Im Monat des Schützen
22. November bis 21. Dezember 2008

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Schützinnen erwacht, Eure Energie wird gebraucht!
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Wie, wenn der Ritter den Drachen nicht töten, sondern erleuchten will?

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Tief und immer tiefer senkt sich die Sonne in den Schoss der Jahresnacht. Die Tage werden noch kürzer und die Nächte noch länger. Bis die tiefste Dunkelheit erreicht ist. In der Natur haben sich alle Kräfte nach innen zurückgezogen. Es wird winterlich. Die Zeit der hellen warmen Stuben ist gekommen…

 

Patricia Ertl

20:11:2008

 

Geistfeuer

Die Symbolik des Naturgeschehens macht uns deutlich, dass es beim Feuerzeichen Schütze nicht um ein äusseres Licht gehen kann. Es ist das Feuer in der Nacht des Jahres. Wir können das Schütze-Zeichen nur verstehen, wenn wir uns bewusst werden, dass sein Licht von Innen kommt, nicht von Aussenquellen. Seine Lichtfackel erhebt sich, derweil die äussere Sonne sich in das Dunkel senkt. Zu keiner anderen Jahreszeit ist die Sonne so schwach wie in diesen Wochen. Im Skorpion-Artikel habe ich angetönt, wie schlecht wir modernen Aufgeklärten mit der Dunkelheit umgehen können. Wir fliehen sie, wo wir nur können. Darum ist es kein Wunder, dass wir gerade in dieser dunkelsten aller Jahreszeiten alles daran setzen, die äussere Nacht zu erhellen. Kaum neigt sich der November dem Ende zu, werden die Weihnachtsdekorationen schon montiert und überall leuchten Lampen und Lämpchen in allen Farben.


Äusserer Schein

Die Dunkelheit soll mit allen Mitteln vertrieben werden, noch bevor sie ihre Kraft halbwegs entfalten konnte. Wir wollen schlichtweg nichts von ihr wissen! Sie gilt gemeinhin als schlecht und schwierig, darum weg damit! Wir investieren ein ganzes Heer von äusseren Lichtern, um die Nächte dieser Zeit zu beleuchten. Manchmal mutet es mich fast wie ein militärischer Feldzug an, diese Aggression von Licht, die unsere Wohnzonen überflutet. Ganz zu schweigen vom Energieaufwand, der für dieses Leuchtwerk investiert wird. Die Schütze-Zeit spiegelt eindrücklich, wie sehr wir die energetische Botschaft dieser Jahreszeit nach aussen verlagert haben. Statt uns vermehrt um unser inneres Licht zu kümmern, rüsten wir beleuchtungsmässig die Umwelt auf. Ob uns das weiterhilft?....


Freiheit wofür?

Unabhängigkeit und Freiheit sind Schlüsselworte des feurigen Schützezeichens. Ja, sein Geistfeuer will unabhängig strahlen von äusseren Lichtquellen, es will leuchten von innen her. Leider suchen wir Menschen die grossen Ziele des Lebens meist nur auf äusseren Ebenen. Damit soll nicht gesagt sein, dass dies einfach schlecht sei. Aber solcherart ist es einseitig, neigt zur Übertreibung und verkennt die wahren Qualitäten. In der Astrologie wird das Schützezeichen meist sehr positiv qualifiziert. Die meisten Assoziationen zum Begriff Freiheit scheinen uns rundum erstrebenswert. Wer könnte schon was gegen Freiheit haben? Doch eine differenzierte Betrachtung ist angesagt. Erinnern wir uns, dass im Patriarchat Freiheit stets ein Privileg der wirtschaftlich und militärisch Überlegenen war und missbraucht wurde zu Herrschaft und Ausbeutung. Frei waren nur die Stärkeren im System. Frauen hatten da nur wenig Zugang.

 

Schützinnen erwacht!

