Ruf nach Abschaffung der Wehrpflicht wird wieder laut

Bild
Maria Roth-Bernasconi
Bild
Die Geschlechter sollen in allen Bereichen gleich gestellt sein.

Mehr über die SP-Frauen Schweiz bei: www.sp-frauen.ch.

Die Frauen der Sozialdemokratischen Partei wollen die Wehrpflicht für Männer abschaffen. Es geht ihnen namentlich um die Gleichstellung der Frauen. Auch der ehemalige ETH-Professor Karl Haltiner ist für die Abschaffung - er hält die Wehrpflicht für überholt.

 

Jessica Dacey

25:08:2008

 

"Was schon 17 europäische Länder fertig gebracht haben, soll auch in der Schweiz möglich sein", sagt die Genfer SP-Nationalrätin und Vizepräsidentin der SP-Frauen Maria Roth-Bernasconi.

Die SP-Frauen starten einen neuen Anlauf zur Abschaffung der Wehrpflicht. In einer Parlamentarischen Initiative werden sie im Herbst die Ersetzung der Wehrpflicht für Männer durch einen freiwilligen Militär- oder Zivildienst für Männer und Frauen fordern.

"Dieses Thema muss im Parlament diskutiert werden - die Gleichstellungsfrage betrifft alle Bereiche", sagt Roth-Bernasconi gegenüber swissinfo.

Gemäss der Initiative ist die Tatsache, dass die Wehrpflicht für Männer in der Verfassung verankert ist, ein Widerspruch in sich.

"Der obligatorische Militärdienst steht im Gegensatz zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Man kann die Menschen nicht zwingen, kostenlos für den Staat zu arbeiten", so Roth-Bernasconi.


In Europa ausgedient

Es ist nicht das erste Mal, dass die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert wird. Im Zusammenhang mit Debatten über die Zukunft der Schweizer Armee war immer wieder mal davon die Rede. Es wurden diesbezüglich auch schon verschiedene Motionen eingereicht.

Denis Froidevaux, Vizepräsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, ist gegenüber solchen Forderungen skeptisch eingestellt. Er ist überzeugt, dass die Abschaffung der Militärdienstpflicht zu einem Mangel an Freiwilligen führen würde.

Anderer Ansicht ist Karl Haltiner, ehemaliger Professor an der Militärakademie der ETH Zürich. "Die allgemeine Wehrpflicht hat in Europa ausgedient", sagt er gegenüber swissinfo.


Für Friedensmissionen ungeeignet

Die Massenarmeen, die auf das 19. Jahrhundert zurückgehen und heute noch in zwischenstaatlichen Konflikten eingesetzt werden, machen in Westeuropa keinen Sinn mehr, so Haltinger.

Der Grossteil der europäischen Länder habe grosse Truppen in Konfliktregionen stationiert, hauptsächlich für Friedensoperationen. "Kein europäisches Land schickt für solche Missionen Wehrdienstpflichtige", sagt Haltiner. "Deshalb wurde die Militärdienstpflicht in den meisten Ländern Europas aufgehoben."

"Ich glaube, die Schweiz durchlebt seit dem Ende des Kalten Krieges eine Identitätskrise. Praktisch über Nacht haben die klassischen Grundpfeiler der Schweizer Sicherheitspolitik wie Milizarmee, Wehrpflicht, Neutralität, Konkordanz und Föderalismus an Bedeutung verloren", so Haltiner.

Die Schweiz bestehe heute aus EU-Befürwortern, EU-Gegnern und Unentschlossenen. "Die Armee ist eine Projektionsfläche für diese Art von Krise zwischen der politisch Rechten und der Linken."

Quelle: Radio SRI/ swissinfo, Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser.


zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch