Tief verwurzelte Meinungen in der Waffendebatte

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Auch in der Schweiz wird das Thema Waffen mit vielen Emotionen behandelt.
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In den USA wird die Debatte und Initiative besonders aufmerksam verfolgt. Bild: Wiki.

Ausführliche Informationen zum Thema, über das ostschweizerinnen.ch weiter berichten, finden Sie hier.

Die Abstimmung über ein Aufbewahrungs-Verbot für Armeewaffen zu Hause lässt die Emotionen internationaler swissinfo-Leser hochgehen. Das zeigen ihre Kommentare. Die Initiative "Für den Schutz vor Waffengewalt" kommt am 13. Februar vors Volk.

 

Clare O’Dea, swissinfo.ch

31:01:2011

 

Der Urnengang stösst vor allem bei Leserinnen und Lesern in den USA auf reges Interesse. Aber auch in Belgien, wo ein umstrittenes Verbot von privaten Waffen in Kraft trat, ist das Thema offenbar ein wunder Punkt.
 
Die Anschauungen der "Feedbacker" bei swissinfo.ch sind zwar nicht repräsentativ. Die Argumente widerspiegeln aber, wie emotional viele Leute reagieren, wenn es um Waffen geht.
 
Die Kommentare auf der englischsprachigen Seite richten sich mit überwältigender Mehrheit gegen die Einführung eines Aufbewahrungsverbots für Armeewaffen zu Hause. Als Hauptargumente werden Tradition sowie die persönliche und nationale Sicherheit genannt.
 
Ein Schreiber aus den USA sagt es so: "Wieso sind die Schweizer dermassen erpicht darauf, ihre Traditionen zu zerstören? Wenn die Entwaffnung in diesem Tempo weitergeht, könnte die Schweizer Bevölkerung eines Morgens feststellen, dass eine fremde Armee die Kontrolle über ihr Land übernommen hat."


 

Abschreckung

Viele Feedback-Schreiber lassen die Verteidigung einer möglichen Militärinvasion beiseite und kommen mit dem Argument, dass das Vorhandensein dieser Waffen eine abschreckende Wirkung auf Verbrechen im allgemeinen habe. Würde man sie wegnehmen, wäre das "ein Freipass" für Kriminelle.
 
Ein belgischer Eintrag auf der französischsprachigen Seite zieht Parallelen zwischen seinem Land und der Schweiz.
 
"In meinem Land heisst es, bewaffnete Bürger seien eine Gefahr für die Gesellschaft. Deshalb bewahren uns die guten Linkspolitiker (die in Belgien die Mehrheit bilden) vor dieser Gefahr, indem sie den Waffenbesitz verbieten….Aber ihr könnt sicher sein, dass Räuber für 300 Euro problemlos eine AK-47 (russische Kalaschnikow) kaufen und euch wegfegen können."
 
Wie aber steht es mit dem Feind im Haus? Laut Experten spielen Waffen bei Selbsttötungen und Familienkonflikten eine zentrale Rolle. Offizielle Statistiken gehen von 300 Tötungen mit Militärwaffen pro Jahr aus.
 
"Es besteht kein Zweifel, dass die Zahl der Menschen, die durch eine Armeewaffe getötet werden, zurückgeht, wenn die Gewehre aus den Haushalten entfernt würden. Das ist das einzige, was zählt. Es geht hier also um Menschenleben gegen die Aufrechterhaltung einer Tradition. In meinen Augen ist das keine Frage", heisst es in einem Kommentar auf der englischsprachigen Seite.


 

Kampf der Geschlechter

Andere Leser bestreiten aber vehement, dass die Zahl der Suizide oder Morde innerhalb der Familien verringert würde, wäre der Zugang zu den Waffen zu Hause eingeschränkt.
 
"Nur weil eine kleine Minderheit ihre Waffen missbraucht, werden alle Waffenbesitzer in einen Topf geworfen", heisst es in einem Kommentar auf der deutschsprachigen Seite.
 
"Ganz besonders stört mich, dass diese populistische Kampagne Misstrauen zwischen den Geschlechtern schürt. Das ist ein Rückschritt. Ist denn jeder Ehemann mit einem Gewehr im Safe ein potentieller Vergewaltiger oder Mörder? Das kann doch nicht sein?"
 
Geht es da allenfalls auch um Stolz? Dazu steht in einem Beitrag aus Deutschland: "Männer fühlen sich persönlich angegriffen, ihre Ehre steht auf dem Spiel."
 
Im Januar hatte eine Umfrage des Instituts gfs.bern im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG ergeben, dass die Waffenschutz-Initiative von 52% der Befragten unterstützt und von 39% abgelehnt wird.
 
Die Differenz zwischen der Haltung von Frauen und Männern gegenüber der Initiative ist allerdings frappierend. Mit 24% ist es der grösste Unterschied zwischen den Geschlechtern, der von gfs.bern während zehn Jahren Abstimmungs-Forschung je gemessen wurde.
 
Ausserhalb Europas und der USA stossen die Pros und Kontras zu Waffenbesitz übrigens auf geringes Interesse. Die Leserinnen und Leser der arabischen, chinesischen und japanischen Seiten von swissinfo.ch fallen höchstens durch ihr Schweigen zum Thema auf.


 

Das Problem ist der Mensch

Beim Thema Suizid ist für die meisten Leser nicht der Zugang zur Waffe das Problem. Ein Schreiber aus den USA meint: "Der Versuch, Selbsttötungen mit einem Waffenverbot zu stoppen, ist wie wenn man Übergewicht mit einem Eiscrème-Verbot eindämmen wollte."
 
Natürlich setzen beide Seiten für ihren Zweck Vergleiche ein. Ein Beitrag aus Irland sagt es so: "Das Gewehr zu Hause aufbewahren ist wie mit dem Auto 200 km/h zu fahren. Wie andere mag auch ich das Abenteuer, aber ich akzeptiere, dass die Gesellschaft reifer werden will."
 
Die Entfernung der Waffen werde die Suizidrate nicht reduzieren, ist ein Mitglied der offiziellen swissinfo-Facebook-Gemeinde überzeugt:"Wer sein Leben beenden will, wählt dann einen anderen Weg."
 
Statt den Waffenbesitz pauschal einzuschränken, appellieren Initiativgegner für eine strengere Kontrolle und Behandlung von psychisch kranken Menschen.
 
Im Interesse der Ausgewogenheit teilen sich das Schlusswort zur Debatte zwei engagierte Plädoyers – natürlich mit gegensätzlicher Haltung.
 
Ein Kommentar auf der deutschsprachigen Seite meint: "Wenn pro Jahr auch nur ein einziges Leben dank der Initiative gerettet wird, ist sie es Wert."
 
Und aus den USA tönt es so: "Nur nicht in die Falle geraten und euer Waffenrecht aufgeben. Diese Freiheiten werden nicht zurückkehren. Und ihr werdet für immer einen Teil dessen verloren haben, was die Schweizer Gesellschaft so frei macht wie die Natur eures Landes einzigartig ist."

(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)


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