Sandra Böschenstein im Kunsthaus Aarau

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Sandra Böschenstein: "Wie weit ist es hinter den Augen hell?", Edtion Marlene Frei, Zürich.
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Das Aargauer Kunsthaus fasziniert mit seiner Architektur.

Aargauer Kunsthaus

Öffnungszeiten:
Di-So 10-17 Uhr
Do 10-20 Uhr
Telefon: 0041 (0) 62 835 23 30.

Sandra Böschenstein wurde 1967 in Zürich geboren. Nach einem Studium der Philosophie und Kunstgeschichte absolvierte sie die Schule für Gestaltung. Sie lebt und arbeitet in Zürich. Das Kunsthaus Aarau zeigt ihre Werke noch bis zum 3. Mai 2009.

 

Ruth-Isabelle Aeberli

21:04:2009

 

Das 1959 erbaute Aargauer Kunsthaus konnte der ständig wachsenden Sammlung und der regen Ausstellungstätigkeit je länger je weniger gerecht werden. Nach mehrjähriger Planung konnte im Jahr 2003 der einzigartige Erweiterungsbau der international renommierten Architekten Herzog & de Meuron und dem Künstler Rémy Zaugg neu eröffnet werden.

Der Eingang befindet sich links neben einer Wendeltreppe, welche durch grünes Glas den Aufgang zum Rathaus und zur Kantonalbank zeigt. Der Eingang ist kaum zu sehen, wenn man nicht fast unmittelbar davor steht. Er täuscht, irritiert, weil es scheint, man würde von der Seite her eintreten. Es ist ein Betonbau, wirkt aber mit dem Glas, hohen Räumen und den weissen Metallträgern, modern, interessant und auch ästhetisch.

 

Filigranes im Großformat

Die Ausstellung der Werke von Sandra Böschenstein befindet sich im Untergeschoss, auf sechs verschieden grosse Räume verteilt. Die Ausstellungsräume sind grosse, in Weiss gehaltene Wände ohne Fenster, schlichter, grauer Betonboden. Im grössten Raum befinden sich grossformatige Werke. Es sind alles in Tusch gezeichnete und mit Stempelfarbe in Oel äusserst filigran gehaltene Werke. Im Grossformat scheint dieses Feine, filigran Gezeichnete nicht zu passen, widersprüchlich zu sein und es kann ein Gefühl von Verlorensein oder gar Beklemmung auslösen.

 

Der Film und die Titel

Sehenswert ist auch der Film von Edith Jud, die in Gegenüberstellung die Künstlerin beim Klettern zeigt  und in nebenstehendem Video dann die Arbeitsweise der Künstlerin vorstellt.
Bei den meisten Werken will man unbedingt den jeweiligen Titel lesen. Meist sind diese ein Denkkonstrukt wie man es selber nie herstellen würde. Oft auch witzig. "Eine netzt die Geraden anderer zu Kurven" oder "wie weit ist der Boden unter Betten?" - "der erschöpfte Tisch" - "die erschöpfte Vitrine".

 

Intuition oder Forschung?

Im hintersten Raum sind in drei Vitrinen verschiedene Arbeitshefte, welche Sandra Böschenstein zwischen 1997 - 2009 entstehen liess, zu sehen. Ein wahrer Fundus an Bildergeschichten, fast comichaft dargestellt. Eine sehr durchdachte, geplante Arbeit. Scheint es.

Man hat den Eindruck, dass diese äusserst feinen, detaillierten Zeichnungen weniger durch Intuition entstanden sind als eben eher geplant und denkerisch. Es entsteht schon fast der Eindruck, diese Zeichnungen seien zu  wissenschaftlichen Zwecken hergestellt worden - man erkennt dieses forschende Element der Künstlerin. Und immer wieder die Auseinandersetzung mit gleichen Themen. So wird das Brot, der Mensch, Tisch, Steinbock, Raum, Zeit, Bewegung, Rückweg, Licht, Auge, Wahrnehmung stets zum Thema gemacht.

 

Objekte und Schachteln

In einer nebenstehenden Vitrine sind auf Stecknadeln befestigte, winzige Gegenstände in Reih und Glied zu sehen, in einer nebenstehenden Schachtel nummeriert und bezeichnet. Woher stammen wohl diese Kleinigkeiten gleich in mehrfacher Ausführung?

Bei den kleinen Riegelverschlüssen ist einem das klar, bei anderen Gegenständen stellt man sich aber schon die Frage, ob sie diese längst vorher gesammelt hat und woher sie dieses Material hat. Auch bei diesen "Schachtelobjekten" dringt wieder der wissenschaftliche Geist durch. Alles dies erinnert an die Schaukästen mit aufgesteckten Schmetterlingen. Dieses Stecknadel-Objekt trägt den Titel "Würde des Belanglosen". Ganz liebevoll und spielerisch stellen sich diese Objekte dar.

An der Wand hängen dünne Metallplatten (ca. 20x20 cm) an feinen, aber starken tragenden Fäden. Darauf verschiedene winzige (ca. 1x1 cm) Objekte aus Radiergummi geschnitzt. Diese Gegenstände sind so lieblich, witzig, dass man meinen könnte, Sandra Böschenstein könnte keiner Fliege etwas zu leide tun.

Bei all diesen ausgestellten Werken fragt man sich immer wieder, ob wohl ein sehr ordnender Geist mit akribischer Geduld diese Kunst geschaffen hat?


Eine sehenswerte Ausstellung. Sehr zu empfehlen!


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