Erstes Kennenlernen und die Slowakei

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Vreni Boesch in Martin in der Mittelslowakei. Bilder: V. Boesch
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Impressionen von und mit FreundInnen.

"Ich bekam ein Zimmerchen im öffentlichen Arbeitsamt zugewiesen und räumte meine persönlichen Kostbarkeiten in diese knappen vier Wände.
Dann ging es los."
Vreni Boesch

"Heute geht es mir leider nicht mit unserem Treffen" sagt Eva Grundl am Telefon und ich meine: "Das ist aber schade. Den ganzen Dezember bin ich nämlich in der Slowakei, na gut dann sehen wir im Januar." Ob ich meine bisherigen Aufenthalte in der Slowakei journalistisch umsetzen könnte, fragt sie. Klar kann ich, kein Problem.

 

Vreni Boesch

27:11:2009

 

Slowakei, Osteuropa, war hinter dem eisernen Vorhang, die Hauptstadt Bratislava ist 70 km von Wien entfernt. Das sind die Eckpunkte. Die umliegenden Länder setzen sich so zusammen: Österreich, Tschechien, Polen, Ukraine, Ungarn.

 

Der Weg in die Slowakei

Und wie bin ich im Jahre 2003 dazu gekommen, dort in der Mittelslowakei eine Wohnung zu kaufen? Mit 60 wurde ich zum zweiten Mal arbeitslos. Im RAV sah ich einen Flyer, der auf einen Einsatz in Osteuropa hinwies, das machte mich "gwunderig".
Meine RAV Beraterin fand, ich soll mich da doch mal erkundigen. Ich setzte wieder alles auf eine Karte, bewarb mich bei www.soms.ch  (Social Management Services) und dem seco (Staatssekretariat für Wirtschaft).
Nach der Öffnung der Grenze zum Ostblock wurden Programme geschaffen, damit wir unsere Berufserfahrungen, unser Wissen dort einsetzen können. Und eben,  das Ziel der Programme ist es auch, dass Versicherte mit einer langen Berufserfahrung ihr Know-how im Gastland den entsprechenden Stellen weitergeben. Und ich hatte mich für die Slowakei entschieden.

 

Die ersten Schritte

Ich fuhr mit meinem vollbeladenen Auto im Januar 03 in den ehemaligen Ostblock nach Martin in der Mittelslowakei. Dort erwartete mich die Chefin einer Organisation für Kursleitende für Arbeitslose.(u.a. Standortbestimmungskurse). Ich bekam ein Zimmerchen im öffentlichen Arbeitsamt zugewiesen und räumte meine persönlichen Kostbarkeiten in diese knappen vier Wände. Dann ging es los.

 

Mit einer jungen Slowakin tüffelten und erarbeiteten wir einen Deutschkurs, wir projektierten das Kursprogramm ‚Deutsch für den Alltag’. Unsere Umgangssprache war Englisch. Nach kurzer Zeit konnte ich ‚meinen ersten Kurs’ durchführen. Da die Abende und Wochenenden in diesem Arbeitsamt, wo ich wohnte kein Ende nehmen wollten, musste was geschehen. Ich suchte nach einem Chor. Musste aber nach erster Rücksprache mit der Leiterin zuerst Einzelgesangsstunden belegen. Nur so könnten sie mich aufnehmen meinte sie.

 

Die FreundInnen

Und dann durfte ich mitsingen. So lernte ich natürlich viele Leute kennen. Wurde da und dorthin mitgenommen, war die einzige Schweizerin weit und breit und lernte das Land und die Leute lieben.
Im zweiten Halbjahr durfte ich nochmals einen Kurs durchführen. Zum Kursabschluss bei der Zertifikatsübergabe konnte ich den Schweizer Botschafter gewinnen und mein Kursprogramm erhielt einen Preis der EU. Und so erwachte bei mir der Wunsch in diesem tollen Land eine eigene Wohnung zu kaufen.

 

Wohnungskauf

Ich schaltete ein Inserat, konnte die verschiedensten Wohnungen besichtigen, nur, in einem Plattenbau wollte ich nicht leben. Dann habe ich mich für eine Wohnung mit dicken Wänden in einem 3 stöckigen Block, für die mittlere Wohnung entschieden. Ich kaufte sie zusammen mit den slowakischen Möbeln aus den 70 er Jahren. Meine Freunde sind immer noch erstaunt, dass ich die Möbel behalten will, dass ich alles im alten Stil belasse, sie können es nicht verstehen, wo man sich doch allgemein nach dem neusten "westlichen Stil", einrichtet.

Die ganzen administrativen Angelegenheiten bei der Überschreibung auf dem Grundbuchamt, wie schweizerischer Strafregisterauszug, Heimatort ect. (alles auf Slowakisch übersetzt) machte ich alleine und brauchte dazu keine Immobilienagentur.
Aufgrund meines Einsatzes in Osteuropa bekam ich mit 62 Jahren in der Schweiz noch eine Festanstellung als Kursleiterin für Arbeitslose. Und nun, da ich pensioniert bin, fahre ich hin und wieder in die Slowakei, wo mich die Freunde, der Chor und ehemalige SchülerInnen erwarten und zudem muss ich auch wieder die Nebenkosten der Wohnung bezahlen.

 

Das schönste Kompliment

Dort ist es mir rundum wohl, nur mit der Sprache happert es noch ein wenig. Mit den Freunden spreche ich Englisch, mit den SchülerInnen Deutsch natürlich und mit den Nachbarn ein radebrechendes Slowakisch. Das wird jetzt im Dezember geändert.

Das grösste Kompliment das ich im vergangenen Frühling von einer Freundin erhielt, war: "Vre, wir finden, dass Du nun Bürgerin der Slowakei werden musst. Niemand interessiert sich für unser Land und unsere Kultur so sehr wie Du." 


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