Umso wichtiger ist es für uns Frauen, die Schütze-Energie in uns selber neu zu beleben, wo immer wir die Möglichkeit dazu haben. Im individuellen Horoskop ist angezeigt, welche Planetenkräfte uns dabei helfen und in welchem Lebensbereich wir damit aktiv werden können. So lange mussten wir uns einschränken und klein machen. Wir können eine kräftige Portion dieser Feuerenergie brauchen. Nach langen Zeiten der Unterdrückung suchen wir den Auftrieb für unsere Selbstverwirklichung. Dieser Schwung ist nötig für unsere Weiterentwicklung! Wir brauchen das Feuer der Begeisterung für unsere individuellen und globalen Ziele!

 

Expansion ohne Grenzen

Die feurigen Zeichen werden in der patriarchalen Astrologie als männlich bezeichnet, und ihre Energie wurde in der Tat vor allem von Männern ausgelebt, den Frauen bzw. dem ihnen zugeschriebenen weiblichen Rollenbild war sie weitgehend verboten. Frau stelle sich das bildlich vor: Wie eine Herde galoppierender Pferde in der Prärie möchte das Schützezeichen eine Fläche grenzenloser Weite für seine Expansionsbedürfnisse. Es gehört zu seiner Natur, diese Bewegungsfreiheit zu beanspruchen. Immer noch weiter,  grösser, grenzenloser. In natürlichen Systemen sind die Energien jedoch im Gleichgewicht, in menschlichen leider nicht (mehr). Bei solchen Bildern stellen sich leicht die Gedanken nach Weltherrschaft ein. Länder wie die USA („das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“), das gigantische Russland oder die Weltreichziele aller grössenwahnsinnigen Patriarchen der Geschichte sprechen diese Sprache. Die riesigen Monopolbestrebungen von Politik über Wirtschaft und Religion bis hin zur „Eroberung“ des Weltraums künden von ungebremsten Schütze-Energien.

 

Die Weisheit zur Unterscheidung

Durch die Loslöseprozesse des vorangegangenen Skorpion kann Schütze leicht dazu neigen, sich völlig von allen irdischen Begrenzungen zu lösen und dann ziemlich weltfremd daherzukommen. Hier ist er vor die Aufgabe gestellt (umsomehr jetzt, wo sein Planet Jupiter durch das Steinbockzeichen läuft), Weisheit zu entwickeln, um zu unterscheiden, wo die Kraft zukunftsorientierter Visionen das Leben fördert, und wo sie im Gegenteil vom Leben entfernt. Dafür braucht er die Hilfe anderer Tierkreiszeichen, z.B. der praktischer veranlagten Zwillinge gegenüber im Kreis. Doch genau das fällt den Schützen schwer, denn als ausgeprägte Individualisten folgen sie am liebsten ihrem eigenen Weg im Leben. Dies kann Vor- und Nachteil sein. Es ist des Schützen und der Schützin Aufgabe, VisionenträgerIn zu sein! Stets aber hat er diese Aufgabe im Auftrag des Grossen Ganzen zu erfüllen, nicht nur auf Geheiss seines eigenen Ego. Dies wird leicht verwechselt.


 

Schatten des Feuers

Jedes astrologische Zeichen erfordert unsere Wachheit, um nicht von seinen Schattenseiten eingeholt zu werden. Wenn die Feuerkraft nur nach aussen gelebt wird und seine Innenorientierung verliert, entartet sie zu den bekannten Auswüchsen: Wachstum ohne Grenzen, unersättlicher Kolonialismus, gewalttätige Eroberung fremder Länder, missionarische Unterwerfung andersgläubiger Völker. Wie eine globale Krebswucherung mit ständig neuen Metastasen. Es ist der Schatten des Feuers: immer mehr, immer schneller, immer weiter, es ist nie genug! Alles und noch mehr! Schütze versucht zwar immer wieder, vor seinem eigenen Schatten davonzurennen. Aber es gelingt nicht, er kann sich nicht selber überholen. Irgendwann wird er sich umdrehen und sich mit sich selber auseinandersetzen müssen. Schützen und Schützinnen mögen mir diese kritischen Betrachtungen verzeihen. In einer Welt, die auf der Schwelle in eine neue Zeit steht, sind sie notwendig. Denn es geht nicht um noch mehr zusätzliches Wachstum (auf der äusseren Ebene), sondern um ein gerechteres Verteilen (= Gegenzeichen Zwillinge!). Dafür braucht es jedoch ein Wachstum auf der Bewusstseinsebene!


Fort-Schritt wohin?

Unsere Kultur ist zutiefst geprägt von der solaren „nach-Aussen-Orientierung“ der letzten paar tausend Jahre. Wir haben die lunare Empfängnisfähigkeit für das Spirituelle und somit den Zugang zu den inneren Qualitäten der Tierkreiszeichen weitgehend verloren. Nicht umsonst sind uns die äusseren Exzesse des Schützezeichens aus Gegenwart und Geschichte so präsent. Das Motto hiess: vorwärts und immer schneller! Doch Fortschritt dieser Art rennt immer weiter fort von den inneren Quellen und führt schliesslich in den Abgrund. Wer Schütze in seiner wahren Natur verstehen will, muss nach innen schauen. Seine Aussenspiegelungen sind nur Schatten. Schütze täte gut daran, immer wieder mal den Blick nach rückwärts zu wenden. Solche Rück-Sicht könnte ihn vor manchen Fehlern des zu schnellen Vorwärtsstrebens bewahren. Und wenn sich Schütze auf seine spirituellen Qualitäten zurückbesinnt, kann er mit seinem Optimismus, seinem Glauben an eine bessere Zukunft und seinen pädagogischen Fähigkeiten viel erreichen, für sich und Andere.


Den Drachentöter verwandeln

Wir können die Schatten der Vergangenheit, die unser Unterbewusstsein und unsere Körperzellen erfüllen, nicht einfach so hinter uns lassen. Es braucht eine bewusste Aufarbeitung. Im Verhältnis der Zeichen Skorpion und Schütze liegt symbolschwer die Dramatik des Zeitenwechsels vom Matriarchat zum Patriarchat. Die Schlange der Göttin wird vom solaren Lichthelden getötet und in den Untergrund gedrückt. Viele christliche Kirchen, die auf älteren „heidnischen“ Stätten errichtet wurden, zeigen diese Szene. Schwertengel Michael oder Sankt Georg bekämpfen den Drachen bis aufs Blut. Symbol gewaltsamer Unterdrückung der einstigen Religionen. Wir haben jedoch die Freiheit, auch dieses Symbol im positiven Sinne umzudeuten, im Versuch sowohl ursprünglichste wie auch zukünftige Lebensbilder zu finden: Lass uns überlegen. Was wäre, wenn der weisse Ritter mit seiner Lichtlanze die dunkle Schlange nicht töten, sondern erleuchten wollte? (Nein, das tönt zu überheblich). Zweiter Versuch: er schickt Bewusstseins-Licht in seine dunkle Vergangenheit (schon besser). Dritter Versuch: Was wäre, wenn die Lanze des Ritters ursprünglich kein Tötungsinstrument war, sondern, vor der patriarchalen Absicht, eine bildliche Darstellung der Verbindung von oben und unten? Das wäre die Ursymbolik des Lebensbaumes mit der Schlange, der Axis Mundi, der grossen Liebesverbindung zwischen Erde und Himmel. (Ja, das gefällt mir!) Wir brauchen mutige Neudeutungen der Symbole, um dahinter das Leben wieder zu finden!


Pfeile umdeuten

Das Schütze-Zeichen besteht aus einem Pfeil (ähnlich dem Mars-Symbol). Dieses Symbol ist eng mit dem Tod verbunden. Die Archäologie gräbt steinere Pfeilspitzen aus der Vergangenheit, uralte Tötungsinstrumente. Findige Frauen haben entdeckt, dass dieselben Pfeile, einfach andersherum angeschaut, zu dreieckigen Schosssymbolen der Göttin werden. Darin liegt ein Schlüssel der Betrachtung, ein Paradigmawechsel der Schütze-Philosophie: patriarchal angewandt war die Schütze-Energie lange Zeit ein Werkzeug, das Tod brachte, auf vielen Ebenen, und oft im Namen des Sonnengottes. Wenn wir Frauen aber mit neuem Bewusstsein dieselbe Urenergie nutzen, kann sie zum „Reittier“ werden, das uns zum Leben trägt! Dabei denke ich auch an die süssen Pfeile der Amor-Engelchen. Aus Todespfeilen werden Licht- und Liebespfeile! In diesem Sinne liesse sich die Schütze-Energie wenden auf neue Ziele, die nicht mehr der persönlichen Machtexpansion, sondern wieder dem Leben dienen!

 

Das Pferd reiten

Als Mädchen nahm ich meine ersten Reitstunden. Der Unterrichtsstil in den Reitschulen damals war militärischer Drill. Das Ross musste beherrscht werden mit Zügel und Sporen nach dem Willen des Reiters. Wenn es nicht parierte, bekam es die Peitsche. Die Reiter stiegen nach der Stunde schweissgebadet aus dem Sattel. Noch schlimmer lernte ich es in Amerika kennen, wo die wilden Pferde mit brutaler Gewalt eingeritten wurden und nicht selten bei der Tortur zugrundegingen. „To break a horse“ hiess das. Der astrologische Schütze tritt auf als Zentaur Chiron, das Mischwesen mit Pferdekörper und menschlichem Oberteil. Der Bewusstseinswandel auf der heutigen Zeitenschwelle spiegelt sich im reiterlichen Umgang mit den Pferden: Anstelle der patriarchalen Gewalt tritt immer mehr die Steuerung durch mentale Energie, auf der Grundlage eines grösseren Verständnisses der Natur dieses wunderbaren Wesens. Reiterin und Pferd bewegen sich wie EIN Wesen. Das Tier in mir, so wie Chiron es zeigt, das sind nicht einfach nur körperlich-triebhafte Instinkte, so wie es die Psychologie des letzten Jahrhunderts uns weismachen wollte. Wer je den feinfühligen Umgang mit Pferden suchte, versteht die hochsensible Wahrnehmungsfähigkeit dieser Wesen. Auf sie zu hören, könnte uns viel Hilfe bringen (vgl. Bileams Ritt auf seiner Eselstute, Numeri 22,21 ff.).


Die Absicht führt zum Ziel

Die Schütze-Energie führte seit jeher (oft mit Hilfe der Pferde) zur Erforschung bislang unbekannter Gebiete. Feuer-Energie will sich ausbreiten. Sie kann genutzt werden für alle Zwecke, je nach Absicht. Was ist das Neue, das wir entdecken wollen? Wohin wollen wir mit unserem Geist (und unserem Körper) reisen? Was sind unsere Absichten? Welchen Zielen jagen wir nach? Welche Visionen leiten unsere Gedanken? Sie sind es, die den Weg bereiten. Auf unbewusster Ebene versucht einer vielleicht nur, sein zu kleines Egogefühl mit grossen oder schnellen Autos zu kompensieren. Andere unternehmen abenteuerliche Expeditionen in die Wildnis und suchen dort ihre Highlights. Wieder Andere suchen Höhenflüge in spirituellen Reisen. Die Kraft lässt sich ganz individuell nutzen. Wir allein sind es, die mit unserem freien Willen entscheiden, wofür wir diese Energie einsetzen wollen. Und wenn Schütze seinen unsteten Geist ausrichtet auf ein Lebensziel, erfährt er die Kunst, selbst in der Bewegung Ruhe zu finden.


Reise zu neuen Ufern

Wenn unsere Suche sich aber nur auf die äusseren Ebenen des Lebens beschränkt, verlieren wir uns leicht in orientierungslosem Weiterschweifen oder frustrieren uns an Zielen, die unerreichbar scheinen. Die Energie des Schütze-Zeichens ist nicht in erster Linie für äussere Ziele gedacht. Sie birgt ein Geheimnis, das nur innen entdeckt werden kann. Sie will uns nach innen reisen lassen, in die Unendlichkeit der spirituellen Welten. Schütze sucht das Licht in der Tiefe. Wer je auf schamanische Reisen ging, ahnt was damit gemeint ist. In der Zeit, wo das äusserliche Leben abstirbt, geht es um eine Um-Orientierung der Kräfte. Dafür sind die Wintermonate da, zur Besinnung auf die inneren Ursprünge.

 

Historische Zeitenwechsel

So wie jede Jahreszeit auf die vorhergehende folgt, so folgen einander die astrologischen Zeichen in einer sinnvollen Abfolge. Skorpion ist eine Voraussetzung für Schütze. Doch wir heutigen Menschen sind aus dem Rhythmus solch natürlicher Qualitäten herausgefallen. Wir haben uns getrennt von den Rhythmen und Abhängigkeiten der Natur und fühlen uns sehr autonom. Das Patriarchat liess in uns ein überhebliches Bewusstsein wachsen, die „Krone der Schöpfung“ und allen anderen Formen des Lebens weit überlegen zu sein. Auf alten Abbildungen sehen wir, wie Schütze versucht, sein eigenes tierisches Hinterteil und damit auch seinen Unter-Leib (= Skorpion) zu erschiessen. Wir verleugnen unsere Herkunft. Wir betrachten sie als primitiv und dunkel.


Muttermord

Die Mythensprache jenes Zeitenwechsels zwischen Matriarchat und Patriarchat ist brutal: der babylonische Sonnenherrscher Marduk tötet seine Schlangenmutter Tiamat und spaltet sie in zwei Teile. Der assyrische Sonnengott Ninurta zielt mit seinem Bogen auf seine Mutter Anzu. Muttermord war das Abschneiden von unseren Ursprüngen. Seither haben wir die Verbundenheit mit unseren AhnInnen immer mehr verdrängt. Wir trennten uns von unserem spirituellen Bewusstsein der Ganzheit. Wir haben das Gefühl, alles selber (besser) zu wissen, aber wir sehen die Zusammenhänge nicht mehr und haben uns selber verloren.

 

Teilung der Welt

Im griechischen Mythos schlägt Held Perseus der schwangeren Schlangenmedusa den Kopf ab. Immer wieder finden wir dieses gewaltsame Motiv aus der Zeit der patriarchalen Eroberung der Welt. Mit dem Feuer wurden Schwerter geschmiedet, um die Sonnenreligionen durchzusetzen und den Glauben an die Muttergöttin auszurotten. Jene Zeitenschwelle führte zur Aufsplitterung der Welt, so wie wir sie heute kennen. Die Astrologie wurde sonnenbezogen und die Tierkreiszeichen flogen gewissermassen aus dem inneren Zusammenhalt. Der Mond wurde seiner Gleichberechtigung am Himmel beraubt und wurde reduziert auf kindlich-weibliche Rollenklischees gemäss den Vorschriften der neuen Herrscher. Das Gleichgewicht auf Erden und im himmlischen Pantheon ging verloren.

 

Gefahren der Isolation

Ein Schütze, der aus dem Kreis des Ganzen rausfliegt, verfällt der Gefahr subjektiver Rechthaberei. Sein Weg der Individuation führt zur Isolation. In seinem Idealismus meint er, seine eigene Wahrheit gelte gleichermassen auch für alle Andern. Nicht selten will der damit dann die Welt belehren, so wie die Pfarrer früher mit erhobenem Zeigefinger von der Kanzel predigten. So ein Schütze vergisst sein „Partner-Zeichen“ Zwillinge, das stets viele Wahrheiten kennt. Er fühlt sich hoch erhaben über dem Gerede des ungebildeten „niederen“ Volkes und hört nicht mehr auf die Weisheiten, die auch aus einfachen Worten sprechen können. Er verkennt, dass wahre Bildung eine Sache des Herzens ist. Ein weiser Spruch sagt: „Wahre Bildung zeigt sich im Umgang mit den Ungebildeten!“ In der negativen Ausprägung finden wir hier z.B. einen Hochschulprofessor, der in seinem Dünkel alles von sich weist, was nicht seinem eigenen Dogma entspricht. In der positiven Form jedoch ist es die verkörperte Sophia, die Weisheit aller Völker, die uns die Zusammenhänge sehen und die inneren Wahrheiten schauen lässt, unabhängig von der jeweils gerade vorherrschenden Weltanschauung. Wir selber entscheiden, welcher Richtung wir folgen wollen.


