Mutter beispielsweise mehr Nähe wünscht.

 

Doch die Autorin bleibt nicht beim Aufzählen von Kränkungen und Missverständnisse stehen. Sie weist den Weg zu einem besseren gegenseitigen Verständnis und damit zur Versöhnung mit sich selber. Wer die - oft schwierige - Situation der eigenen Mutter besser verstehen kann, lernt auch deren Beweggründe für die oft zermürbenden Diskussionen kennen.

 

Sich abzugrenzen und "ja nicht wie die Mutter werden zu wollen" ist ja schliesslich noch kein gutes Lebensprogramm.

 

Für viele Töchter ist es eine Kränkung, zu sehen, wie sich die eigene Mutter von einem patriarchalen Vater schlecht behandeln lässt. Innerlich verachten sie die Mutter dafür, gleichzeitig solidarisieren sie sich auch mit ihr.

 

Auch die finanzielle Abhängigkeit vieler Mütter lässt heutige Töchter schaudern. Zu oft findet sich eine Mutter bei einer Trennung oder gar Scheidung in einer miserablen finanziellen Lage wieder, was sich natürlich auch auf die Kinder auswirkt und wiederum die Beziehung belastet.

 

Wenn eine Tochter lernt, sich abzugrenzen, ohne gleichzeitig die Gegenseite - hier die Mutter - abzuwerten, hat sie es nicht mehr nötig, der Mutter Vorwürfe zu machen. Sie geht ihren eigenen Weg, lernt auch der Mutter gegenüber sich offen und ehrlich zu äussern und legt so den Beginn für einen besseren Umgang miteinander. Dies wirkt sich auch auf alle übrigen Beziehungen aus.

 

Was will man beim Lesen mehr, als zum Denken angeregt zu werden? Sich den eigenen Umgang mit der Mutter genauer anzuschauen? Genau dies macht dieses Buch lesens- und bedenkenswert.

 

Es ist in einer leichtverständlichen, sehr präzisen Sprache verfasst und führt auf gut 180 Seiten durch das Minenfeld der Mutter-Tochter-Beziehung. Seite für Seite räumt die Autorin dabei Minen zur Seite, bis sich ein offenes, weites Feld auftut, das einlädt, sich dem Leben zu stellen.


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