Verlorenheit

Mit dem Abgetrenntsein von jeder Verbundenheit mit den kosmischen Qualitäten um uns und in uns, kam gleichzeitig eine wachsende Leere auf, an deren Folgen Abertausende mehr und mehr leiden. Fehlender Sinn im Leben und Einsamkeit verfolgen uns wie Schatten, denen wir zu entfliehen suchen. Wir rennen vor den inneren Stimmen davon, bis wir in Sackgassen landen, scheinbar ohne Auswege. Bei unserer äusseren Suche stossen wir früher oder später auf Grenzen. Wenn wir die Schütze-Botschaft falsch verstehen, landen wir wieder im Dunkel des Labyrinths. Und einmal mehr fordert Skorpion dann Einsicht, Wahrheit, Wandlung.

 

Streben nach Höherem

Erst wenn wir mit Hilfe des Skorpions den Kern erkennen, das Schwere loslassen, die emotionalen Gifte ausschwemmen und uns öffnen für das Geistige, kann sich die Leichtigkeit des Schützefeuers zum Himmel ausbreiten. In der Bildersprache ist es der Vogel Phönix, der sich aus seiner eigenen Asche erhebt. Er steigt empor aus der Wandlungstiefe des Skorpion und fliegt hoch zu be-geisterten Visionen. Aber dabei übersieht er leicht die Fallen seines eigenen Tuns. Im Überschwang seiner geistigen Höhenflüge kann er schnell zum realitätsfernen Phantasten werden, der jede Bodenhaftung verloren hat. Ohne Rücksicht auf jedwelche irdischen Begrenzungen fliegt er in seinen idealistischen Gedanken über alles hinweg. Bei Schützen und Schützinnen, die ihr Ziel verfehlen, habe ich schon eine viel grössere Ober-flächlichkeit beobachtet als sie sonst den Zwillingen nachgesagt wird! Solche Schützen laufen einfach im Schnellgang über alles hinweg, weil sie der subjektiven Überzeugung sind, es eh schon zu kennen.

 

Höhenflug und Absturz

Im kretischen Mythos von Dädalus und seinem Sohn Ikarus wird das wunderbar dargestellt. Obwohl Dädalus mahnt, den Weg der Mitte zu wählen, fliegt Ikarus mit seinen Flügeln immer noch höher. Sein freier Flug endete fatal. Das Resultat war absehbar, doch Männer wie Ikarus wollen auf den Rat Anderer nicht hören. Ihr blinder Höhenflug führt sie früher oder später zum Absturz und lässt sie auf dem Boden der Realitäten zerschellen. Skorpion ist nicht bestechlich, und wer seinen Prüfungen ausweichen wollte, den holen die Schatten selbst vom höchsten Flug zurück. Nur das geläuterte Feuer kann die Himmel erreichen.


Der Blick von oben

Erst wenn wir mehr vom Ganzen und seinen verwobenen Zusammenhängen entdecken, können wir den Sinn der einzelnen Teile und der einzelnen Wegetappen unseres Lebens erkennen. So eine übergeordnete Schau, sozusagen eine geistige Supervision, ist nur aus der spirituellen Perspektive eines Adlers möglich, der genügend Höhe gewonnen hat, um die Puzzleteile unter sich als geordnetes Bild zu sehen. Es ist der Vogel Phönix, der sich aus Skorpion erhebt, aber dabei nicht völlig von der Erde abhebt. Es ist wie der Blick hinunter auf die Menschen im Labyrinth in der Kathedrale von Chartres, aus der runden Öffnung des Schlusssteins hoch oben im Kreuzgewölbe des Dachstocks. Unser Führer bemerkte damals so treffend: „Dies ist wohl die Perspektive unseres Schutzengels“….


Erleuchtung

Das Schütze-Zeichen strebt von seiner ursprünglichen Qualität her in nicht-stoffliche, spirituelle Bereiche. Im Skorpion wurden die materiellen Grenzen erforscht und die irdischen Begrenzungen losgelassen. Skorpion führte uns in die Tiefen der inneren „Dunkelkammern“, damit wir dort, in uns, den verborgenen Goldschatz entdecken. Dieser Schatz besteht aus Licht, und erst unter dieser Voraussetzung kann sich das Schütze-Zeichen seiner Natur gemäss entfalten. Es geht dabei nicht in erster Linie um äussere Belange, auch wenn diese nicht abgespalten werden sollen. Es geht vielmehr um innere Erkenntnisse, innere Lichter, die aufleuchten wollen, nachdem wir den Weg in die Dunkelheit riskiert haben. Ohne Dunkelweg wird kein Licht gefunden. Das Durchschreiten der Dunkelheit ist gewissermassen der Preis, den wir bezahlen für unsere Erleuchtung. Bewusstsein lässt sich weder lesen noch einkaufen. Es sind die erlebten geistigen Wahrheiten, die uns letztlich die Augen öffnen. Schütze ist das Zeichen der Bewusstseinserweiterung. Immer wieder muss er bereit sein, seine persönlichen Überzeugungen zu hinterfragen (= Gegenzeichen Zwillinge!) und von egozentrischen Anhaftungen, die ihn beengen, wieder loszulassen. Er muss erkennen, dass seine Wahrheit nie die letzte ist, und lernen, innerlich stets weiterzugehen. Wenn er sich auf ein Ziel verbohrt, wird er den Engel auf dem Weg nicht sehen (so wie Bileam beim Ritt auf seiner Eselstute, Num.22, 21 ff.). Die Kunst heisst, beweglich sein und tiefgründig zugleich. Dann können Schütze-Menschen zu LichtträgerInnen werden und Anderen Führung im Labyrinth geben.

 

Schamanismus

Solche Führung kann direkt aus den geistigen Welten erfahren werden. Der ursprünglichste Weg dafür ist die geerdete Spiritualität aller Naturvölker, die heute wieder neu entdeckt wird. Das Schütze-Zeichen ist geradezu prädestiniert dazu, falls es seinen Platz auf der Erde nicht vorschnell verlässt bzw. immer wieder zurückkehrt. Die Trommel der SchamanInnen ist sozusagen das „Reittier“, welches sie durch eine Veränderung des Bewusstseinszustandes in die anderen Wirklichkeiten trägt. Auf alten Schamanentrommeln sind häufig Pferde und Reiter aufgemalt; ebenso die kosmischen Symbole der Naturastrologie und viele Krafttiere. Entscheidend für die Reise ist die Absicht der Reisenden; sie allein führt zum Ziel. Und im sogenannt realen Leben wirkt das gleiche Prinzip: Absicht und Ziel bestimmen, wohin unsere Reise führt! SchützInnen eignen sich gut für die „Reiseleitung“, auf verschiedenen Ebenen, wenn sie wissen, wohin sie wollen. Auch in mystische Lande. Schütze ist kein rationales Zeichen. Schütze verfügt über Glaubenskraft. Schütze glaubt an eine höhere Sinnhaftigkeit, jenseits unseres irdisch-begrenzten Lebens und den Dogmen der modernen Wissenschaftlichkeit. Aber leider werden bei uns alte magische Figuren nur noch für die Kinder inszeniert. Die bekannteste in der Schütze-Zeit ist der „Weihnachtsmann“, der mit Esel oder einem Rentiergespann seine Geschenke bringt.

 

Samichlaus und Schmutzli

Im Patriarchat stehen Dunkelheit und Licht definitiv in einer feindlichen Beziehung zueinander. Sie wollen sich bekämpfen und erkennen nicht, dass sie im grunde so eins sind wie das Yin-Yang-Symbol. Die umfassende Göttin der Ganzheit trug stets beide Aspekte von Schwarz und Weiss in sich, in fliessendem Gleichgewicht. In vermännlichter Gestalt werden Licht und Dunkel auch verkörpert in den Gestalten von Samichlaus und seinem Begleiter Ruprecht. Sinnigerweise bringen solche Figuren aus der Legendenwelt Gaben für die Kinder, denn Kinder sind es, die noch offen sind für den Zauber und die verborgenen einstigen Botschaften. Die meisten Erwachsenen betrachten solche „Märchen“ nur noch milde lächelnd als Unsinn.


Luzia

Eine weibliche Gestalt für die augenöffnende Energie des Schütze-Zeichens ist die Heilige Luzia. Ihr Name bedeutet „die Lichte, die Leuchtende“. Ihr Gedenktag ist am 13. Dezember, ganz gleich wie bei der elsässischen Odilie. Und so wie sie trägt sie eine Schale mit Augen, oft auch eine Lampe oder eine Fackel. Sie ist Schutzpatronin für Augenkranke und kann Blinde wieder sehen lassen (der Schütze-Planet Jupiter entspricht dem Augen- und Sehsinn!). In manchen Gegenden, z.B. im Tirol, bringt Luzia zur Weihnachtszeit den Kindern Gaben. Sie ist ursprünglich eine vorchristliche Lichtgöttin. In römischer Zeit war sie Juno Lucina, die Mutter des Lichtes. Sie schenkte Sehkraft und Erleuchtung. Ich wage sogar zu sagen, sie ist eine Gestalt der Venus, welche im Rom des ersten vorchristlichen Jahrhunderts auch Luzifer genannt wurde, die grosse Lichtbringerin, der Morgenstern.

 

Das Licht der Sterne in uns

Wenn wir in der Finsternis von Depressionen versinken, kann uns die Schützekraft helfen, die innere Lichtquelle zu finden. Es geht dabei nicht um hochgestochene Philosophien oder teuer erkaufte Exklusivlehren. Es geht nicht um eine dogmatische Wahrheit, die uns von irgendwem als alleinseligmachende verkauft werden will. Wir brauchen dafür weder einen Priester noch einen Guru. Die Zeit dieser Abhängigkeiten ist vorbei. Manchmal können uns äussere Lehren zwar Wegweiser sein. Aber letztlich finden wir das Schützelicht nur in uns selber. Ein schöner Spruch sagt, wir sollen uns bei unserer Nachtfahrt über das Meer nicht am Licht der vorüberfahrenden Schiffe um uns orientieren, sondern am Licht der Sterne über uns.

 

Mein Lichtweg

Ein Abbild des Sternenhimmels tragen wir alle in uns als unser persönliches Horoskop. Es ist unser innerer Kompass, an dem wir uns orientieren können auf dem Weg. Es wird zur Kerze, die uns den Weg durch den schwarzen Tunnel des Labyrinths leuchtet. Dieses innere Licht will gehütet sein. Nicht umsonst ist der Dezember der Monat der menschlichen Lichterbräuche. Sie wollen recht verstanden sein. Akzeptanz und Verstehen der dunklen Zeit gehen einher mit dem Licht des Erkennens. Beides gehört zusammen. Der Sternenkreis des Horoskopes zeigt uns auch, dass jede ihr eigenes Universum in sich trägt. Der Adventskranz mit seinen vier Kerzen will uns an diese Ganzheit in uns erinnern. Er symbolisiert dasselbe wie das Horoskop mit seinen vier kardinalen Eckpunkten und den vier Elementen. Auch das Medizinrad mit seinen vier Himmelsrichtungen verkündet dieselbe Botschaft. So gesehen ist die Adventszeit ein Weg der Erkenntnis zu meiner eigenen Ganzheit. Es ist eine Zeit der Bewusstseinserweiterung durch das innere Licht des Schützezeichens. Derweil die Nacht immer tiefer wird, steigt die Schütze-Fackel immer höher und die Sonne senkt sich in mein Herz. Mit diesem Bewusstsein wird an Weihnachten dann eine Neugeburt möglich und der Beginn eines neuen Zyklus. Mit der Vorfreude auf dieses Fest wünsche ich allen LeserInnen ihr eigenes Licht auf dem Weg durch die Adventszeit.


Planeten im Schütze-Monat:
22.11. – 21.12.08 Sonne in Schütze
27.11./06.15 Uhr – 29.11.08/18.49 Uhr Mond in Schütze
23.11. – 12.12.08 Merkur in Schütze
17.11. – 27.12.08 Mars in Schütze
bis 27.11.08 Pluto in Schütze
ganzer Monat Lilith in Schütze.


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